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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776.

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wenn du erst in den Hof, und in die Ställe
kommst, dann must du sehen.

Jm Hof war alles still und ruhig, als sie
hinein ritten, und kein Mensch ließ sich sehen.
Kronhelm und Siegwart stiegen ab; endlich
kam Sibylla, Kronhelms jüngste Schwester aus
dem Schloß heraus geflogen, drückte ihren Bru-
der fest an sich, und sagte: Bist du's Bruder?
Hab dich in der That kaum mehr gekannt! Xa-
vern sah sie frey an, und verneigte sich vor ihm,
gab ihrem Bruder die Hand, und führte die bey-
den in das Schloß hinauf. -- Aber du must
gleich wieder fort, Bruder, sagte sie, und der
Herr da auch. Jhr könnt nur eine Suppe es-
sen. -- Wohin denn? fragte Kronhelm ganz
betroffen. -- Jn den Steiner Forst zum Papa.
Der Jäger hat gestern ein Schwein da gespürt,
und diesen Morgen ritt er gleich hinaus. Er
hats aber hinterlassen, daß Jhr ja gleich nach-
kommen und die Lust mit ansehen sollt. Da sind
zwey Flinten und zwey Jäqertaschen. Siebst du,
die mit Silber ist für dich, und die andre für
den Herrn da -- ich weiß nicht, wie er heißt? --
Siegwart, sagte Kronhelm -- Nun ja für den
Herrn Siegwart. Jezt nur schnell die Suppe



wenn du erſt in den Hof, und in die Staͤlle
kommſt, dann muſt du ſehen.

Jm Hof war alles ſtill und ruhig, als ſie
hinein ritten, und kein Menſch ließ ſich ſehen.
Kronhelm und Siegwart ſtiegen ab; endlich
kam Sibylla, Kronhelms juͤngſte Schweſter aus
dem Schloß heraus geflogen, druͤckte ihren Bru-
der feſt an ſich, und ſagte: Biſt du’s Bruder?
Hab dich in der That kaum mehr gekannt! Xa-
vern ſah ſie frey an, und verneigte ſich vor ihm,
gab ihrem Bruder die Hand, und fuͤhrte die bey-
den in das Schloß hinauf. — Aber du muſt
gleich wieder fort, Bruder, ſagte ſie, und der
Herr da auch. Jhr koͤnnt nur eine Suppe eſ-
ſen. — Wohin denn? fragte Kronhelm ganz
betroffen. — Jn den Steiner Forſt zum Papa.
Der Jaͤger hat geſtern ein Schwein da geſpuͤrt,
und dieſen Morgen ritt er gleich hinaus. Er
hats aber hinterlaſſen, daß Jhr ja gleich nach-
kommen und die Luſt mit anſehen ſollt. Da ſind
zwey Flinten und zwey Jaͤqertaſchen. Siebſt du,
die mit Silber iſt fuͤr dich, und die andre fuͤr
den Herrn da — ich weiß nicht, wie er heißt? —
Siegwart, ſagte Kronhelm — Nun ja fuͤr den
Herrn Siegwart. Jezt nur ſchnell die Suppe

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[244/0248] wenn du erſt in den Hof, und in die Staͤlle kommſt, dann muſt du ſehen. Jm Hof war alles ſtill und ruhig, als ſie hinein ritten, und kein Menſch ließ ſich ſehen. Kronhelm und Siegwart ſtiegen ab; endlich kam Sibylla, Kronhelms juͤngſte Schweſter aus dem Schloß heraus geflogen, druͤckte ihren Bru- der feſt an ſich, und ſagte: Biſt du’s Bruder? Hab dich in der That kaum mehr gekannt! Xa- vern ſah ſie frey an, und verneigte ſich vor ihm, gab ihrem Bruder die Hand, und fuͤhrte die bey- den in das Schloß hinauf. — Aber du muſt gleich wieder fort, Bruder, ſagte ſie, und der Herr da auch. Jhr koͤnnt nur eine Suppe eſ- ſen. — Wohin denn? fragte Kronhelm ganz betroffen. — Jn den Steiner Forſt zum Papa. Der Jaͤger hat geſtern ein Schwein da geſpuͤrt, und dieſen Morgen ritt er gleich hinaus. Er hats aber hinterlaſſen, daß Jhr ja gleich nach- kommen und die Luſt mit anſehen ſollt. Da ſind zwey Flinten und zwey Jaͤqertaſchen. Siebſt du, die mit Silber iſt fuͤr dich, und die andre fuͤr den Herrn da — ich weiß nicht, wie er heißt? — Siegwart, ſagte Kronhelm — Nun ja fuͤr den Herrn Siegwart. Jezt nur ſchnell die Suppe

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Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776/248>, abgerufen am 24.11.2024.