Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776.
Jäger an, und wenn ein dicker Wald kam, be- daurte er immer, daß der gnädge Herr diesen Forst nicht habe. Der Donner! rief er einmal aus, als ein Volk Rebhüner aufflog, was ich für ein Esel bin! Man sollt mich gleich erschiessen, daß ich mein Hühnergarn nicht mit genommen habe! Hätte da mein Tyras sie so schön stellen können! Was würde sich mein Herr g'freut ha- ben, wenn ich ihm was fremdes mitbracht hätt! Aber so gehts; man vergist immer 's best! -- Sie ritten nun durch einen Eichenwald, und plötz- lich geschah hinter ihnen ein Schuß; als sich Siegwart und Kronhelm umsahn, hatte Jakerl losgedruckt, und rannte nun mit seinem Pferd und dem Windspiel ins Gebüsch hinein. Die beyden sahn einander an, und wusten nicht, was sie sagen sollten? Nachdem sie eine Weile auf den Reitknecht gewartet hatten, so hörten sie im Gebüsch drinnen ein grosses Geschrey, und ritten drauf zu. Jakob war vom Pferd abgestiegen, hatte sein Weidmesser ausgezogen, und wollte den Hirsch, den er geschossen hatte, aufbrechen. Der Jäger eines andern Edelmanns, dem der Forst gehörte, war auf den Schuß hinzugekommen, und wollte nun dem Reitknecht das Gewehr abneh- Jaͤger an, und wenn ein dicker Wald kam, be- daurte er immer, daß der gnaͤdge Herr dieſen Forſt nicht habe. Der Donner! rief er einmal aus, als ein Volk Rebhuͤner aufflog, was ich fuͤr ein Eſel bin! Man ſollt mich gleich erſchieſſen, daß ich mein Huͤhnergarn nicht mit genommen habe! Haͤtte da mein Tyras ſie ſo ſchoͤn ſtellen koͤnnen! Was wuͤrde ſich mein Herr g’freut ha- ben, wenn ich ihm was fremdes mitbracht haͤtt! Aber ſo gehts; man vergiſt immer ’s beſt! — Sie ritten nun durch einen Eichenwald, und ploͤtz- lich geſchah hinter ihnen ein Schuß; als ſich Siegwart und Kronhelm umſahn, hatte Jakerl losgedruckt, und rannte nun mit ſeinem Pferd und dem Windſpiel ins Gebuͤſch hinein. Die beyden ſahn einander an, und wuſten nicht, was ſie ſagen ſollten? Nachdem ſie eine Weile auf den Reitknecht gewartet hatten, ſo hoͤrten ſie im Gebuͤſch drinnen ein groſſes Geſchrey, und ritten drauf zu. Jakob war vom Pferd abgeſtiegen, hatte ſein Weidmeſſer ausgezogen, und wollte den Hirſch, den er geſchoſſen hatte, aufbrechen. Der Jaͤger eines andern Edelmanns, dem der Forſt gehoͤrte, war auf den Schuß hinzugekommen, und wollte nun dem Reitknecht das Gewehr abneh- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0241" n="237"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> Jaͤger an, und wenn ein dicker Wald kam, be-<lb/> daurte er immer, daß der gnaͤdge Herr dieſen<lb/> Forſt nicht habe. Der Donner! rief er einmal<lb/> aus, als ein Volk Rebhuͤner aufflog, was ich fuͤr<lb/> ein Eſel bin! Man ſollt mich gleich erſchieſſen,<lb/> daß ich mein Huͤhnergarn nicht mit genommen<lb/> habe! Haͤtte da mein <hi rendition="#fr">Tyras</hi> ſie ſo ſchoͤn ſtellen<lb/> koͤnnen! Was wuͤrde ſich mein Herr g’freut ha-<lb/> ben, wenn ich ihm was fremdes mitbracht haͤtt!<lb/> Aber ſo gehts; man vergiſt immer ’s beſt! —<lb/> Sie ritten nun durch einen Eichenwald, und ploͤtz-<lb/> lich geſchah hinter ihnen ein Schuß; als ſich<lb/><hi rendition="#fr">Siegwart</hi> und <hi rendition="#fr">Kronhelm</hi> umſahn, hatte <hi rendition="#fr">Jakerl</hi><lb/> losgedruckt, und rannte nun mit ſeinem Pferd<lb/> und dem Windſpiel ins Gebuͤſch hinein. Die<lb/> beyden ſahn einander an, und wuſten nicht, was<lb/> ſie ſagen ſollten? Nachdem ſie eine Weile auf<lb/> den Reitknecht gewartet hatten, ſo hoͤrten ſie im<lb/> Gebuͤſch drinnen ein groſſes Geſchrey, und ritten<lb/> drauf zu. <hi rendition="#fr">Jakob</hi> war vom Pferd abgeſtiegen,<lb/> hatte ſein Weidmeſſer ausgezogen, und wollte den<lb/> Hirſch, den er geſchoſſen hatte, aufbrechen. Der<lb/> Jaͤger eines andern Edelmanns, dem der Forſt<lb/> gehoͤrte, war auf den Schuß hinzugekommen, und<lb/> wollte nun dem Reitknecht das Gewehr abneh-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [237/0241]
Jaͤger an, und wenn ein dicker Wald kam, be-
daurte er immer, daß der gnaͤdge Herr dieſen
Forſt nicht habe. Der Donner! rief er einmal
aus, als ein Volk Rebhuͤner aufflog, was ich fuͤr
ein Eſel bin! Man ſollt mich gleich erſchieſſen,
daß ich mein Huͤhnergarn nicht mit genommen
habe! Haͤtte da mein Tyras ſie ſo ſchoͤn ſtellen
koͤnnen! Was wuͤrde ſich mein Herr g’freut ha-
ben, wenn ich ihm was fremdes mitbracht haͤtt!
Aber ſo gehts; man vergiſt immer ’s beſt! —
Sie ritten nun durch einen Eichenwald, und ploͤtz-
lich geſchah hinter ihnen ein Schuß; als ſich
Siegwart und Kronhelm umſahn, hatte Jakerl
losgedruckt, und rannte nun mit ſeinem Pferd
und dem Windſpiel ins Gebuͤſch hinein. Die
beyden ſahn einander an, und wuſten nicht, was
ſie ſagen ſollten? Nachdem ſie eine Weile auf
den Reitknecht gewartet hatten, ſo hoͤrten ſie im
Gebuͤſch drinnen ein groſſes Geſchrey, und ritten
drauf zu. Jakob war vom Pferd abgeſtiegen,
hatte ſein Weidmeſſer ausgezogen, und wollte den
Hirſch, den er geſchoſſen hatte, aufbrechen. Der
Jaͤger eines andern Edelmanns, dem der Forſt
gehoͤrte, war auf den Schuß hinzugekommen, und
wollte nun dem Reitknecht das Gewehr abneh-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
| URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776 |
| URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776/241 |
| Zitationshilfe: | Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776/241>, abgerufen am 24.11.2024. |
