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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776.

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mal nachspringen, da sie schon weit weg waren,
und jedem noch die Hand küssen.

Das ist eine traurige Bemerkung, sagte Phi-
lipp,
die ich schon recht oft gemacht habe, daß der
Anblick des Geldes über das Baurenvolk alles ver-
mag! Sie wissen nicht mehr, wo sie sind? wenn
sie ein paar Gulden sehen, und halten keine andre
Wohlthat für so groß. Entweder setzen sie all ihr
Vertrauen drauf, oder die Landsherren lassen ihnen
so wenig, daß sie's für die gröste Seltenheit, und
eben darum für das gröste Gut halten.

Siegwart. Jch fürchte fast das letztere. --
Aber, Kronhelm, da seh ich erst, daß du im Ge-
sicht ganz blutig bist. Es ist dir doch kein Unglück
begegnet?

Kronhelm. Nein, ich fiel nur den Berg
herab, als ich dem Knaben zu Hülf kommen woll-
te. Es hat gar nichts zu bedeuten.

Siegwart. So? wolltest du auch in die
Donau springen? Jch glaub, du kannst nicht ein-
mal schwimmen.

Kronhelm. Doch! Jch habs im Lech ge-
lernt; der fließt ja an unserm Schloß vorbey. --
Du bist noch ganz naß, Siegwart. Wenn dirs
nur nicht schadet, daß du dich verkältet hast?



mal nachſpringen, da ſie ſchon weit weg waren,
und jedem noch die Hand kuͤſſen.

Das iſt eine traurige Bemerkung, ſagte Phi-
lipp,
die ich ſchon recht oft gemacht habe, daß der
Anblick des Geldes uͤber das Baurenvolk alles ver-
mag! Sie wiſſen nicht mehr, wo ſie ſind? wenn
ſie ein paar Gulden ſehen, und halten keine andre
Wohlthat fuͤr ſo groß. Entweder ſetzen ſie all ihr
Vertrauen drauf, oder die Landsherren laſſen ihnen
ſo wenig, daß ſie’s fuͤr die groͤſte Seltenheit, und
eben darum fuͤr das groͤſte Gut halten.

Siegwart. Jch fuͤrchte faſt das letztere. —
Aber, Kronhelm, da ſeh ich erſt, daß du im Ge-
ſicht ganz blutig biſt. Es iſt dir doch kein Ungluͤck
begegnet?

Kronhelm. Nein, ich fiel nur den Berg
herab, als ich dem Knaben zu Huͤlf kommen woll-
te. Es hat gar nichts zu bedeuten.

Siegwart. So? wollteſt du auch in die
Donau ſpringen? Jch glaub, du kannſt nicht ein-
mal ſchwimmen.

Kronhelm. Doch! Jch habs im Lech ge-
lernt; der fließt ja an unſerm Schloß vorbey. —
Du biſt noch ganz naß, Siegwart. Wenn dirs
nur nicht ſchadet, daß du dich verkaͤltet haſt?

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[231/0235] mal nachſpringen, da ſie ſchon weit weg waren, und jedem noch die Hand kuͤſſen. Das iſt eine traurige Bemerkung, ſagte Phi- lipp, die ich ſchon recht oft gemacht habe, daß der Anblick des Geldes uͤber das Baurenvolk alles ver- mag! Sie wiſſen nicht mehr, wo ſie ſind? wenn ſie ein paar Gulden ſehen, und halten keine andre Wohlthat fuͤr ſo groß. Entweder ſetzen ſie all ihr Vertrauen drauf, oder die Landsherren laſſen ihnen ſo wenig, daß ſie’s fuͤr die groͤſte Seltenheit, und eben darum fuͤr das groͤſte Gut halten. Siegwart. Jch fuͤrchte faſt das letztere. — Aber, Kronhelm, da ſeh ich erſt, daß du im Ge- ſicht ganz blutig biſt. Es iſt dir doch kein Ungluͤck begegnet? Kronhelm. Nein, ich fiel nur den Berg herab, als ich dem Knaben zu Huͤlf kommen woll- te. Es hat gar nichts zu bedeuten. Siegwart. So? wollteſt du auch in die Donau ſpringen? Jch glaub, du kannſt nicht ein- mal ſchwimmen. Kronhelm. Doch! Jch habs im Lech ge- lernt; der fließt ja an unſerm Schloß vorbey. — Du biſt noch ganz naß, Siegwart. Wenn dirs nur nicht ſchadet, daß du dich verkaͤltet haſt?

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Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776/235>, abgerufen am 24.11.2024.