Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776.so Ernst zum Danken; aber ich kann nicht. -- Du lieber Herzensknab! wenn ich dich verlohren hätte! -- Aber das verfluchte Baden, daß du mir das künftig lässest! -- Sieh, da seh ich erst, daß du ganz nackt bist. -- Die Herrn müssen dirs nicht übel nehmen; ich habs nicht gewußt. -- Lieber Gott, wenn du da ertrunken wärest! O junger Herr, er hat mirs Leben erhalten; weiß Gott, er hats! Der Jung geht mir über alles -- Nicht wahr, Herzens Joseph? Aber daß du mir nur nicht wieder badest. -- Sieht er, junger Herr, wenn ich künftig einmal Freud an ihm erlebe, so verdank ichs Jhm; und täglich will ich vier Rosenkränze für ihn beten; aber sonst hab ich nichts; ich bin ein armes Weib. -- Nun fieng sie an zu wei- nen. -- Als Philipp mit seinen jungen Freunden end- ſo Ernſt zum Danken; aber ich kann nicht. — Du lieber Herzensknab! wenn ich dich verlohren haͤtte! — Aber das verfluchte Baden, daß du mir das kuͤnftig laͤſſeſt! — Sieh, da ſeh ich erſt, daß du ganz nackt biſt. — Die Herrn muͤſſen dirs nicht uͤbel nehmen; ich habs nicht gewußt. — Lieber Gott, wenn du da ertrunken waͤreſt! O junger Herr, er hat mirs Leben erhalten; weiß Gott, er hats! Der Jung geht mir uͤber alles — Nicht wahr, Herzens Joſeph? Aber daß du mir nur nicht wieder badeſt. — Sieht er, junger Herr, wenn ich kuͤnftig einmal Freud an ihm erlebe, ſo verdank ichs Jhm; und taͤglich will ich vier Roſenkraͤnze fuͤr ihn beten; aber ſonſt hab ich nichts; ich bin ein armes Weib. — Nun fieng ſie an zu wei- nen. — Als Philipp mit ſeinen jungen Freunden end- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0234" n="230"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> ſo Ernſt zum Danken; aber ich kann nicht. —<lb/> Du lieber Herzensknab! wenn ich dich verlohren<lb/> haͤtte! — Aber das verfluchte Baden, daß du mir<lb/> das kuͤnftig laͤſſeſt! — Sieh, da ſeh ich erſt, daß<lb/> du ganz nackt biſt. — Die Herrn muͤſſen dirs nicht<lb/> uͤbel nehmen; ich habs nicht gewußt. — Lieber<lb/> Gott, wenn du da ertrunken waͤreſt! O junger<lb/> Herr, er hat mirs Leben erhalten; weiß Gott, er<lb/> hats! Der Jung geht mir uͤber alles — Nicht<lb/> wahr, Herzens Joſeph? Aber daß du mir nur nicht<lb/> wieder badeſt. — Sieht er, junger Herr, wenn<lb/> ich kuͤnftig einmal Freud an ihm erlebe, ſo verdank<lb/> ichs Jhm; und taͤglich will ich vier Roſenkraͤnze<lb/> fuͤr ihn beten; aber ſonſt hab ich nichts; ich bin<lb/> ein armes Weib. — Nun fieng ſie an zu wei-<lb/> nen. —</p><lb/> <p>Als <hi rendition="#fr">Philipp</hi> mit ſeinen jungen Freunden end-<lb/> lich weggieng, kuͤßte ſie <hi rendition="#fr">Siegwarten</hi> noch die<lb/> Hand; dieſer druͤckte ihr, zum Andenken, wie er<lb/> ſagte, einen Gulden in die Hand; <hi rendition="#fr">Philipp</hi> und<lb/><hi rendition="#fr">Kronhelm</hi> thatens auch. Nun war ſie gar auſſer<lb/> ſich, und wollte vor ihnen auf die Knie niederfal-<lb/> len; noch hundertmal rief ſie ihnen nach: Tauſend<lb/> Gotteslohn! und ihr Knabe mußte ihnen noch ein-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [230/0234]
ſo Ernſt zum Danken; aber ich kann nicht. —
Du lieber Herzensknab! wenn ich dich verlohren
haͤtte! — Aber das verfluchte Baden, daß du mir
das kuͤnftig laͤſſeſt! — Sieh, da ſeh ich erſt, daß
du ganz nackt biſt. — Die Herrn muͤſſen dirs nicht
uͤbel nehmen; ich habs nicht gewußt. — Lieber
Gott, wenn du da ertrunken waͤreſt! O junger
Herr, er hat mirs Leben erhalten; weiß Gott, er
hats! Der Jung geht mir uͤber alles — Nicht
wahr, Herzens Joſeph? Aber daß du mir nur nicht
wieder badeſt. — Sieht er, junger Herr, wenn
ich kuͤnftig einmal Freud an ihm erlebe, ſo verdank
ichs Jhm; und taͤglich will ich vier Roſenkraͤnze
fuͤr ihn beten; aber ſonſt hab ich nichts; ich bin
ein armes Weib. — Nun fieng ſie an zu wei-
nen. —
Als Philipp mit ſeinen jungen Freunden end-
lich weggieng, kuͤßte ſie Siegwarten noch die
Hand; dieſer druͤckte ihr, zum Andenken, wie er
ſagte, einen Gulden in die Hand; Philipp und
Kronhelm thatens auch. Nun war ſie gar auſſer
ſich, und wollte vor ihnen auf die Knie niederfal-
len; noch hundertmal rief ſie ihnen nach: Tauſend
Gotteslohn! und ihr Knabe mußte ihnen noch ein-
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