Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776.zu, wenn er vom Krieg erzält, und von seinem König. Um den Krieg muß es eine schröckliche Sache seyn, weit fürchterlicher, als wirs uns vor- stellten, da wir als Kinder mit einander Krieg spielten. Er kann von Wunder nicht genug er- zälen, was die armen Bauren ausstehn, wo der Krieg ist; und wie's auf dem Wahlplatz und in den Lazarethen aussieht! Die Thränen siehen ihm oft selbst dabey in den Augen. Wenn ich König oder Kayser wäre, so würd ich viel auf den Frieden halten. Vom König in Preussen erzält er uns viel Gutes; mehr, als man hier zu Land sagen darf. Am liebsten hör ich ihm zu, wenn er uns von seiner Braut erzält, die weit von hier weg seyn soll. Er muß sie recht lieb haben, denn er ist immer so bewegt, wenn er von ihr spricht. Sie soll aussehn, wie ich; aber ich glaub, er sagt nur so; denn er weiß, daß ichs gerne höre. Von Büchern ist er ein grosser Lieb- haber. Als er neulich hörte, daß ich gern was schönes lese, brachte er mir gleich darauf drey Bücher mit. Eins heißt: Gellerts Fabeln, und und es ließt sich gut darinn, weil alles so leicht und faßlich ist, und weils der Mann, ders ge- schrieben hat, recht gut mit einem meynt. Das zu, wenn er vom Krieg erzaͤlt, und von ſeinem Koͤnig. Um den Krieg muß es eine ſchroͤckliche Sache ſeyn, weit fuͤrchterlicher, als wirs uns vor- ſtellten, da wir als Kinder mit einander Krieg ſpielten. Er kann von Wunder nicht genug er- zaͤlen, was die armen Bauren ausſtehn, wo der Krieg iſt; und wie’s auf dem Wahlplatz und in den Lazarethen ausſieht! Die Thraͤnen ſiehen ihm oft ſelbſt dabey in den Augen. Wenn ich Koͤnig oder Kayſer waͤre, ſo wuͤrd ich viel auf den Frieden halten. Vom Koͤnig in Preuſſen erzaͤlt er uns viel Gutes; mehr, als man hier zu Land ſagen darf. Am liebſten hoͤr ich ihm zu, wenn er uns von ſeiner Braut erzaͤlt, die weit von hier weg ſeyn ſoll. Er muß ſie recht lieb haben, denn er iſt immer ſo bewegt, wenn er von ihr ſpricht. Sie ſoll ausſehn, wie ich; aber ich glaub, er ſagt nur ſo; denn er weiß, daß ichs gerne hoͤre. Von Buͤchern iſt er ein groſſer Lieb- haber. Als er neulich hoͤrte, daß ich gern was ſchoͤnes leſe, brachte er mir gleich darauf drey Buͤcher mit. Eins heißt: Gellerts Fabeln, und und es ließt ſich gut darinn, weil alles ſo leicht und faßlich iſt, und weils der Mann, ders ge- ſchrieben hat, recht gut mit einem meynt. Das <TEI> <text> <body> <div n="1"> <floatingText> <body> <div type="letter"> <p><pb facs="#f0218" n="214"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> zu, wenn er vom Krieg erzaͤlt, und von ſeinem<lb/> Koͤnig. Um den Krieg muß es eine ſchroͤckliche<lb/> Sache ſeyn, weit fuͤrchterlicher, als wirs uns vor-<lb/> ſtellten, da wir als Kinder mit einander Krieg<lb/> ſpielten. Er kann von Wunder nicht genug er-<lb/> zaͤlen, was die armen Bauren ausſtehn, wo der<lb/> Krieg iſt; und wie’s auf dem Wahlplatz und in<lb/> den Lazarethen ausſieht! Die Thraͤnen ſiehen<lb/> ihm oft ſelbſt dabey in den Augen. Wenn ich<lb/> Koͤnig oder Kayſer waͤre, ſo wuͤrd ich viel auf<lb/> den Frieden halten. Vom Koͤnig in Preuſſen<lb/> erzaͤlt er uns viel Gutes; mehr, als man hier zu<lb/> Land ſagen darf. Am liebſten hoͤr ich ihm zu,<lb/> wenn er uns von ſeiner Braut erzaͤlt, die weit<lb/> von hier weg ſeyn ſoll. Er muß ſie recht lieb<lb/> haben, denn er iſt immer ſo bewegt, wenn er<lb/> von ihr ſpricht. Sie ſoll ausſehn, wie ich; aber<lb/> ich glaub, er ſagt nur ſo; denn er weiß, daß ichs<lb/> gerne hoͤre. Von Buͤchern iſt er ein groſſer Lieb-<lb/> haber. Als er neulich hoͤrte, daß ich gern was<lb/> ſchoͤnes leſe, brachte er mir gleich darauf drey<lb/> Buͤcher mit. Eins heißt: Gellerts Fabeln, und<lb/> und es ließt ſich gut darinn, weil alles ſo leicht<lb/> und faßlich iſt, und weils der Mann, ders ge-<lb/> ſchrieben hat, recht gut mit einem meynt. Das<lb/></p> </div> </body> </floatingText> </div> </body> </text> </TEI> [214/0218]
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ſtellten, da wir als Kinder mit einander Krieg
ſpielten. Er kann von Wunder nicht genug er-
zaͤlen, was die armen Bauren ausſtehn, wo der
Krieg iſt; und wie’s auf dem Wahlplatz und in
den Lazarethen ausſieht! Die Thraͤnen ſiehen
ihm oft ſelbſt dabey in den Augen. Wenn ich
Koͤnig oder Kayſer waͤre, ſo wuͤrd ich viel auf
den Frieden halten. Vom Koͤnig in Preuſſen
erzaͤlt er uns viel Gutes; mehr, als man hier zu
Land ſagen darf. Am liebſten hoͤr ich ihm zu,
wenn er uns von ſeiner Braut erzaͤlt, die weit
von hier weg ſeyn ſoll. Er muß ſie recht lieb
haben, denn er iſt immer ſo bewegt, wenn er
von ihr ſpricht. Sie ſoll ausſehn, wie ich; aber
ich glaub, er ſagt nur ſo; denn er weiß, daß ichs
gerne hoͤre. Von Buͤchern iſt er ein groſſer Lieb-
haber. Als er neulich hoͤrte, daß ich gern was
ſchoͤnes leſe, brachte er mir gleich darauf drey
Buͤcher mit. Eins heißt: Gellerts Fabeln, und
und es ließt ſich gut darinn, weil alles ſo leicht
und faßlich iſt, und weils der Mann, ders ge-
ſchrieben hat, recht gut mit einem meynt. Das
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