Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776.te liebe Seele seyn, aber es scheint, du habest nicht viel Umgang mit ihm. Wie kömmt das? Papa ist, Gottlob! recht wohl, und läßt dich grüs- sen. Die Brüder auch. Salome will bald wie- der aus München kommen; da wird mein Elend wieder angehen. Jch fag aber: Ein froher Muth macht alles gut. Unsre Kornfelder sind dieß Jahr sehr gesegnet; auch unser Garten. Jch habe viel zu thun, und bin seitdem erst zweymal bey unserm Pfarrer in Windenheim gewesen. Er hat mich wieder in seinem Garten herum geführt, und läßt dich herzlich grüssen. Jch muß abbrechen, weil ich wieder an die Ar- beit muß. Leb wohl, Herzensbruder, und schreib bald deiner getreuen Schwester Th. Siegwart. Xaver ward anfangs etwas stutzig, als er te liebe Seele ſeyn, aber es ſcheint, du habeſt nicht viel Umgang mit ihm. Wie koͤmmt das? Papa iſt, Gottlob! recht wohl, und laͤßt dich gruͤſ- ſen. Die Bruͤder auch. Salome will bald wie- der aus Muͤnchen kommen; da wird mein Elend wieder angehen. Jch fag aber: Ein froher Muth macht alles gut. Unſre Kornfelder ſind dieß Jahr ſehr geſegnet; auch unſer Garten. Jch habe viel zu thun, und bin ſeitdem erſt zweymal bey unſerm Pfarrer in Windenheim geweſen. Er hat mich wieder in ſeinem Garten herum gefuͤhrt, und laͤßt dich herzlich gruͤſſen. Jch muß abbrechen, weil ich wieder an die Ar- beit muß. Leb wohl, Herzensbruder, und ſchreib bald deiner getreuen Schweſter Th. Siegwart. Xaver ward anfangs etwas ſtutzig, als er <TEI> <text> <body> <div n="1"> <floatingText> <body> <div type="letter"> <p><pb facs="#f0194" n="190"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> te liebe Seele ſeyn, aber es ſcheint, du habeſt<lb/> nicht viel Umgang mit ihm. Wie koͤmmt das?<lb/> Papa iſt, Gottlob! recht wohl, und laͤßt dich gruͤſ-<lb/> ſen. Die Bruͤder auch. Salome will bald wie-<lb/> der aus Muͤnchen kommen; da wird mein Elend<lb/> wieder angehen. Jch fag aber: Ein froher<lb/> Muth macht alles gut. Unſre Kornfelder ſind<lb/> dieß Jahr ſehr geſegnet; auch unſer Garten.<lb/> Jch habe viel zu thun, und bin ſeitdem erſt<lb/> zweymal bey unſerm Pfarrer in Windenheim<lb/> geweſen. Er hat mich wieder in ſeinem Garten<lb/> herum gefuͤhrt, und laͤßt dich herzlich gruͤſſen.<lb/> Jch muß abbrechen, weil ich wieder an die Ar-<lb/> beit muß. Leb wohl, Herzensbruder, und ſchreib<lb/> bald deiner getreuen Schweſter</p><lb/> <closer> <salute> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#fr">Th. Siegwart.</hi> </hi> </salute> </closer> </div> </body> </floatingText><lb/> <p><hi rendition="#fr">Xaver</hi> ward anfangs etwas ſtutzig, als er<lb/> dieſen Brief las, aber, dachte er: das Maͤdchen<lb/> ſieht die Sache von der unrechten Seite an;<lb/> und vergaß ihre Erinnerungen bald wieder.<lb/><hi rendition="#fr">Kreutzner</hi> ſchlich ſich durch allerley Kunſtgriffe<lb/> immer mehr in ſein Vertrauen ein; that immer<lb/> demuͤthig und fromm; wich, als <hi rendition="#fr">Xaver,</hi> wegen<lb/> einer Unpaͤßlichkeit, ein paar Tage auf dem Zim-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [190/0194]
te liebe Seele ſeyn, aber es ſcheint, du habeſt
nicht viel Umgang mit ihm. Wie koͤmmt das?
Papa iſt, Gottlob! recht wohl, und laͤßt dich gruͤſ-
ſen. Die Bruͤder auch. Salome will bald wie-
der aus Muͤnchen kommen; da wird mein Elend
wieder angehen. Jch fag aber: Ein froher
Muth macht alles gut. Unſre Kornfelder ſind
dieß Jahr ſehr geſegnet; auch unſer Garten.
Jch habe viel zu thun, und bin ſeitdem erſt
zweymal bey unſerm Pfarrer in Windenheim
geweſen. Er hat mich wieder in ſeinem Garten
herum gefuͤhrt, und laͤßt dich herzlich gruͤſſen.
Jch muß abbrechen, weil ich wieder an die Ar-
beit muß. Leb wohl, Herzensbruder, und ſchreib
bald deiner getreuen Schweſter
Th. Siegwart.
Xaver ward anfangs etwas ſtutzig, als er
dieſen Brief las, aber, dachte er: das Maͤdchen
ſieht die Sache von der unrechten Seite an;
und vergaß ihre Erinnerungen bald wieder.
Kreutzner ſchlich ſich durch allerley Kunſtgriffe
immer mehr in ſein Vertrauen ein; that immer
demuͤthig und fromm; wich, als Xaver, wegen
einer Unpaͤßlichkeit, ein paar Tage auf dem Zim-
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