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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776.

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lich getrieben wird. Siegwart, dem es weder an
den gehörigen Grundsätzen, noch an Eifer und
Verstand fehlte, schickte sich sehr bald in die Ord-
nung, und erhielt den Beyfall seiner Lehrer völlig;
denn sie waren vernünftig, und sahen, daß es
ihm ernstlich angelegen sey, ihnen durch Folgsam-
keit zu gefallen, und sich selbst durch gründliche
Einsichten zu vervollkommen. Er faste das me-
chanische der Lateinischen Sprache bald; aber doch
war ihm mehr am Kern, als an der blossen
Schaale gelegen. Er sah bey den Stellen, die
aus Römischen Geschichtschreibern, besonders aus
dem Nepos genommen waren, und in der Schu-
le erklärt, und übersetzt wurden, immer auf den
Jnnhalt. Auf der Stube las er die erklärten
Stücke wieder durch, und verweilte sich oft Stun-
denlang bey edeln Handlungen, die der Mensch-
heit, und ihren Urhebern Ehre machen. Beson-
ders waren Cimon, Epaminondas, Conon, Leo-
nidas, Aristides, Phocion, Timoleon und andre
Edle seine Leute. Er liebte, und bewunderte die
grossen Seelen, die sich und ihren eignen Vor-
theil dem allgemeinen Besten aufopferten. Bey
ihrer heissen Vaterlandsliebe glühte seine Seele,
und stärkte sich zu ähnlichen Gesinnungen und



lich getrieben wird. Siegwart, dem es weder an
den gehoͤrigen Grundſaͤtzen, noch an Eifer und
Verſtand fehlte, ſchickte ſich ſehr bald in die Ord-
nung, und erhielt den Beyfall ſeiner Lehrer voͤllig;
denn ſie waren vernuͤnftig, und ſahen, daß es
ihm ernſtlich angelegen ſey, ihnen durch Folgſam-
keit zu gefallen, und ſich ſelbſt durch gruͤndliche
Einſichten zu vervollkommen. Er faſte das me-
chaniſche der Lateiniſchen Sprache bald; aber doch
war ihm mehr am Kern, als an der bloſſen
Schaale gelegen. Er ſah bey den Stellen, die
aus Roͤmiſchen Geſchichtſchreibern, beſonders aus
dem Nepos genommen waren, und in der Schu-
le erklaͤrt, und uͤberſetzt wurden, immer auf den
Jnnhalt. Auf der Stube las er die erklaͤrten
Stuͤcke wieder durch, und verweilte ſich oft Stun-
denlang bey edeln Handlungen, die der Menſch-
heit, und ihren Urhebern Ehre machen. Beſon-
ders waren Cimon, Epaminondas, Conon, Leo-
nidas, Ariſtides, Phocion, Timoleon und andre
Edle ſeine Leute. Er liebte, und bewunderte die
groſſen Seelen, die ſich und ihren eignen Vor-
theil dem allgemeinen Beſten aufopferten. Bey
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[184/0188] lich getrieben wird. Siegwart, dem es weder an den gehoͤrigen Grundſaͤtzen, noch an Eifer und Verſtand fehlte, ſchickte ſich ſehr bald in die Ord- nung, und erhielt den Beyfall ſeiner Lehrer voͤllig; denn ſie waren vernuͤnftig, und ſahen, daß es ihm ernſtlich angelegen ſey, ihnen durch Folgſam- keit zu gefallen, und ſich ſelbſt durch gruͤndliche Einſichten zu vervollkommen. Er faſte das me- chaniſche der Lateiniſchen Sprache bald; aber doch war ihm mehr am Kern, als an der bloſſen Schaale gelegen. Er ſah bey den Stellen, die aus Roͤmiſchen Geſchichtſchreibern, beſonders aus dem Nepos genommen waren, und in der Schu- le erklaͤrt, und uͤberſetzt wurden, immer auf den Jnnhalt. Auf der Stube las er die erklaͤrten Stuͤcke wieder durch, und verweilte ſich oft Stun- denlang bey edeln Handlungen, die der Menſch- heit, und ihren Urhebern Ehre machen. Beſon- ders waren Cimon, Epaminondas, Conon, Leo- nidas, Ariſtides, Phocion, Timoleon und andre Edle ſeine Leute. Er liebte, und bewunderte die groſſen Seelen, die ſich und ihren eignen Vor- theil dem allgemeinen Beſten aufopferten. Bey ihrer heiſſen Vaterlandsliebe gluͤhte ſeine Seele, und ſtaͤrkte ſich zu aͤhnlichen Geſinnungen und

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Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776/188>, abgerufen am 22.11.2024.