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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776.

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wir nicht wären, und uns schier zu Schanden ar-
beiteten? Sackerlot, da sollen wir noch wachen!
Das hieß recht, Schmerzenbrod gegessen; und doch
will ich schwören, daß kein Baur es ein Viertel-
jahr treiben sollt. Nein, da lob ich mir die Wild-
dieb, die 's Wild fein wegputzen, und dem armen
Baur Ruh verschaffen! 's ist nicht recht, sag ich,
daß man so mit ihnen umgeht, und wenn ich drum
ins Loch müßt!

Michel. Gerg, nimm dich in Acht! du
kommst z'viel in Eifer! -- Da Herr Schulz,
füllt's Gläsel noch einmal! Nehmt ihms nicht
übel! Er meynt's nicht so bös.

Wirth. Ja, was nicht so bös? Er verstehts
nicht, sag ich; weiß nichts von der Jagdgerechtig-
keit. Das muß ich besser wissen, Schöps! Wer
des Fürsten Wild schießt, ist ein Rebell, und den
muß man strafen.

Gerg. Jst ein Rebell! Jst ein Narr! --
Da seht einmal, Schulz, da kömmt ein kaiserli-
cher Werber, hat ein paar feiste Hasen aufm
Buckel. Jst das auch ein Rebell? Sagt ihms
doch!

Wirth. Pst, Pst! Still! Das ist ein an-
hers. Mit den Herren ist nicht gut anbinden.



wir nicht waͤren, und uns ſchier zu Schanden ar-
beiteten? Sackerlot, da ſollen wir noch wachen!
Das hieß recht, Schmerzenbrod gegeſſen; und doch
will ich ſchwoͤren, daß kein Baur es ein Viertel-
jahr treiben ſollt. Nein, da lob ich mir die Wild-
dieb, die ’s Wild fein wegputzen, und dem armen
Baur Ruh verſchaffen! ’s iſt nicht recht, ſag ich,
daß man ſo mit ihnen umgeht, und wenn ich drum
ins Loch muͤßt!

Michel. Gerg, nimm dich in Acht! du
kommſt z’viel in Eifer! — Da Herr Schulz,
fuͤllt’s Glaͤſel noch einmal! Nehmt ihms nicht
uͤbel! Er meynt’s nicht ſo boͤs.

Wirth. Ja, was nicht ſo boͤs? Er verſtehts
nicht, ſag ich; weiß nichts von der Jagdgerechtig-
keit. Das muß ich beſſer wiſſen, Schoͤps! Wer
des Fuͤrſten Wild ſchießt, iſt ein Rebell, und den
muß man ſtrafen.

Gerg. Jſt ein Rebell! Jſt ein Narr! —
Da ſeht einmal, Schulz, da koͤmmt ein kaiſerli-
cher Werber, hat ein paar feiſte Haſen aufm
Buckel. Jſt das auch ein Rebell? Sagt ihms
doch!

Wirth. Pſt, Pſt! Still! Das iſt ein an-
hers. Mit den Herren iſt nicht gut anbinden.

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[172/0176] wir nicht waͤren, und uns ſchier zu Schanden ar- beiteten? Sackerlot, da ſollen wir noch wachen! Das hieß recht, Schmerzenbrod gegeſſen; und doch will ich ſchwoͤren, daß kein Baur es ein Viertel- jahr treiben ſollt. Nein, da lob ich mir die Wild- dieb, die ’s Wild fein wegputzen, und dem armen Baur Ruh verſchaffen! ’s iſt nicht recht, ſag ich, daß man ſo mit ihnen umgeht, und wenn ich drum ins Loch muͤßt! Michel. Gerg, nimm dich in Acht! du kommſt z’viel in Eifer! — Da Herr Schulz, fuͤllt’s Glaͤſel noch einmal! Nehmt ihms nicht uͤbel! Er meynt’s nicht ſo boͤs. Wirth. Ja, was nicht ſo boͤs? Er verſtehts nicht, ſag ich; weiß nichts von der Jagdgerechtig- keit. Das muß ich beſſer wiſſen, Schoͤps! Wer des Fuͤrſten Wild ſchießt, iſt ein Rebell, und den muß man ſtrafen. Gerg. Jſt ein Rebell! Jſt ein Narr! — Da ſeht einmal, Schulz, da koͤmmt ein kaiſerli- cher Werber, hat ein paar feiſte Haſen aufm Buckel. Jſt das auch ein Rebell? Sagt ihms doch! Wirth. Pſt, Pſt! Still! Das iſt ein an- hers. Mit den Herren iſt nicht gut anbinden.

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Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776/176>, abgerufen am 24.11.2024.