schluß möcht ihn wieder gereuen. Wilhelm nag- te seine Taube langsam ab, und schwieg, oder sagte zuweilen noch: ja; damit man ihn nicht gar für eingeschlummert halten möchte!
Nach dem Essen gieng man noch ein bischen im Garten zwischen den Aurikeln und Levkojen- stöcken auf und ab; es ward von Dorfgeschichten und Einrichtungen des Hauswesens gesprochen; der Vater gieng früh zu Bette, weil er vom Spatziergang etwas ermüdet war; Xaver auch. Therese konnte lange nicht schlafen, und sann ih- res Bruders Schicksal nach. Tausend traurige und schreckliche Bilder, die die Phantasie, die Stille der Nacht, und der blasse Mond, der sei- ne Stralen an die weisse Wand der Kammer warf, noch vergrösserte, stiegen vor ihr auf. Sie schlief endlich unter Thränen ein. Gleich am Morgen gieng sie auf das Zimmer ihres Vaters, und brachte ihm seine Suppe; denn er trank nie- mals Kaffee; sie machte sich allerley zu schaffen, räumte die Papiere auf; stopfte seine Pfeife; hustete, weil sie reden wollte, und nicht konnte. Wenn ein Wort schon auf ihrer Zunge schwebte, unterdrückte sie es wieder. Als er gegessen hatte, gieng sie hinaus, um ihrem vollen Herzen Luft
ſchluß moͤcht ihn wieder gereuen. Wilhelm nag- te ſeine Taube langſam ab, und ſchwieg, oder ſagte zuweilen noch: ja; damit man ihn nicht gar fuͤr eingeſchlummert halten moͤchte!
Nach dem Eſſen gieng man noch ein bischen im Garten zwiſchen den Aurikeln und Levkojen- ſtoͤcken auf und ab; es ward von Dorfgeſchichten und Einrichtungen des Hausweſens geſprochen; der Vater gieng fruͤh zu Bette, weil er vom Spatziergang etwas ermuͤdet war; Xaver auch. Thereſe konnte lange nicht ſchlafen, und ſann ih- res Bruders Schickſal nach. Tauſend traurige und ſchreckliche Bilder, die die Phantaſie, die Stille der Nacht, und der blaſſe Mond, der ſei- ne Stralen an die weiſſe Wand der Kammer warf, noch vergroͤſſerte, ſtiegen vor ihr auf. Sie ſchlief endlich unter Thraͤnen ein. Gleich am Morgen gieng ſie auf das Zimmer ihres Vaters, und brachte ihm ſeine Suppe; denn er trank nie- mals Kaffee; ſie machte ſich allerley zu ſchaffen, raͤumte die Papiere auf; ſtopfte ſeine Pfeife; huſtete, weil ſie reden wollte, und nicht konnte. Wenn ein Wort ſchon auf ihrer Zunge ſchwebte, unterdruͤckte ſie es wieder. Als er gegeſſen hatte, gieng ſie hinaus, um ihrem vollen Herzen Luft
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ſchluß moͤcht ihn wieder gereuen. Wilhelm nag-
te ſeine Taube langſam ab, und ſchwieg, oder
ſagte zuweilen noch: ja; damit man ihn nicht
gar fuͤr eingeſchlummert halten moͤchte!
Nach dem Eſſen gieng man noch ein bischen
im Garten zwiſchen den Aurikeln und Levkojen-
ſtoͤcken auf und ab; es ward von Dorfgeſchichten
und Einrichtungen des Hausweſens geſprochen;
der Vater gieng fruͤh zu Bette, weil er vom
Spatziergang etwas ermuͤdet war; Xaver auch.
Thereſe konnte lange nicht ſchlafen, und ſann ih-
res Bruders Schickſal nach. Tauſend traurige
und ſchreckliche Bilder, die die Phantaſie, die
Stille der Nacht, und der blaſſe Mond, der ſei-
ne Stralen an die weiſſe Wand der Kammer
warf, noch vergroͤſſerte, ſtiegen vor ihr auf. Sie
ſchlief endlich unter Thraͤnen ein. Gleich am
Morgen gieng ſie auf das Zimmer ihres Vaters,
und brachte ihm ſeine Suppe; denn er trank nie-
mals Kaffee; ſie machte ſich allerley zu ſchaffen,
raͤumte die Papiere auf; ſtopfte ſeine Pfeife;
huſtete, weil ſie reden wollte, und nicht konnte.
Wenn ein Wort ſchon auf ihrer Zunge ſchwebte,
unterdruͤckte ſie es wieder. Als er gegeſſen hatte,
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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776/127>, abgerufen am 25.11.2024.
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