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Micraelius, Johann: Erstes Buch Deß Alten Pommer-Landes. Bd. 1. Stettin, 1639.

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Vom Alten Teutschen Pommerlande.
Gott/ ein Arm/ Hertze oder das Pommersche Herte/ Stuel
oder Stoel/ Schalck oder Knecht/ welchen die Alten einen
Schalck nenneten/ Wort/ Augen/ Liecht. Also kompt vber-
eins Weihna mit Weihen/ daß ist/ Heiligen/ wie noch davon
Weihwasser vnd Weihnachten genennet werden. Wairrha
mit Werden; Giff mit Geben; Aflet mit Ablassen/ daß wir
Pommern noch heutiges Tages Aflaten heissen; Briggais
mit Bringen/ Lausei mit Lösen/ Jnsak mit Einsehen/ Rodi-
da mit Reden/ Leitais mit Lassen oder dem Pommerschen La-
ten; Segun mit sehen; Andhuleinai mit Enthüllen oder
Entdecken. Diß mus aber für allen Dingen in acht genom-
men werden/ daß die Art oder Form die Wörter zu ändern vnd
zulencken sich etwas anders bey den Gothen als bey vns/ befun-
den hat/ vnd zwar/ so viele ich aus den wenigen Sätzen abneh-
men kan/ auff diese weyse: Weiha der Heilige: Weiham die
Heiligen: Weihna die Heilige: Weihnaim Winon oder
Wibon die heilige Weiber: Weihnein die Heiligkeit: Weih-
na ich heilige; Weihnais du heiligest; Weihnai er heiliget;
Weihnam wir heiligen: Weihnaggam sie werden heiligen.
Weihnid oder Gaweihnid ich heiligete oder habe geheiliget;
Gaweihnidais du heiligetest; Gaweihnida er heiligete; Ga-
weihnum/ sie heiligeten. Weihnands/ der da heiliget; Weih-
nans die da heiligen. Darauß siehet man/ daß die Alten Go-
then/ auch die Teutonier/ jhre Praeterita vnd Futura nicht mit
Haben vnd Werden außgesprochen haben/ sondern das jhnen
das Jmperfectum vnd Perfectum Praeteritum/ eben wie bey den
Hebreern/ ist eins gewesen. Drumb sageten sie Jnsak er Ein-
sahe vnd er hat eingesehen: Haeibida er hebete/ Hub/ vnd hat
erhoben: Rodida er redete/ oder wie wir Pommern sagen/ re-
dede vnd er hat geredet. Also auch bey den Teutoniern: Ge-
schowota er hat geschawet: Teta er thete vnd hats gethan:

Zispret-
Q iij

Vom Alten Teutſchen Pommerlande.
Gott/ ein Arm/ Hertze oder das Pommerſche Herte/ Stuel
oder Stoel/ Schalck oder Knecht/ welchen die Alten einen
Schalck nenneten/ Wort/ Augen/ Liecht. Alſo kompt vber-
eins Weihna mit Weihen/ daß iſt/ Heiligen/ wie noch davon
Weihwaſſer vnd Weihnachten genennet werden. Wairrha
mit Werden; Giff mit Geben; Aflet mit Ablaſſen/ daß wir
Pommern noch heutiges Tages Aflaten heiſſen; Briggais
mit Bringen/ Lauſei mit Loͤſen/ Jnſak mit Einſehen/ Rodi-
da mit Reden/ Leitais mit Laſſen oder dem Pommerſchen La-
ten; Segun mit ſehen; Andhuleinai mit Enthuͤllen oder
Entdecken. Diß mus aber fuͤr allen Dingen in acht genom-
men werden/ daß die Art oder Form die Woͤrter zu aͤndern vnd
zulencken ſich etwas anders bey den Gothen als bey vns/ befun-
den hat/ vnd zwar/ ſo viele ich aus den wenigen Saͤtzen abneh-
men kan/ auff dieſe weyſe: Weiha der Heilige: Weiham die
Heiligen: Weihna die Heilige: Weihnaim Winon oder
Wibon die heilige Weiber: Weihnein die Heiligkeit: Weih-
na ich heilige; Weihnais du heiligeſt; Weihnai er heiliget;
Weihnam wir heiligen: Weihnaggam ſie werden heiligen.
Weihnid oder Gaweihnid ich heiligete oder habe geheiliget;
Gaweihnidais du heiligeteſt; Gaweihnida er heiligete; Ga-
weihnum/ ſie heiligeten. Weihnands/ der da heiliget; Weih-
nans die da heiligen. Darauß ſiehet man/ daß die Alten Go-
then/ auch die Teutonier/ jhre Præterita vnd Futura nicht mit
Haben vnd Werden außgeſprochen haben/ ſondern das jhnen
das Jmperfectum vnd Perfectum Præteritum/ eben wie bey den
Hebreern/ iſt eins geweſen. Drumb ſageten ſie Jnſak er Ein-
ſahe vnd er hat eingeſehen: Haeibida er hebete/ Hub/ vnd hat
erhoben: Rodida er redete/ oder wie wir Pommern ſagen/ re-
dede vnd er hat geredet. Alſo auch bey den Teutoniern: Ge-
ſchowota er hat geſchawet: Teta er thete vnd hats gethan:

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[125/0187] Vom Alten Teutſchen Pommerlande. Gott/ ein Arm/ Hertze oder das Pommerſche Herte/ Stuel oder Stoel/ Schalck oder Knecht/ welchen die Alten einen Schalck nenneten/ Wort/ Augen/ Liecht. Alſo kompt vber- eins Weihna mit Weihen/ daß iſt/ Heiligen/ wie noch davon Weihwaſſer vnd Weihnachten genennet werden. Wairrha mit Werden; Giff mit Geben; Aflet mit Ablaſſen/ daß wir Pommern noch heutiges Tages Aflaten heiſſen; Briggais mit Bringen/ Lauſei mit Loͤſen/ Jnſak mit Einſehen/ Rodi- da mit Reden/ Leitais mit Laſſen oder dem Pommerſchen La- ten; Segun mit ſehen; Andhuleinai mit Enthuͤllen oder Entdecken. Diß mus aber fuͤr allen Dingen in acht genom- men werden/ daß die Art oder Form die Woͤrter zu aͤndern vnd zulencken ſich etwas anders bey den Gothen als bey vns/ befun- den hat/ vnd zwar/ ſo viele ich aus den wenigen Saͤtzen abneh- men kan/ auff dieſe weyſe: Weiha der Heilige: Weiham die Heiligen: Weihna die Heilige: Weihnaim Winon oder Wibon die heilige Weiber: Weihnein die Heiligkeit: Weih- na ich heilige; Weihnais du heiligeſt; Weihnai er heiliget; Weihnam wir heiligen: Weihnaggam ſie werden heiligen. Weihnid oder Gaweihnid ich heiligete oder habe geheiliget; Gaweihnidais du heiligeteſt; Gaweihnida er heiligete; Ga- weihnum/ ſie heiligeten. Weihnands/ der da heiliget; Weih- nans die da heiligen. Darauß ſiehet man/ daß die Alten Go- then/ auch die Teutonier/ jhre Præterita vnd Futura nicht mit Haben vnd Werden außgeſprochen haben/ ſondern das jhnen das Jmperfectum vnd Perfectum Præteritum/ eben wie bey den Hebreern/ iſt eins geweſen. Drumb ſageten ſie Jnſak er Ein- ſahe vnd er hat eingeſehen: Haeibida er hebete/ Hub/ vnd hat erhoben: Rodida er redete/ oder wie wir Pommern ſagen/ re- dede vnd er hat geredet. Alſo auch bey den Teutoniern: Ge- ſchowota er hat geſchawet: Teta er thete vnd hats gethan: Ziſpret- Q iij

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Zitationshilfe: Micraelius, Johann: Erstes Buch Deß Alten Pommer-Landes. Bd. 1. Stettin, 1639, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/micraelius_pommernland01_1639/187>, abgerufen am 23.11.2024.