Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869.
III. Diener -- Hutbänder mit Gebirgsprofilen. von ihm lernte. Da er für seine Doctrinen -- dieselbenwaren vorzugsweise der Sphäre entnommen, die brave Haus- frauen, wenn sie unter sich sind, gern behandeln -- kein geistiges Eigenthumsrecht beanspruchte, so benutzte ich dieses niederländische Original, um nach ihm für meine Bedürfnisse eine Copie in verjüngtem Maßstabe zu machen. Aus seinen weiteren Mittheilungen erinnere ich mich noch des Folgenden. Wie jedes wollene Kleidungsstück hat auch Plaid und Weste Auch gewisse Flecken am Hutband waren dem Scharfblick *) Einen eigenen Diener auf weitere Touren mitzunehmen, ist mehr lästig,
als förderlich, es sei denn, daß er sehr viel Reisetalent und Routine hätte. Man leidet unter seiner Ungeschicklichkeit, Vergessenheit, Nachlässigkeit, seinem Mangel an Erfahrung und an Ortskenntniß. Die Consequenzen werden geduldiger ge- tragen, wenn wir sie uns selbst zur Last legen müssen. Bei Privatcourieren finden sich zuweilen jene beiden Eigenschaften, sowie Kenntniß mehrer Sprachen, da- neben aber nicht selten gewisse andere (vgl. VI) unwillkommene Fertigkeiten. Sehe sich also vor, wer nicht ein sehr großer Herr oder Millionär ist. III. Diener — Hutbänder mit Gebirgsprofilen. von ihm lernte. Da er für ſeine Doctrinen — dieſelbenwaren vorzugsweiſe der Sphäre entnommen, die brave Haus- frauen, wenn ſie unter ſich ſind, gern behandeln — kein geiſtiges Eigenthumsrecht beanſpruchte, ſo benutzte ich dieſes niederländiſche Original, um nach ihm für meine Bedürfniſſe eine Copie in verjüngtem Maßſtabe zu machen. Aus ſeinen weiteren Mittheilungen erinnere ich mich noch des Folgenden. Wie jedes wollene Kleidungsſtück hat auch Plaid und Weſte Auch gewiſſe Flecken am Hutband waren dem Scharfblick *) Einen eigenen Diener auf weitere Touren mitzunehmen, iſt mehr läſtig,
als förderlich, es ſei denn, daß er ſehr viel Reiſetalent und Routine hätte. Man leidet unter ſeiner Ungeſchicklichkeit, Vergeſſenheit, Nachläſſigkeit, ſeinem Mangel an Erfahrung und an Ortskenntniß. Die Conſequenzen werden geduldiger ge- tragen, wenn wir ſie uns ſelbſt zur Laſt legen müſſen. Bei Privatcourieren finden ſich zuweilen jene beiden Eigenſchaften, ſowie Kenntniß mehrer Sprachen, da- neben aber nicht ſelten gewiſſe andere (vgl. VI) unwillkommene Fertigkeiten. Sehe ſich alſo vor, wer nicht ein ſehr großer Herr oder Millionär iſt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0058" n="44"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">III.</hi> Diener — Hutbänder mit Gebirgsprofilen.</fw><lb/> von ihm lernte. Da er für ſeine Doctrinen — dieſelben<lb/> waren vorzugsweiſe der Sphäre entnommen, die brave Haus-<lb/> frauen, wenn ſie unter ſich ſind, gern behandeln — kein<lb/> geiſtiges Eigenthumsrecht beanſpruchte, ſo benutzte ich dieſes<lb/> niederländiſche Original, um nach ihm für meine Bedürfniſſe<lb/> eine Copie in verjüngtem Maßſtabe zu machen. Aus<lb/> ſeinen weiteren Mittheilungen erinnere ich mich noch des<lb/> Folgenden.</p><lb/> <p>Wie jedes wollene Kleidungsſtück hat auch Plaid und Weſte<lb/> Anſpruch, ausgeklopft zu werden, wovon jedoch die jetzt<lb/> lebende Generation der Dienſtboten <note place="foot" n="*)">Einen eigenen Diener auf weitere Touren mitzunehmen, iſt mehr läſtig,<lb/> als förderlich, es ſei denn, daß er ſehr viel Reiſetalent und Routine hätte. Man<lb/> leidet unter ſeiner Ungeſchicklichkeit, Vergeſſenheit, Nachläſſigkeit, ſeinem Mangel<lb/> an Erfahrung und an Ortskenntniß. Die Conſequenzen werden geduldiger ge-<lb/> tragen, wenn wir ſie uns ſelbſt zur Laſt legen müſſen. Bei Privatcourieren finden<lb/> ſich zuweilen jene beiden Eigenſchaften, ſowie Kenntniß mehrer Sprachen, da-<lb/> neben aber nicht ſelten gewiſſe andere (vgl. <hi rendition="#aq">VI</hi>) unwillkommene Fertigkeiten.<lb/> Sehe ſich alſo vor, wer nicht ein ſehr großer Herr oder Millionär iſt.</note> nicht zu überzeugen iſt.<lb/> Die Leute nehmen auf Befehl Beides mit hinaus, bringen<lb/> es zierlich gefaltet wieder, eine Unterſuchung zeigt aber immer,<lb/> daß es nicht gereinigt wurde, ich laſſe daher das Geſchäft<lb/> meiſt unter meinen Augen vollziehen.</p><lb/> <p>Auch gewiſſe Flecken am Hutband waren dem Scharfblick<lb/> meines Holländers nicht entgangen. — Sie geben, meinte er,<lb/> dem Touriſten, wie die Narben dem Kriegsmann, das<lb/> Zeugniß, daß er nicht die Hände in den Schoos legte, ſondern<lb/> Mühſal, Staub und Hitze zu tragen verſtand, und ſind un-<lb/> geſuchte, deshalb weit mehr als die eingebrannten Namen<lb/> auf den Alpenſtöcken, vertrauenswerthe, ehrenvolle Atteſte.<lb/> Ihr gebirgsprofilähnliches Moir<hi rendition="#aq">é</hi> verſinnlicht gewiſſermaßen<lb/> die einzelnen Erſteigungen: je mehr Linien durcheinander<lb/> laufen, je mehr Pyramiden ſich übereinander thürmen, je tiefer<lb/> die Schattirungen ſind, je höher ſtieg der Mann, je höher<lb/> ſollte auch ſein Ruhm ſteigen. „Vor den Ruhm ſetzten die<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [44/0058]
III. Diener — Hutbänder mit Gebirgsprofilen.
von ihm lernte. Da er für ſeine Doctrinen — dieſelben
waren vorzugsweiſe der Sphäre entnommen, die brave Haus-
frauen, wenn ſie unter ſich ſind, gern behandeln — kein
geiſtiges Eigenthumsrecht beanſpruchte, ſo benutzte ich dieſes
niederländiſche Original, um nach ihm für meine Bedürfniſſe
eine Copie in verjüngtem Maßſtabe zu machen. Aus
ſeinen weiteren Mittheilungen erinnere ich mich noch des
Folgenden.
Wie jedes wollene Kleidungsſtück hat auch Plaid und Weſte
Anſpruch, ausgeklopft zu werden, wovon jedoch die jetzt
lebende Generation der Dienſtboten *) nicht zu überzeugen iſt.
Die Leute nehmen auf Befehl Beides mit hinaus, bringen
es zierlich gefaltet wieder, eine Unterſuchung zeigt aber immer,
daß es nicht gereinigt wurde, ich laſſe daher das Geſchäft
meiſt unter meinen Augen vollziehen.
Auch gewiſſe Flecken am Hutband waren dem Scharfblick
meines Holländers nicht entgangen. — Sie geben, meinte er,
dem Touriſten, wie die Narben dem Kriegsmann, das
Zeugniß, daß er nicht die Hände in den Schoos legte, ſondern
Mühſal, Staub und Hitze zu tragen verſtand, und ſind un-
geſuchte, deshalb weit mehr als die eingebrannten Namen
auf den Alpenſtöcken, vertrauenswerthe, ehrenvolle Atteſte.
Ihr gebirgsprofilähnliches Moiré verſinnlicht gewiſſermaßen
die einzelnen Erſteigungen: je mehr Linien durcheinander
laufen, je mehr Pyramiden ſich übereinander thürmen, je tiefer
die Schattirungen ſind, je höher ſtieg der Mann, je höher
ſollte auch ſein Ruhm ſteigen. „Vor den Ruhm ſetzten die
*) Einen eigenen Diener auf weitere Touren mitzunehmen, iſt mehr läſtig,
als förderlich, es ſei denn, daß er ſehr viel Reiſetalent und Routine hätte. Man
leidet unter ſeiner Ungeſchicklichkeit, Vergeſſenheit, Nachläſſigkeit, ſeinem Mangel
an Erfahrung und an Ortskenntniß. Die Conſequenzen werden geduldiger ge-
tragen, wenn wir ſie uns ſelbſt zur Laſt legen müſſen. Bei Privatcourieren finden
ſich zuweilen jene beiden Eigenſchaften, ſowie Kenntniß mehrer Sprachen, da-
neben aber nicht ſelten gewiſſe andere (vgl. VI) unwillkommene Fertigkeiten.
Sehe ſich alſo vor, wer nicht ein ſehr großer Herr oder Millionär iſt.
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| Zitationshilfe: | Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/michelis_reiseschule_1869/58>, abgerufen am 22.11.2024. |
