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Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869.

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III. Schon wieder Wäsche -- Reiselust und Reinlichkeitsliebe.
Ankauf eines breitkrämpigen Panamahuts, der sich zusammen-
falten und einpacken läßt, sondern fügt sogar noch gute Rath-
schläge bei. Dient ein solcher Hut in heißer Mittagssonne,
so lege der Wanderer ein weißes Taschentuch hinein, von
dem ein Zipfel vorn umgeklappt ist, so daß er das Hutfutter
von der Stirn trennt; das Werk wird den Meister loben,
ohne daß "von der Stirne heiß rinnen muß der Schweiß."
Manche legen auch graues Löschpapier in den Hut.

Im Eingang dieses Capitels wurde vom exact touristischen
Standpunkte den farbigen Flanellhemden das Wort geredet
und von weißer Wäsche in einer Weise gesprochen, welche
zartbesaiteten Gemüthern anstößig erscheinen konnte. Wenn
ich nun bedenke, wie lange ich selbst brauchte, um mich mit
Wolle auf bloßer Haut zu befreunden, ferner, daß es
Menschen gibt, deren Lebensglück eng verknüpft ist mit weißer
Wäsche -- bekanntlich ist das Glück etwas Subjectives und
läßt sich nicht so leicht auf logischem Wege von den oft gering-
fügigen Objecten lösen, an die es sich einmal geheftet hat, mag
man auch noch so viel predigen über die kurzlebige Tyrannei
einer Gewohnheit -- wenn ich alles das in Betracht ziehe, fühle
ich ein menschliches Rühren. So will ich denn nicht zurück-
halten mit der folgenden Erzählung. Möchte sie denen Trost
bringen, die aus der Hand ihrer Mutter die Lehre haben,
daß ein reines Herz auch stets von einem weißen Hemd gedeckt
sein müsse, "außen blank und innen rein," und diese Lehre
nun als ein heiliges Vermächtniß für's Leben betrachten.
Möchte sie ferner darthun, daß die Alphabetsnachbarinnen
Reiselust und Reinlichkeitsliebe zwar nicht eben Schwestern
oder vertraute Freundinnen sind, aber doch auch nicht, wie
Manche wähnen, geborene oder geschworene Antipoden sein und
bleiben müssen. Nein, geliebte Mittouristen, ich kann Euch
beruhigen: es läßt sich ein modus vivendi finden, welcher der
Reinlichkeit, diesem häuslichen Bürgermädchen, erträglich ist,
und dem sich auch jene etwas emancipirte Dame, die Reiselust,
allenfalls fügt.

III. Schon wieder Wäſche — Reiſeluſt und Reinlichkeitsliebe.
Ankauf eines breitkrämpigen Panamàhuts, der ſich zuſammen-
falten und einpacken läßt, ſondern fügt ſogar noch gute Rath-
ſchläge bei. Dient ein ſolcher Hut in heißer Mittagsſonne,
ſo lege der Wanderer ein weißes Taſchentuch hinein, von
dem ein Zipfel vorn umgeklappt iſt, ſo daß er das Hutfutter
von der Stirn trennt; das Werk wird den Meiſter loben,
ohne daß „von der Stirne heiß rinnen muß der Schweiß.“
Manche legen auch graues Löſchpapier in den Hut.

Im Eingang dieſes Capitels wurde vom exact touriſtiſchen
Standpunkte den farbigen Flanellhemden das Wort geredet
und von weißer Wäſche in einer Weiſe geſprochen, welche
zartbeſaiteten Gemüthern anſtößig erſcheinen konnte. Wenn
ich nun bedenke, wie lange ich ſelbſt brauchte, um mich mit
Wolle auf bloßer Haut zu befreunden, ferner, daß es
Menſchen gibt, deren Lebensglück eng verknüpft iſt mit weißer
Wäſche — bekanntlich iſt das Glück etwas Subjectives und
läßt ſich nicht ſo leicht auf logiſchem Wege von den oft gering-
fügigen Objecten löſen, an die es ſich einmal geheftet hat, mag
man auch noch ſo viel predigen über die kurzlebige Tyrannei
einer Gewohnheit — wenn ich alles das in Betracht ziehe, fühle
ich ein menſchliches Rühren. So will ich denn nicht zurück-
halten mit der folgenden Erzählung. Möchte ſie denen Troſt
bringen, die aus der Hand ihrer Mutter die Lehre haben,
daß ein reines Herz auch ſtets von einem weißen Hemd gedeckt
ſein müſſe, „außen blank und innen rein,“ und dieſe Lehre
nun als ein heiliges Vermächtniß für’s Leben betrachten.
Möchte ſie ferner darthun, daß die Alphabetsnachbarinnen
Reiſeluſt und Reinlichkeitsliebe zwar nicht eben Schweſtern
oder vertraute Freundinnen ſind, aber doch auch nicht, wie
Manche wähnen, geborene oder geſchworene Antipoden ſein und
bleiben müſſen. Nein, geliebte Mittouriſten, ich kann Euch
beruhigen: es läßt ſich ein modus vivendi finden, welcher der
Reinlichkeit, dieſem häuslichen Bürgermädchen, erträglich iſt,
und dem ſich auch jene etwas emancipirte Dame, die Reiſeluſt,
allenfalls fügt.

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[40/0054] III. Schon wieder Wäſche — Reiſeluſt und Reinlichkeitsliebe. Ankauf eines breitkrämpigen Panamàhuts, der ſich zuſammen- falten und einpacken läßt, ſondern fügt ſogar noch gute Rath- ſchläge bei. Dient ein ſolcher Hut in heißer Mittagsſonne, ſo lege der Wanderer ein weißes Taſchentuch hinein, von dem ein Zipfel vorn umgeklappt iſt, ſo daß er das Hutfutter von der Stirn trennt; das Werk wird den Meiſter loben, ohne daß „von der Stirne heiß rinnen muß der Schweiß.“ Manche legen auch graues Löſchpapier in den Hut. Im Eingang dieſes Capitels wurde vom exact touriſtiſchen Standpunkte den farbigen Flanellhemden das Wort geredet und von weißer Wäſche in einer Weiſe geſprochen, welche zartbeſaiteten Gemüthern anſtößig erſcheinen konnte. Wenn ich nun bedenke, wie lange ich ſelbſt brauchte, um mich mit Wolle auf bloßer Haut zu befreunden, ferner, daß es Menſchen gibt, deren Lebensglück eng verknüpft iſt mit weißer Wäſche — bekanntlich iſt das Glück etwas Subjectives und läßt ſich nicht ſo leicht auf logiſchem Wege von den oft gering- fügigen Objecten löſen, an die es ſich einmal geheftet hat, mag man auch noch ſo viel predigen über die kurzlebige Tyrannei einer Gewohnheit — wenn ich alles das in Betracht ziehe, fühle ich ein menſchliches Rühren. So will ich denn nicht zurück- halten mit der folgenden Erzählung. Möchte ſie denen Troſt bringen, die aus der Hand ihrer Mutter die Lehre haben, daß ein reines Herz auch ſtets von einem weißen Hemd gedeckt ſein müſſe, „außen blank und innen rein,“ und dieſe Lehre nun als ein heiliges Vermächtniß für’s Leben betrachten. Möchte ſie ferner darthun, daß die Alphabetsnachbarinnen Reiſeluſt und Reinlichkeitsliebe zwar nicht eben Schweſtern oder vertraute Freundinnen ſind, aber doch auch nicht, wie Manche wähnen, geborene oder geſchworene Antipoden ſein und bleiben müſſen. Nein, geliebte Mittouriſten, ich kann Euch beruhigen: es läßt ſich ein modus vivendi finden, welcher der Reinlichkeit, dieſem häuslichen Bürgermädchen, erträglich iſt, und dem ſich auch jene etwas emancipirte Dame, die Reiſeluſt, allenfalls fügt.

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Zitationshilfe: Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/michelis_reiseschule_1869/54>, abgerufen am 23.11.2024.