Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869.

Bild:
<< vorherige Seite

III. Pädagogische Attrapen -- Hauptanzug -- wasserdichte Bereitung.
Erfindungsgeist zu prüfen und zu spornen. Ueberdies gehört
das Aufspüren neuer Nothbehelfe, mögen sie auch an's
Abenteuerliche streifen, unter die Erheiterungen des Reise-
lebens und unter die Dinge, von denen sich am häuslichen
Herde gar lustig erzählen läßt. Je öfter Euch Besseres ein-
fällt, als Eurem alten Lehrer, um so stolzer macht Ihr diesen
auf Euch. Paßt mir also nur gehörig auf den Dienst. --

Der Herausgeber würde nun zwar dem Leser gegen-
über solche pädagogische Attrapen um keinen Preis wagen,
dennoch könnte es ihm ohne Wissen und Willen begegnet sein,
indem er Worte des Meisters, die nicht für die Oeffentlichkeit
bestimmt waren, hier niederschrieb. In Fällen der Art möge
nur der ganze Unwille oder Spott des Lesers auf mein Her-
ausgeberhaupt fallen, aber Niemand an der Reiseweisheit
des Lehrers zweifeln. Und nun zurück zu Schränken und
Commoden, Schneidern und Tuchhändlern.

Zum Hauptanzug für die Reise wählt der Tourist von
Fach am liebsten eine der in zahlreichen Schattirungen und
Mustern vorhandenen Mischungen von weißer und schwarzer
Wolle, ohne Zusatz von Farben, die dem Verschießen unter-
liegen (wie z. B. Anilin oder dem sogenannten freundlichen
Grau, das bald einen grünlichen Schimmer annimmt), ein Ge-
webe aus reiner, neuer Wolle, keinen Shoddy, weder zu locker
und luftig, noch so dicht und schwer, daß es bei großer Hitze
unerträglich wird. Das Zeug kann man nahezu wasserdicht
(nicht luftdicht) bereiten lassen *). Ganz leichte Sommer-
sachen zur gelegentlichen Benutzung an Orten, wo verweilt
wird, im Koffer bei sich zu führen, ist Niemand verwehrt,
zum Hauptreiseanzug taugen sie nicht.

*) Es gibt dafür eigene Fabriken, die das Verfahren als Geheimniß behan-
deln. Fehlt es an einer solchen, so wird folgendes Recept empfohlen. 1 Pfund
Leim und 1 Pfd. Kernseife werden in 1 Pfd. kochenden Wassers gelöst, nach und
nach 11/2 Pfd. Alaun zugesetzt und die milchige Mischung bis zum Sieden erhitzt,
die Stoffe mit derselben, bevor sie ganz erkaltet ist, getränkt, zum Trocknen auf-
gehängt ohne sie auszuringen, schließlich gewaschen, gerollt und verarbeitet.
3

III. Pädagogiſche Attrapen — Hauptanzug — waſſerdichte Bereitung.
Erfindungsgeiſt zu prüfen und zu ſpornen. Ueberdies gehört
das Aufſpüren neuer Nothbehelfe, mögen ſie auch an’s
Abenteuerliche ſtreifen, unter die Erheiterungen des Reiſe-
lebens und unter die Dinge, von denen ſich am häuslichen
Herde gar luſtig erzählen läßt. Je öfter Euch Beſſeres ein-
fällt, als Eurem alten Lehrer, um ſo ſtolzer macht Ihr dieſen
auf Euch. Paßt mir alſo nur gehörig auf den Dienſt. —

Der Herausgeber würde nun zwar dem Leſer gegen-
über ſolche pädagogiſche Attrapen um keinen Preis wagen,
dennoch könnte es ihm ohne Wiſſen und Willen begegnet ſein,
indem er Worte des Meiſters, die nicht für die Oeffentlichkeit
beſtimmt waren, hier niederſchrieb. In Fällen der Art möge
nur der ganze Unwille oder Spott des Leſers auf mein Her-
ausgeberhaupt fallen, aber Niemand an der Reiſeweisheit
des Lehrers zweifeln. Und nun zurück zu Schränken und
Commoden, Schneidern und Tuchhändlern.

Zum Hauptanzug für die Reiſe wählt der Touriſt von
Fach am liebſten eine der in zahlreichen Schattirungen und
Muſtern vorhandenen Miſchungen von weißer und ſchwarzer
Wolle, ohne Zuſatz von Farben, die dem Verſchießen unter-
liegen (wie z. B. Anilin oder dem ſogenannten freundlichen
Grau, das bald einen grünlichen Schimmer annimmt), ein Ge-
webe aus reiner, neuer Wolle, keinen Shoddy, weder zu locker
und luftig, noch ſo dicht und ſchwer, daß es bei großer Hitze
unerträglich wird. Das Zeug kann man nahezu waſſerdicht
(nicht luftdicht) bereiten laſſen *). Ganz leichte Sommer-
ſachen zur gelegentlichen Benutzung an Orten, wo verweilt
wird, im Koffer bei ſich zu führen, iſt Niemand verwehrt,
zum Hauptreiſeanzug taugen ſie nicht.

*) Es gibt dafür eigene Fabriken, die das Verfahren als Geheimniß behan-
deln. Fehlt es an einer ſolchen, ſo wird folgendes Recept empfohlen. 1 Pfund
Leim und 1 Pfd. Kernſeife werden in 1 Pfd. kochenden Waſſers gelöſt, nach und
nach 1½ Pfd. Alaun zugeſetzt und die milchige Miſchung bis zum Sieden erhitzt,
die Stoffe mit derſelben, bevor ſie ganz erkaltet iſt, getränkt, zum Trocknen auf-
gehängt ohne ſie auszuringen, ſchließlich gewaſchen, gerollt und verarbeitet.
3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0047" n="33"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">III.</hi> Pädagogi&#x017F;che Attrapen &#x2014; Hauptanzug &#x2014; wa&#x017F;&#x017F;erdichte Bereitung.</fw><lb/>
Erfindungsgei&#x017F;t zu prüfen und zu &#x017F;pornen. Ueberdies gehört<lb/>
das Auf&#x017F;püren neuer <hi rendition="#g">Nothbehelfe,</hi> mögen &#x017F;ie auch an&#x2019;s<lb/>
Abenteuerliche &#x017F;treifen, unter die Erheiterungen des Rei&#x017F;e-<lb/>
lebens und unter die Dinge, von denen &#x017F;ich am häuslichen<lb/>
Herde gar lu&#x017F;tig erzählen läßt. Je öfter Euch Be&#x017F;&#x017F;eres ein-<lb/>
fällt, als Eurem alten Lehrer, um &#x017F;o &#x017F;tolzer macht Ihr die&#x017F;en<lb/>
auf Euch. Paßt mir al&#x017F;o nur gehörig auf den Dien&#x017F;t. &#x2014;</p><lb/>
        <p>Der Herausgeber würde nun zwar dem Le&#x017F;er gegen-<lb/>
über &#x017F;olche pädagogi&#x017F;che Attrapen um keinen Preis wagen,<lb/>
dennoch könnte es ihm ohne Wi&#x017F;&#x017F;en und Willen begegnet &#x017F;ein,<lb/>
indem er Worte des Mei&#x017F;ters, die nicht für die Oeffentlichkeit<lb/>
be&#x017F;timmt waren, hier nieder&#x017F;chrieb. In Fällen der Art möge<lb/>
nur der ganze Unwille oder Spott des Le&#x017F;ers auf mein Her-<lb/>
ausgeberhaupt fallen, aber Niemand an der Rei&#x017F;eweisheit<lb/>
des Lehrers zweifeln. Und nun zurück zu Schränken und<lb/>
Commoden, Schneidern und Tuchhändlern.</p><lb/>
        <p>Zum <hi rendition="#g">Hauptanzug</hi> für die Rei&#x017F;e wählt der Touri&#x017F;t von<lb/>
Fach am lieb&#x017F;ten eine der in zahlreichen Schattirungen und<lb/>
Mu&#x017F;tern vorhandenen Mi&#x017F;chungen von weißer und &#x017F;chwarzer<lb/>
Wolle, ohne Zu&#x017F;atz von Farben, die dem Ver&#x017F;chießen unter-<lb/>
liegen (wie z. B. Anilin oder dem &#x017F;ogenannten freundlichen<lb/>
Grau, das bald einen grünlichen Schimmer annimmt), ein Ge-<lb/>
webe aus reiner, neuer Wolle, keinen Shoddy, weder zu locker<lb/>
und luftig, noch &#x017F;o dicht und &#x017F;chwer, daß es bei großer Hitze<lb/>
unerträglich wird. Das Zeug kann man nahezu wa&#x017F;&#x017F;erdicht<lb/>
(nicht luftdicht) bereiten la&#x017F;&#x017F;en <note place="foot" n="*)">Es gibt dafür eigene Fabriken, die das Verfahren als Geheimniß behan-<lb/>
deln. Fehlt es an einer &#x017F;olchen, &#x017F;o wird folgendes Recept empfohlen. 1 Pfund<lb/>
Leim und 1 Pfd. Kern&#x017F;eife werden in 1 Pfd. kochenden Wa&#x017F;&#x017F;ers gelö&#x017F;t, nach und<lb/>
nach 1½ Pfd. Alaun zuge&#x017F;etzt und die milchige Mi&#x017F;chung bis zum Sieden erhitzt,<lb/>
die Stoffe mit der&#x017F;elben, bevor &#x017F;ie ganz erkaltet i&#x017F;t, getränkt, zum Trocknen auf-<lb/>
gehängt ohne &#x017F;ie auszuringen, &#x017F;chließlich gewa&#x017F;chen, gerollt und verarbeitet.</note>. Ganz leichte Sommer-<lb/>
&#x017F;achen zur gelegentlichen Benutzung an Orten, wo verweilt<lb/>
wird, im Koffer bei &#x017F;ich zu führen, i&#x017F;t Niemand verwehrt,<lb/>
zum Hauptrei&#x017F;eanzug taugen &#x017F;ie nicht.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">3</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[33/0047] III. Pädagogiſche Attrapen — Hauptanzug — waſſerdichte Bereitung. Erfindungsgeiſt zu prüfen und zu ſpornen. Ueberdies gehört das Aufſpüren neuer Nothbehelfe, mögen ſie auch an’s Abenteuerliche ſtreifen, unter die Erheiterungen des Reiſe- lebens und unter die Dinge, von denen ſich am häuslichen Herde gar luſtig erzählen läßt. Je öfter Euch Beſſeres ein- fällt, als Eurem alten Lehrer, um ſo ſtolzer macht Ihr dieſen auf Euch. Paßt mir alſo nur gehörig auf den Dienſt. — Der Herausgeber würde nun zwar dem Leſer gegen- über ſolche pädagogiſche Attrapen um keinen Preis wagen, dennoch könnte es ihm ohne Wiſſen und Willen begegnet ſein, indem er Worte des Meiſters, die nicht für die Oeffentlichkeit beſtimmt waren, hier niederſchrieb. In Fällen der Art möge nur der ganze Unwille oder Spott des Leſers auf mein Her- ausgeberhaupt fallen, aber Niemand an der Reiſeweisheit des Lehrers zweifeln. Und nun zurück zu Schränken und Commoden, Schneidern und Tuchhändlern. Zum Hauptanzug für die Reiſe wählt der Touriſt von Fach am liebſten eine der in zahlreichen Schattirungen und Muſtern vorhandenen Miſchungen von weißer und ſchwarzer Wolle, ohne Zuſatz von Farben, die dem Verſchießen unter- liegen (wie z. B. Anilin oder dem ſogenannten freundlichen Grau, das bald einen grünlichen Schimmer annimmt), ein Ge- webe aus reiner, neuer Wolle, keinen Shoddy, weder zu locker und luftig, noch ſo dicht und ſchwer, daß es bei großer Hitze unerträglich wird. Das Zeug kann man nahezu waſſerdicht (nicht luftdicht) bereiten laſſen *). Ganz leichte Sommer- ſachen zur gelegentlichen Benutzung an Orten, wo verweilt wird, im Koffer bei ſich zu führen, iſt Niemand verwehrt, zum Hauptreiſeanzug taugen ſie nicht. *) Es gibt dafür eigene Fabriken, die das Verfahren als Geheimniß behan- deln. Fehlt es an einer ſolchen, ſo wird folgendes Recept empfohlen. 1 Pfund Leim und 1 Pfd. Kernſeife werden in 1 Pfd. kochenden Waſſers gelöſt, nach und nach 1½ Pfd. Alaun zugeſetzt und die milchige Miſchung bis zum Sieden erhitzt, die Stoffe mit derſelben, bevor ſie ganz erkaltet iſt, getränkt, zum Trocknen auf- gehängt ohne ſie auszuringen, ſchließlich gewaſchen, gerollt und verarbeitet. 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/michelis_reiseschule_1869
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/michelis_reiseschule_1869/47
Zitationshilfe: Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/michelis_reiseschule_1869/47>, abgerufen am 23.11.2024.