kein Einziger darunter wäre. Der Geist scheut große Gesell- schaften ebenso wie -- Geister und Gespenster sie scheuen.
-- Worin besteht nun aber das Anliegen, worauf Sie so geheimnißvoll deuteten? fragte ich endlich.
-- Oh, das habe ich längst errathen, kam wieder der Neffe in die Quere, und es ist ein Glück für mich, daß ich vor unsrem Abschied meinem strengen Oheim noch zeigen kann, daß auch ich auf seine Ideen einzugehen verstehe und nicht verdiene, Ihnen immer hintangesetzt zu werden. Miß- trauische Leser mögen zwar vermuthen, daß die Gemüther und die Cassenschränke der Capitalisten vorbereitet werden sollen für ein Actienunternehmen in großem Stile, wie z. B. eine Kette von deutsch-englischen Musterpensionen an den Küsten des Mittelländischen Meeres zur Aufnahme winter- flüchtiger Nordländer oder etwas der Art. Ich glaube aber, daß unser Mentor im Sinne hat, mit Hilfe Eures ränke- vollen Buches einen großen internationalen Touristenbund anzubahnen, welcher ungefähr wie der Freimaurerorden ge- staltet sein, geheime Erkennungszeichen, hierarchische Gliede- rung, Probezeit etc. haben soll -- --
-- So hoch fliegen meine Pläne nicht, entgegnete unser alter Freund, ich bin schon zufrieden, wenn Sie mir ver- sprechen, für alle Grundsätze der Reisemoral und Reise- ästhetik, die ich meinen Mittheilungen aus praktischem Gebiete eingestreut habe, unter Ihren Landsleuten zu werben, wie ich es schon lange unter den meinigen thue.
-- Merken Sie wohl, wißbegieriger Commilitone, spottete Eduard weiter, Sie sollen nicht blos selbst das Heulen mit den Wölfen unterlassen, nein, Sie sollen ihnen auch Sing- unterricht geben. Wenn alle Wölfe der beiden Hauptreise- völker solfeggiren gelernt haben, werden die andern Nationen nachfolgen müssen, und das europäische Concert beginnt.
-- Zu dem Concerte hat jeder der guten Gesellschaft Angehörige freien Eintritt, Niemand aber wird herein- genöthigt, ließ sich Ulysses vernehmen.
VIII. Hintergedanken.
kein Einziger darunter wäre. Der Geiſt ſcheut große Geſell- ſchaften ebenſo wie — Geiſter und Geſpenſter ſie ſcheuen.
— Worin beſteht nun aber das Anliegen, worauf Sie ſo geheimnißvoll deuteten? fragte ich endlich.
— Oh, das habe ich längſt errathen, kam wieder der Neffe in die Quere, und es iſt ein Glück für mich, daß ich vor unſrem Abſchied meinem ſtrengen Oheim noch zeigen kann, daß auch ich auf ſeine Ideen einzugehen verſtehe und nicht verdiene, Ihnen immer hintangeſetzt zu werden. Miß- trauiſche Leſer mögen zwar vermuthen, daß die Gemüther und die Caſſenſchränke der Capitaliſten vorbereitet werden ſollen für ein Actienunternehmen in großem Stile, wie z. B. eine Kette von deutſch-engliſchen Muſterpenſionen an den Küſten des Mittelländiſchen Meeres zur Aufnahme winter- flüchtiger Nordländer oder etwas der Art. Ich glaube aber, daß unſer Mentor im Sinne hat, mit Hilfe Eures ränke- vollen Buches einen großen internationalen Touriſtenbund anzubahnen, welcher ungefähr wie der Freimaurerorden ge- ſtaltet ſein, geheime Erkennungszeichen, hierarchiſche Gliede- rung, Probezeit ꝛc. haben ſoll — —
— So hoch fliegen meine Pläne nicht, entgegnete unſer alter Freund, ich bin ſchon zufrieden, wenn Sie mir ver- ſprechen, für alle Grundſätze der Reiſemoral und Reiſe- äſthetik, die ich meinen Mittheilungen aus praktiſchem Gebiete eingeſtreut habe, unter Ihren Landsleuten zu werben, wie ich es ſchon lange unter den meinigen thue.
— Merken Sie wohl, wißbegieriger Commilitone, ſpottete Eduard weiter, Sie ſollen nicht blos ſelbſt das Heulen mit den Wölfen unterlaſſen, nein, Sie ſollen ihnen auch Sing- unterricht geben. Wenn alle Wölfe der beiden Hauptreiſe- völker ſolfeggiren gelernt haben, werden die andern Nationen nachfolgen müſſen, und das europäiſche Concert beginnt.
— Zu dem Concerte hat jeder der guten Geſellſchaft Angehörige freien Eintritt, Niemand aber wird herein- genöthigt, ließ ſich Ulyſſes vernehmen.
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VIII. Hintergedanken.
kein Einziger darunter wäre. Der Geiſt ſcheut große Geſell-
ſchaften ebenſo wie — Geiſter und Geſpenſter ſie ſcheuen.
— Worin beſteht nun aber das Anliegen, worauf Sie
ſo geheimnißvoll deuteten? fragte ich endlich.
— Oh, das habe ich längſt errathen, kam wieder der
Neffe in die Quere, und es iſt ein Glück für mich, daß ich
vor unſrem Abſchied meinem ſtrengen Oheim noch zeigen
kann, daß auch ich auf ſeine Ideen einzugehen verſtehe und
nicht verdiene, Ihnen immer hintangeſetzt zu werden. Miß-
trauiſche Leſer mögen zwar vermuthen, daß die Gemüther
und die Caſſenſchränke der Capitaliſten vorbereitet werden
ſollen für ein Actienunternehmen in großem Stile, wie z. B.
eine Kette von deutſch-engliſchen Muſterpenſionen an den
Küſten des Mittelländiſchen Meeres zur Aufnahme winter-
flüchtiger Nordländer oder etwas der Art. Ich glaube aber,
daß unſer Mentor im Sinne hat, mit Hilfe Eures ränke-
vollen Buches einen großen internationalen Touriſtenbund
anzubahnen, welcher ungefähr wie der Freimaurerorden ge-
ſtaltet ſein, geheime Erkennungszeichen, hierarchiſche Gliede-
rung, Probezeit ꝛc. haben ſoll — —
— So hoch fliegen meine Pläne nicht, entgegnete unſer
alter Freund, ich bin ſchon zufrieden, wenn Sie mir ver-
ſprechen, für alle Grundſätze der Reiſemoral und Reiſe-
äſthetik, die ich meinen Mittheilungen aus praktiſchem Gebiete
eingeſtreut habe, unter Ihren Landsleuten zu werben, wie ich
es ſchon lange unter den meinigen thue.
— Merken Sie wohl, wißbegieriger Commilitone, ſpottete
Eduard weiter, Sie ſollen nicht blos ſelbſt das Heulen mit
den Wölfen unterlaſſen, nein, Sie ſollen ihnen auch Sing-
unterricht geben. Wenn alle Wölfe der beiden Hauptreiſe-
völker ſolfeggiren gelernt haben, werden die andern Nationen
nachfolgen müſſen, und das europäiſche Concert beginnt.
— Zu dem Concerte hat jeder der guten Geſellſchaft
Angehörige freien Eintritt, Niemand aber wird herein-
genöthigt, ließ ſich Ulyſſes vernehmen.
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Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/michelis_reiseschule_1869/283>, abgerufen am 18.07.2024.
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