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Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869.

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II. Reisepläne.
streichen, im Nothfall eine Theilung in je zwei oder drei
Sectionen vorzunehmen, damit nicht, wie man jetzt unter-
wegs häufig sieht, die Besitzer die Bände auszuschlachten
genöthigt sind.

In mein Handbuch lasse ich einige Blätter Schreibpapier
einheften für allerhand Notizen, namentlich den Reiseplan.
In Bezug auf diesen sei vorläufig nur gewarnt, ihn wie den
Koffer (selbst diesen richte ich gern so ein, daß auswärts noch
das Eine oder Andere hinzukommen kann; der Spielraum
hat sein Quartier über den Gurten, so daß innerhalb der-
selben dennoch Alles lückenlos gepackt ist) sehr fest und
voll zu stopfen: -- für die Zusammenstellung des Ersteren
gilt der umgekehrte Grundsatz. Hier muß Alles locker gefügt
sein, dort sind Lücken schädlich, hier nothwendig, um nicht in
Sclaverei und bei schlechtem Wetter in Verzweiflung zu ge-
rathen. Den Plan mache ich unter Beirath des Buchs und
Verweisung auf dessen Seitenzahlen nach meinen Bedürfnissen,
betrachte aber dieses Scriptum nur als Entwurf, nicht, wie
Neulinge zu ihrem großen Nachtheile so oft thun, als Gesetz.
Eine andere Art, sich zum Narren des Plans zu machen,
ist folgende. Derselbe hat z. B. decretirt: 20. Juli Er-
steigung des .... Man kommt in .... an, hört von
allen Seiten, daß heute da oben vor Nebel nichts zu sehen
sein werde, klettert aber doch hinauf. "Will wenigstens
meine Schuldigkeit thun, vielleicht wird's noch gut." Droben
sieht der betreffende Märtyrer des Plans gar nichts, nicht
einmal, daß er einen dummen Streich gemacht hat, steigt
herab, setzt seine Reise fort, Wochen lang, sucht aber keinen
anderen Höhepunkt auf, obwohl sein Weg an mehren vorüber-
führt, denn er hat ja bereits "seine Schuldigkeit" gethan.
Ich habe es immer so gehalten, daß, sobald der Himmel
mir ein besonders heiteres Antlitz zeigte, auch die Landleute
auf dessen Beständigkeit rechneten, ich nichts Eiligeres zu thun
hatte, als den nächst gelegenen Berg zu erklimmen, gleichviel,
welche Rangstufe die Bücher ihm zuerkannten, wenn sie ihn

II. Reiſepläne.
ſtreichen, im Nothfall eine Theilung in je zwei oder drei
Sectionen vorzunehmen, damit nicht, wie man jetzt unter-
wegs häufig ſieht, die Beſitzer die Bände auszuſchlachten
genöthigt ſind.

In mein Handbuch laſſe ich einige Blätter Schreibpapier
einheften für allerhand Notizen, namentlich den Reiſeplan.
In Bezug auf dieſen ſei vorläufig nur gewarnt, ihn wie den
Koffer (ſelbſt dieſen richte ich gern ſo ein, daß auswärts noch
das Eine oder Andere hinzukommen kann; der Spielraum
hat ſein Quartier über den Gurten, ſo daß innerhalb der-
ſelben dennoch Alles lückenlos gepackt iſt) ſehr feſt und
voll zu ſtopfen: — für die Zuſammenſtellung des Erſteren
gilt der umgekehrte Grundſatz. Hier muß Alles locker gefügt
ſein, dort ſind Lücken ſchädlich, hier nothwendig, um nicht in
Sclaverei und bei ſchlechtem Wetter in Verzweiflung zu ge-
rathen. Den Plan mache ich unter Beirath des Buchs und
Verweiſung auf deſſen Seitenzahlen nach meinen Bedürfniſſen,
betrachte aber dieſes Scriptum nur als Entwurf, nicht, wie
Neulinge zu ihrem großen Nachtheile ſo oft thun, als Geſetz.
Eine andere Art, ſich zum Narren des Plans zu machen,
iſt folgende. Derſelbe hat z. B. decretirt: 20. Juli Er-
ſteigung des .... Man kommt in .... an, hört von
allen Seiten, daß heute da oben vor Nebel nichts zu ſehen
ſein werde, klettert aber doch hinauf. „Will wenigſtens
meine Schuldigkeit thun, vielleicht wird’s noch gut.“ Droben
ſieht der betreffende Märtyrer des Plans gar nichts, nicht
einmal, daß er einen dummen Streich gemacht hat, ſteigt
herab, ſetzt ſeine Reiſe fort, Wochen lang, ſucht aber keinen
anderen Höhepunkt auf, obwohl ſein Weg an mehren vorüber-
führt, denn er hat ja bereits „ſeine Schuldigkeit“ gethan.
Ich habe es immer ſo gehalten, daß, ſobald der Himmel
mir ein beſonders heiteres Antlitz zeigte, auch die Landleute
auf deſſen Beſtändigkeit rechneten, ich nichts Eiligeres zu thun
hatte, als den nächſt gelegenen Berg zu erklimmen, gleichviel,
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[14/0028] II. Reiſepläne. ſtreichen, im Nothfall eine Theilung in je zwei oder drei Sectionen vorzunehmen, damit nicht, wie man jetzt unter- wegs häufig ſieht, die Beſitzer die Bände auszuſchlachten genöthigt ſind. In mein Handbuch laſſe ich einige Blätter Schreibpapier einheften für allerhand Notizen, namentlich den Reiſeplan. In Bezug auf dieſen ſei vorläufig nur gewarnt, ihn wie den Koffer (ſelbſt dieſen richte ich gern ſo ein, daß auswärts noch das Eine oder Andere hinzukommen kann; der Spielraum hat ſein Quartier über den Gurten, ſo daß innerhalb der- ſelben dennoch Alles lückenlos gepackt iſt) ſehr feſt und voll zu ſtopfen: — für die Zuſammenſtellung des Erſteren gilt der umgekehrte Grundſatz. Hier muß Alles locker gefügt ſein, dort ſind Lücken ſchädlich, hier nothwendig, um nicht in Sclaverei und bei ſchlechtem Wetter in Verzweiflung zu ge- rathen. Den Plan mache ich unter Beirath des Buchs und Verweiſung auf deſſen Seitenzahlen nach meinen Bedürfniſſen, betrachte aber dieſes Scriptum nur als Entwurf, nicht, wie Neulinge zu ihrem großen Nachtheile ſo oft thun, als Geſetz. Eine andere Art, ſich zum Narren des Plans zu machen, iſt folgende. Derſelbe hat z. B. decretirt: 20. Juli Er- ſteigung des .... Man kommt in .... an, hört von allen Seiten, daß heute da oben vor Nebel nichts zu ſehen ſein werde, klettert aber doch hinauf. „Will wenigſtens meine Schuldigkeit thun, vielleicht wird’s noch gut.“ Droben ſieht der betreffende Märtyrer des Plans gar nichts, nicht einmal, daß er einen dummen Streich gemacht hat, ſteigt herab, ſetzt ſeine Reiſe fort, Wochen lang, ſucht aber keinen anderen Höhepunkt auf, obwohl ſein Weg an mehren vorüber- führt, denn er hat ja bereits „ſeine Schuldigkeit“ gethan. Ich habe es immer ſo gehalten, daß, ſobald der Himmel mir ein beſonders heiteres Antlitz zeigte, auch die Landleute auf deſſen Beſtändigkeit rechneten, ich nichts Eiligeres zu thun hatte, als den nächſt gelegenen Berg zu erklimmen, gleichviel, welche Rangſtufe die Bücher ihm zuerkannten, wenn ſie ihn

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Zitationshilfe: Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/michelis_reiseschule_1869/28>, abgerufen am 25.11.2024.