Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869.VIII. Spitze Bleistifte. Weitere Mittel gegen Reisemüdigkeit. aufsucht und nicht heimkehrt, ohne etwas mitzubringen. Ichbleibe bei meiner Ansicht, daß wir schlechterdings eine Wahl treffen müssen und nicht darauf ausgehen, unsre Aufmerksam- keit allem Möglichen zuzuwenden; ferner, daß bei dieser "Vielseitigkeit" die Gefahr, die ganze Arbeit den Beinen und Augen zu überlassen, allzunahe liegt. Um den Kopf mit in die Bundesgenossenschaft zu ziehen, ist endlich gerathen, fleißig den Bleistift und die Feder in die Hand zu nehmen (vergl. S. 60), nicht blos als Stütze für's Gedächtniß, auch als Sporn für Auffassung und Beurtheilung. -- Wenn ich nun aber gar nicht mit mir selber im Rei- -- Im Gegentheil, den Bleistift müssen Sie gleich und -- Sie werden indessen doch zugeben, Meister, daß auch -- Allerdings meine ich das und habe diesen Einwurf VIII. Spitze Bleiſtifte. Weitere Mittel gegen Reiſemüdigkeit. aufſucht und nicht heimkehrt, ohne etwas mitzubringen. Ichbleibe bei meiner Anſicht, daß wir ſchlechterdings eine Wahl treffen müſſen und nicht darauf ausgehen, unſre Aufmerkſam- keit allem Möglichen zuzuwenden; ferner, daß bei dieſer „Vielſeitigkeit“ die Gefahr, die ganze Arbeit den Beinen und Augen zu überlaſſen, allzunahe liegt. Um den Kopf mit in die Bundesgenoſſenſchaft zu ziehen, iſt endlich gerathen, fleißig den Bleiſtift und die Feder in die Hand zu nehmen (vergl. S. 60), nicht blos als Stütze für’s Gedächtniß, auch als Sporn für Auffaſſung und Beurtheilung. — Wenn ich nun aber gar nicht mit mir ſelber im Rei- — Im Gegentheil, den Bleiſtift müſſen Sie gleich und — Sie werden indeſſen doch zugeben, Meiſter, daß auch — Allerdings meine ich das und habe dieſen Einwurf <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0277" n="263"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">VIII.</hi> Spitze Bleiſtifte. Weitere Mittel gegen Reiſemüdigkeit.</fw><lb/> aufſucht und nicht heimkehrt, ohne etwas mitzubringen. Ich<lb/> bleibe bei meiner Anſicht, daß wir ſchlechterdings eine Wahl<lb/> treffen müſſen und nicht darauf ausgehen, unſre Aufmerkſam-<lb/> keit allem Möglichen zuzuwenden; ferner, daß bei dieſer<lb/> „Vielſeitigkeit“ die Gefahr, die ganze Arbeit den Beinen und<lb/> Augen zu überlaſſen, allzunahe liegt. Um den Kopf mit in<lb/> die Bundesgenoſſenſchaft zu ziehen, iſt endlich gerathen, fleißig<lb/> den Bleiſtift und die Feder in die Hand zu nehmen (vergl.<lb/> S. 60), nicht blos als Stütze für’s Gedächtniß, auch als<lb/> Sporn für Auffaſſung und Beurtheilung.</p><lb/> <p>— Wenn ich nun aber gar nicht mit mir ſelber im Rei-<lb/> nen bin, auf welche Dinge ich mein leibliches und geiſtiges<lb/> Auge zu richten habe, welche Specialität mir angemeſſen iſt,<lb/> thue ich dann nicht wenigſtens wohl, um zu prüfen, mit<lb/> mehrerlei gleichzeitig den Anfang zu machen? Soll ich fer-<lb/> ner mit dem läſtigen, zeitraubenden Aufzeichnen nicht lieber<lb/> warten, bis ich etwas Müdigkeit und Stumpfheit fühle, alſo<lb/> des Sporns bedarf?</p><lb/> <p>— Im Gegentheil, den Bleiſtift müſſen Sie gleich und<lb/> oft von Neuem ſpitzen und ſtumpf ſchreiben, damit Sie nicht<lb/> ſelbſt ſtumpf werden. Sind Sie’s erſt einmal, ſo ſtachelt Sie<lb/> der Griffel nicht ſo leicht zur Lebhaftigkeit zurück. Mit zwei,<lb/> drei, vier Beſonderheiten beginnen Sie meinethalben, je eher<lb/> aber Eine die übrigen zurückdrängt, Sie packt und fortreißt,<lb/> um ſo beſſer für Sie und ſie.</p><lb/> <p>— Sie werden indeſſen doch zugeben, Meiſter, daß auch<lb/> Jemand, der einen für ihn vollkommen paſſenden Gegenſtand<lb/> gefunden hat und ſich darin befriedigt fühlt, dennoch nicht<lb/> ganz und gar in ihm aufgehen kann und ſoll, theils weil Jeder<lb/> eines gewiſſen Maßes von Abwechslung bedarf, theils weil<lb/> er noch andere, allgemeine geiſtige Bedürfniſſe hat? —</p><lb/> <p>— Allerdings meine ich das und habe dieſen Einwurf<lb/> längſt erwartet. Wie Alles im Leben ſeine Zeit hat und ha-<lb/> ben muß, wie die Tages- und Jahreszeiten wechſeln, in<lb/> Kleidertrachten, Eſſen und Trinken, Ruhe und Thätigkeit,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [263/0277]
VIII. Spitze Bleiſtifte. Weitere Mittel gegen Reiſemüdigkeit.
aufſucht und nicht heimkehrt, ohne etwas mitzubringen. Ich
bleibe bei meiner Anſicht, daß wir ſchlechterdings eine Wahl
treffen müſſen und nicht darauf ausgehen, unſre Aufmerkſam-
keit allem Möglichen zuzuwenden; ferner, daß bei dieſer
„Vielſeitigkeit“ die Gefahr, die ganze Arbeit den Beinen und
Augen zu überlaſſen, allzunahe liegt. Um den Kopf mit in
die Bundesgenoſſenſchaft zu ziehen, iſt endlich gerathen, fleißig
den Bleiſtift und die Feder in die Hand zu nehmen (vergl.
S. 60), nicht blos als Stütze für’s Gedächtniß, auch als
Sporn für Auffaſſung und Beurtheilung.
— Wenn ich nun aber gar nicht mit mir ſelber im Rei-
nen bin, auf welche Dinge ich mein leibliches und geiſtiges
Auge zu richten habe, welche Specialität mir angemeſſen iſt,
thue ich dann nicht wenigſtens wohl, um zu prüfen, mit
mehrerlei gleichzeitig den Anfang zu machen? Soll ich fer-
ner mit dem läſtigen, zeitraubenden Aufzeichnen nicht lieber
warten, bis ich etwas Müdigkeit und Stumpfheit fühle, alſo
des Sporns bedarf?
— Im Gegentheil, den Bleiſtift müſſen Sie gleich und
oft von Neuem ſpitzen und ſtumpf ſchreiben, damit Sie nicht
ſelbſt ſtumpf werden. Sind Sie’s erſt einmal, ſo ſtachelt Sie
der Griffel nicht ſo leicht zur Lebhaftigkeit zurück. Mit zwei,
drei, vier Beſonderheiten beginnen Sie meinethalben, je eher
aber Eine die übrigen zurückdrängt, Sie packt und fortreißt,
um ſo beſſer für Sie und ſie.
— Sie werden indeſſen doch zugeben, Meiſter, daß auch
Jemand, der einen für ihn vollkommen paſſenden Gegenſtand
gefunden hat und ſich darin befriedigt fühlt, dennoch nicht
ganz und gar in ihm aufgehen kann und ſoll, theils weil Jeder
eines gewiſſen Maßes von Abwechslung bedarf, theils weil
er noch andere, allgemeine geiſtige Bedürfniſſe hat? —
— Allerdings meine ich das und habe dieſen Einwurf
längſt erwartet. Wie Alles im Leben ſeine Zeit hat und ha-
ben muß, wie die Tages- und Jahreszeiten wechſeln, in
Kleidertrachten, Eſſen und Trinken, Ruhe und Thätigkeit,
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