Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869.II. Reisehandbücher -- Reisepläne -- Stadtpläne. seiner harren, die Fassung kaum verlieren. Lassen wir ihnimmerhin nach diesem oder jenem Buche seine Marschroute nehmen, er wird sich doch "famos amüsiren". Weit wichtiger für ihn ist der Geldpunkt, aber gerade da scheint sich ein Rechenfehler bei dem obengedachten Schriftsteller eingeschlichen zu haben. Er sagt nämlich: "Kein Verfärben der Wahrheit, keine patriotische Sentimentalität vermögen in mir die Ueber- zeugung abzuschwächen, daß, wer die Schweiz noch nicht ge- sehen, vier Wochen freie Zeit und (als Fußwanderer) 250 Franken in der Tasche hat, weitaus nichts Vernünftigeres thun kann, als sich nach dem berner Oberland und dem was daran hängt, aufzumachen." Gewiß, die Schweiz ist reicher als irgend ein anderes Alpengebiet an landschaftlich Schönem, Alles liegt nahe zusammen und ist malerisch gruppirt, dazu bietet sie Preiswürdigeres in Verpflegung und sonstigen touristi- schen Einrichtungen, bessere Führer, größere Auswahl an- regender Reisegesellschaft, unter den Ansässigen findet man mehr Intelligenz und Anstelligkeit, weniger Schwerfälligkeit; nur muß ich bezweifeln, daß ein "Neuling" im Stande sein dürfte, mit 250 Franken vier Wochen im berner Oberlande zu wandern, denn er würde es in hergebrachter Weise machen, und schwerlich mit neun Franken täglich auskommen. Um das arme junge Blut aus seiner Verlegenheit zu reißen, wer- den ihm im VI. Capitel einige Winke gegeben. Uebrigens würde ich jungen Leuten, welche einige Aussicht auf wieder- holte Reisen haben, rathen, nicht zuerst die Alpen zu be- suchen, sondern sich vorläufig mit einem der nächstliegenden Mittelgebirge oder Flußgebiete zu begnügen, nach Grund- sätzen, welche uns noch öfter Stoff zu Betrachtungen geben werden. Und nun hofft unsre Reiseschule bei den Herren Ver- II. Reiſehandbücher — Reiſepläne — Stadtpläne. ſeiner harren, die Faſſung kaum verlieren. Laſſen wir ihnimmerhin nach dieſem oder jenem Buche ſeine Marſchroute nehmen, er wird ſich doch „famos amüſiren“. Weit wichtiger für ihn iſt der Geldpunkt, aber gerade da ſcheint ſich ein Rechenfehler bei dem obengedachten Schriftſteller eingeſchlichen zu haben. Er ſagt nämlich: „Kein Verfärben der Wahrheit, keine patriotiſche Sentimentalität vermögen in mir die Ueber- zeugung abzuſchwächen, daß, wer die Schweiz noch nicht ge- ſehen, vier Wochen freie Zeit und (als Fußwanderer) 250 Franken in der Taſche hat, weitaus nichts Vernünftigeres thun kann, als ſich nach dem berner Oberland und dem was daran hängt, aufzumachen.“ Gewiß, die Schweiz iſt reicher als irgend ein anderes Alpengebiet an landſchaftlich Schönem, Alles liegt nahe zuſammen und iſt maleriſch gruppirt, dazu bietet ſie Preiswürdigeres in Verpflegung und ſonſtigen touriſti- ſchen Einrichtungen, beſſere Führer, größere Auswahl an- regender Reiſegeſellſchaft, unter den Anſäſſigen findet man mehr Intelligenz und Anſtelligkeit, weniger Schwerfälligkeit; nur muß ich bezweifeln, daß ein „Neuling“ im Stande ſein dürfte, mit 250 Franken vier Wochen im berner Oberlande zu wandern, denn er würde es in hergebrachter Weiſe machen, und ſchwerlich mit neun Franken täglich auskommen. Um das arme junge Blut aus ſeiner Verlegenheit zu reißen, wer- den ihm im VI. Capitel einige Winke gegeben. Uebrigens würde ich jungen Leuten, welche einige Ausſicht auf wieder- holte Reiſen haben, rathen, nicht zuerſt die Alpen zu be- ſuchen, ſondern ſich vorläufig mit einem der nächſtliegenden Mittelgebirge oder Flußgebiete zu begnügen, nach Grund- ſätzen, welche uns noch öfter Stoff zu Betrachtungen geben werden. Und nun hofft unſre Reiſeſchule bei den Herren Ver- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0026" n="12"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">II.</hi> Reiſehandbücher — Reiſepläne — Stadtpläne.</fw><lb/> ſeiner harren, die Faſſung kaum verlieren. Laſſen wir ihn<lb/> immerhin nach dieſem oder jenem Buche ſeine Marſchroute<lb/> nehmen, er wird ſich doch „famos amüſiren“. Weit wichtiger<lb/> für ihn iſt der Geldpunkt, aber gerade da ſcheint ſich ein<lb/> Rechenfehler bei dem obengedachten Schriftſteller eingeſchlichen<lb/> zu haben. 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II. Reiſehandbücher — Reiſepläne — Stadtpläne.
ſeiner harren, die Faſſung kaum verlieren. Laſſen wir ihn
immerhin nach dieſem oder jenem Buche ſeine Marſchroute
nehmen, er wird ſich doch „famos amüſiren“. Weit wichtiger
für ihn iſt der Geldpunkt, aber gerade da ſcheint ſich ein
Rechenfehler bei dem obengedachten Schriftſteller eingeſchlichen
zu haben. Er ſagt nämlich: „Kein Verfärben der Wahrheit,
keine patriotiſche Sentimentalität vermögen in mir die Ueber-
zeugung abzuſchwächen, daß, wer die Schweiz noch nicht ge-
ſehen, vier Wochen freie Zeit und (als Fußwanderer)
250 Franken in der Taſche hat, weitaus nichts Vernünftigeres
thun kann, als ſich nach dem berner Oberland und dem was
daran hängt, aufzumachen.“ Gewiß, die Schweiz iſt reicher
als irgend ein anderes Alpengebiet an landſchaftlich Schönem,
Alles liegt nahe zuſammen und iſt maleriſch gruppirt, dazu
bietet ſie Preiswürdigeres in Verpflegung und ſonſtigen touriſti-
ſchen Einrichtungen, beſſere Führer, größere Auswahl an-
regender Reiſegeſellſchaft, unter den Anſäſſigen findet man
mehr Intelligenz und Anſtelligkeit, weniger Schwerfälligkeit;
nur muß ich bezweifeln, daß ein „Neuling“ im Stande ſein
dürfte, mit 250 Franken vier Wochen im berner Oberlande
zu wandern, denn er würde es in hergebrachter Weiſe machen,
und ſchwerlich mit neun Franken täglich auskommen. Um
das arme junge Blut aus ſeiner Verlegenheit zu reißen, wer-
den ihm im VI. Capitel einige Winke gegeben. Uebrigens
würde ich jungen Leuten, welche einige Ausſicht auf wieder-
holte Reiſen haben, rathen, nicht zuerſt die Alpen zu be-
ſuchen, ſondern ſich vorläufig mit einem der nächſtliegenden
Mittelgebirge oder Flußgebiete zu begnügen, nach Grund-
ſätzen, welche uns noch öfter Stoff zu Betrachtungen geben
werden.
Und nun hofft unſre Reiſeſchule bei den Herren Ver-
faſſern von Reiſehandbüchern, für die ſie ſoeben eine Lanze
gebrochen, geneigtes Ohr für ein paar Anträge zu finden.
Die Stadtpläne, denen im Buche nur eine einfache oder
doppelte Seite gewidmet iſt, ſollten nicht in alter Weiſe ein-
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