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Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869.

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VIII. Praktische Dinge -- Gesichtspunkte -- Beiläufigkeiten.
touristischen Bedürfnisse der Curgäste einer eingehenden Be-
handlung gewürdigt worden. Was mag die Ursache sein?
Ich fand keine andere Erklärung als die: nur Vielgereiste
haben die hierzu nöthige Erfahrung gesammelt, diese geben
sich aber entweder nicht mit Bücherschreiben ab, oder verfolgen
nur wissenschaftliche, künstlerische, ästhetische, belletristische
Zwecke und verschmähen es, über "praktische Dinge" zu
schreiben, haben auch in der Regel weder Geduld noch Auge
dafür, vielmehr als Gelehrte, Künstler, Dichter das Recht,
unpraktisch zu sein. Wie sind nun wohl, fragte ich mich
weiter, alle jene anspruchsvollen, verwöhnten, ungeduldigen
Herren und Damen zu gewinnen? -- Alle? Unmöglich!
Da fiel mir zur rechten Zeit Euer Dichterwort ein:

Kannst du nicht Allen gefallen durch deine That und dein Kunstwerk,
Mach' es Wenigen recht. Vielen gefallen ist schlimm.

und wies den Weg, wenn es sich hier auch nicht um ein
Kunstwerk, nur um ein kleines Buch handelt. "Wer Vieles
bringt, wird Vielen Etwas bringen" und unter den Vielen
werden hoffentlich Einige sein, denen das, was wir ihnen
bringen, nützt, vielleicht auch Unterhaltung gewährt. Suchen
wir denn also vor den Augen einiger Weniger Gnade zu
finden. Bei Vornehmen, bis hinauf zu Ministern und
Fürsten, ist am leichtesten etwas zu erreichen, wenn alle Can-
didaten- und Magistermanieren vermieden werden, die An-
gelegenheit nicht mit Wichtigkeit und Ernst behandelt wird,
sondern nur beiläufig einfließt, z. B. in ein Gespräch über
Küche und Keller, oder auf der Promenade, am sichersten,
wenn ein Kammerdiener beim An- und Auskleiden es vor-
trägt. Wissen Sie was? Lassen wir unsren Ulysses seine
Laufbahn wie Rousseau als Diener antreten, nebenbei
mag er sich als Küchengehilfe und in sonstigen Geschäften
nützlich machen, vielleicht steigt er dann zu höheren Posten
auf, wird Haushofmeister, Vertrauter, Factotum. Zunächst
spiele er die Rolle eines jener jocosen Diener, die in der

VIII. Praktiſche Dinge — Geſichtspunkte — Beiläufigkeiten.
touriſtiſchen Bedürfniſſe der Curgäſte einer eingehenden Be-
handlung gewürdigt worden. Was mag die Urſache ſein?
Ich fand keine andere Erklärung als die: nur Vielgereiſte
haben die hierzu nöthige Erfahrung geſammelt, dieſe geben
ſich aber entweder nicht mit Bücherſchreiben ab, oder verfolgen
nur wiſſenſchaftliche, künſtleriſche, äſthetiſche, belletriſtiſche
Zwecke und verſchmähen es, über „praktiſche Dinge“ zu
ſchreiben, haben auch in der Regel weder Geduld noch Auge
dafür, vielmehr als Gelehrte, Künſtler, Dichter das Recht,
unpraktiſch zu ſein. Wie ſind nun wohl, fragte ich mich
weiter, alle jene anſpruchsvollen, verwöhnten, ungeduldigen
Herren und Damen zu gewinnen? — Alle? Unmöglich!
Da fiel mir zur rechten Zeit Euer Dichterwort ein:

Kannſt du nicht Allen gefallen durch deine That und dein Kunſtwerk,
Mach’ es Wenigen recht. Vielen gefallen iſt ſchlimm.

und wies den Weg, wenn es ſich hier auch nicht um ein
Kunſtwerk, nur um ein kleines Buch handelt. „Wer Vieles
bringt, wird Vielen Etwas bringen“ und unter den Vielen
werden hoffentlich Einige ſein, denen das, was wir ihnen
bringen, nützt, vielleicht auch Unterhaltung gewährt. Suchen
wir denn alſo vor den Augen einiger Weniger Gnade zu
finden. Bei Vornehmen, bis hinauf zu Miniſtern und
Fürſten, iſt am leichteſten etwas zu erreichen, wenn alle Can-
didaten- und Magiſtermanieren vermieden werden, die An-
gelegenheit nicht mit Wichtigkeit und Ernſt behandelt wird,
ſondern nur beiläufig einfließt, z. B. in ein Geſpräch über
Küche und Keller, oder auf der Promenade, am ſicherſten,
wenn ein Kammerdiener beim An- und Auskleiden es vor-
trägt. Wiſſen Sie was? Laſſen wir unſren Ulyſſes ſeine
Laufbahn wie Rouſſeau als Diener antreten, nebenbei
mag er ſich als Küchengehilfe und in ſonſtigen Geſchäften
nützlich machen, vielleicht ſteigt er dann zu höheren Poſten
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[238/0252] VIII. Praktiſche Dinge — Geſichtspunkte — Beiläufigkeiten. touriſtiſchen Bedürfniſſe der Curgäſte einer eingehenden Be- handlung gewürdigt worden. Was mag die Urſache ſein? Ich fand keine andere Erklärung als die: nur Vielgereiſte haben die hierzu nöthige Erfahrung geſammelt, dieſe geben ſich aber entweder nicht mit Bücherſchreiben ab, oder verfolgen nur wiſſenſchaftliche, künſtleriſche, äſthetiſche, belletriſtiſche Zwecke und verſchmähen es, über „praktiſche Dinge“ zu ſchreiben, haben auch in der Regel weder Geduld noch Auge dafür, vielmehr als Gelehrte, Künſtler, Dichter das Recht, unpraktiſch zu ſein. Wie ſind nun wohl, fragte ich mich weiter, alle jene anſpruchsvollen, verwöhnten, ungeduldigen Herren und Damen zu gewinnen? — Alle? Unmöglich! Da fiel mir zur rechten Zeit Euer Dichterwort ein: Kannſt du nicht Allen gefallen durch deine That und dein Kunſtwerk, Mach’ es Wenigen recht. Vielen gefallen iſt ſchlimm. und wies den Weg, wenn es ſich hier auch nicht um ein Kunſtwerk, nur um ein kleines Buch handelt. „Wer Vieles bringt, wird Vielen Etwas bringen“ und unter den Vielen werden hoffentlich Einige ſein, denen das, was wir ihnen bringen, nützt, vielleicht auch Unterhaltung gewährt. Suchen wir denn alſo vor den Augen einiger Weniger Gnade zu finden. Bei Vornehmen, bis hinauf zu Miniſtern und Fürſten, iſt am leichteſten etwas zu erreichen, wenn alle Can- didaten- und Magiſtermanieren vermieden werden, die An- gelegenheit nicht mit Wichtigkeit und Ernſt behandelt wird, ſondern nur beiläufig einfließt, z. B. in ein Geſpräch über Küche und Keller, oder auf der Promenade, am ſicherſten, wenn ein Kammerdiener beim An- und Auskleiden es vor- trägt. Wiſſen Sie was? Laſſen wir unſren Ulyſſes ſeine Laufbahn wie Rouſſeau als Diener antreten, nebenbei mag er ſich als Küchengehilfe und in ſonſtigen Geſchäften nützlich machen, vielleicht ſteigt er dann zu höheren Poſten auf, wird Haushofmeiſter, Vertrauter, Factotum. Zunächſt ſpiele er die Rolle eines jener jocoſen Diener, die in der

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Zitationshilfe: Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/michelis_reiseschule_1869/252>, abgerufen am 28.11.2024.