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Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869.

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VII. Anknüpfungen -- Hindernisse -- Mimosennaturen -- Musterung.
Ebenbürtige und Ueberlegene antreffen, um so mehr aber
auch, wenn es glückt, Freude und Anregung daraus schöpfen.
Und so wenig ich wünsche, daß an Geist und Kenntnissen mir
Ueberlegene deshalb mir fern bleiben, so wenig darf ich nach
unten hin abwehrend sein.

Warum wohl mögen Viele nicht den ersten Schritt thun?
Blicken wir doch zurück in unsre Erinnerung und entnehmen
ihr eine Anzahl Fälle, um sie zu prüfen.

Da ist Einer zu bescheiden, um mich anzureden, weil ich
zehn Jahr älter als er aussehe oder mein Aeußeres eine
höhere gesellschaftliche Stellung anzudeuten scheint, und er
besorgt, kurzerhand abgefertigt zu werden; beim Zweiten ist
es umgekehrt, er fürchtet, seinem Range, den er höher als
meinen schätzt, dadurch zu vergeben; der Dritte, Jüngling
noch an Jahren und Knabe an Erfahrung, hat in einem
Buche eine Warnung vor dem Anschluß an den ersten Besten
gelesen, weil er ein Gauner sein könnte; der Vierte ist zu
bequem; der Fünfte zu unbeholfen; der Sechste bringt aus
der Heimat, wo tausend Rücksichten obwalten, die Gewohn-
heit der Zurückhaltung mit, ohne sich über das Warum
Rechenschaft zu geben, oder gehört unter die Mimosennaturen,
die jede Annäherung zuerst erschreckt, die alle Berührungen
mit Fremden scheuen, um nur jede unsanfte sicher zu ver-
meiden. Jeder von diesen hat aber vielleicht Eigenschaften,
die im gegebenen Falle mir seine und ihm meine Gesellschaft
annehmbar machen. Soll ich nun auch mir Zurückhaltung
auferlegen? Nummer Eins, Vier, Fünf und Sechs geben
bald zu erkennen, daß es ihnen lieb war, mich die Kosten des
ersten Schrittes übernehmen zu sehen, Zwei und Drei be-
lustigen mich zunächst durch ihre Vertheidigungsmaßregeln,
Drei capitulirt nach einiger Zeit, Graf Zwei dagegen (Schau-
platz ein Badeort) hält sich ritterlich und seine Antworten
so knapp als möglich, ohne geradezu unartig zu sein. So
plänkeln wir eine Weile, bis sich zeigt, daß auch ich mich für
Pferdezucht und Spanien interessire. Das veranlaßt ihn,

VII. Anknüpfungen — Hinderniſſe — Mimoſennaturen — Muſterung.
Ebenbürtige und Ueberlegene antreffen, um ſo mehr aber
auch, wenn es glückt, Freude und Anregung daraus ſchöpfen.
Und ſo wenig ich wünſche, daß an Geiſt und Kenntniſſen mir
Ueberlegene deshalb mir fern bleiben, ſo wenig darf ich nach
unten hin abwehrend ſein.

Warum wohl mögen Viele nicht den erſten Schritt thun?
Blicken wir doch zurück in unſre Erinnerung und entnehmen
ihr eine Anzahl Fälle, um ſie zu prüfen.

Da iſt Einer zu beſcheiden, um mich anzureden, weil ich
zehn Jahr älter als er ausſehe oder mein Aeußeres eine
höhere geſellſchaftliche Stellung anzudeuten ſcheint, und er
beſorgt, kurzerhand abgefertigt zu werden; beim Zweiten iſt
es umgekehrt, er fürchtet, ſeinem Range, den er höher als
meinen ſchätzt, dadurch zu vergeben; der Dritte, Jüngling
noch an Jahren und Knabe an Erfahrung, hat in einem
Buche eine Warnung vor dem Anſchluß an den erſten Beſten
geleſen, weil er ein Gauner ſein könnte; der Vierte iſt zu
bequem; der Fünfte zu unbeholfen; der Sechſte bringt aus
der Heimat, wo tauſend Rückſichten obwalten, die Gewohn-
heit der Zurückhaltung mit, ohne ſich über das Warum
Rechenſchaft zu geben, oder gehört unter die Mimoſennaturen,
die jede Annäherung zuerſt erſchreckt, die alle Berührungen
mit Fremden ſcheuen, um nur jede unſanfte ſicher zu ver-
meiden. Jeder von dieſen hat aber vielleicht Eigenſchaften,
die im gegebenen Falle mir ſeine und ihm meine Geſellſchaft
annehmbar machen. Soll ich nun auch mir Zurückhaltung
auferlegen? Nummer Eins, Vier, Fünf und Sechs geben
bald zu erkennen, daß es ihnen lieb war, mich die Koſten des
erſten Schrittes übernehmen zu ſehen, Zwei und Drei be-
luſtigen mich zunächſt durch ihre Vertheidigungsmaßregeln,
Drei capitulirt nach einiger Zeit, Graf Zwei dagegen (Schau-
platz ein Badeort) hält ſich ritterlich und ſeine Antworten
ſo knapp als möglich, ohne geradezu unartig zu ſein. So
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[217/0231] VII. Anknüpfungen — Hinderniſſe — Mimoſennaturen — Muſterung. Ebenbürtige und Ueberlegene antreffen, um ſo mehr aber auch, wenn es glückt, Freude und Anregung daraus ſchöpfen. Und ſo wenig ich wünſche, daß an Geiſt und Kenntniſſen mir Ueberlegene deshalb mir fern bleiben, ſo wenig darf ich nach unten hin abwehrend ſein. Warum wohl mögen Viele nicht den erſten Schritt thun? Blicken wir doch zurück in unſre Erinnerung und entnehmen ihr eine Anzahl Fälle, um ſie zu prüfen. Da iſt Einer zu beſcheiden, um mich anzureden, weil ich zehn Jahr älter als er ausſehe oder mein Aeußeres eine höhere geſellſchaftliche Stellung anzudeuten ſcheint, und er beſorgt, kurzerhand abgefertigt zu werden; beim Zweiten iſt es umgekehrt, er fürchtet, ſeinem Range, den er höher als meinen ſchätzt, dadurch zu vergeben; der Dritte, Jüngling noch an Jahren und Knabe an Erfahrung, hat in einem Buche eine Warnung vor dem Anſchluß an den erſten Beſten geleſen, weil er ein Gauner ſein könnte; der Vierte iſt zu bequem; der Fünfte zu unbeholfen; der Sechſte bringt aus der Heimat, wo tauſend Rückſichten obwalten, die Gewohn- heit der Zurückhaltung mit, ohne ſich über das Warum Rechenſchaft zu geben, oder gehört unter die Mimoſennaturen, die jede Annäherung zuerſt erſchreckt, die alle Berührungen mit Fremden ſcheuen, um nur jede unſanfte ſicher zu ver- meiden. Jeder von dieſen hat aber vielleicht Eigenſchaften, die im gegebenen Falle mir ſeine und ihm meine Geſellſchaft annehmbar machen. Soll ich nun auch mir Zurückhaltung auferlegen? Nummer Eins, Vier, Fünf und Sechs geben bald zu erkennen, daß es ihnen lieb war, mich die Koſten des erſten Schrittes übernehmen zu ſehen, Zwei und Drei be- luſtigen mich zunächſt durch ihre Vertheidigungsmaßregeln, Drei capitulirt nach einiger Zeit, Graf Zwei dagegen (Schau- platz ein Badeort) hält ſich ritterlich und ſeine Antworten ſo knapp als möglich, ohne geradezu unartig zu ſein. So plänkeln wir eine Weile, bis ſich zeigt, daß auch ich mich für Pferdezucht und Spanien intereſſire. Das veranlaßt ihn,

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Zitationshilfe: Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/michelis_reiseschule_1869/231>, abgerufen am 24.11.2024.