Michelet, Karl Ludwig: Die Lösung der gesellschaftlichen Frage. Frankfurt (Oder) u. a., 1849.Gewerbfleiß eines Volkes denken kann. Jst der Mensch aber nicht Das Mittel, dessen die Staatswirthschaft sich bedient, um Gewerbfleiß eines Volkes denken kann. Jſt der Menſch aber nicht Das Mittel, deſſen die Staatswirthſchaft ſich bedient, um <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0063" n="53"/> Gewerbfleiß eines Volkes denken kann. Jſt der Menſch aber nicht<lb/> durch Gewerbfleiß zu geiſtiger Entwickelung erzogen, ſo iſt auch<lb/> überhaupt kein Reiz zur Arbeit da. Jndem auf dieſe Weiſe die<lb/> Concurrenz grundſätzlich unzerſtörbar iſt, ſo iſt es nur ihre gegen-<lb/> wärtige Geſtalt, welche abgeſchafft werden muß, weil ſie in dieſer<lb/> ungerecht iſt und fremden Gewerbfleiß zerſtört; denn die Preis-<lb/> herabſetzung durch Concurrenz kommt nur dem Sieger zu Gute,<lb/> den Beſiegten läßt ſie ohne Arbeit. Hat der Reichere ſeinen Ne-<lb/> benbuhler aus dem Felde geſchlagen, ſo ſteigen die Preiſe wieder.<lb/> Aber weil das Verbrechen meiſt aus dem Elend entſpringt, ſo iſt<lb/> die Concurrenz für die Sicherheit des Reichen eben ſo nachtheilig<lb/> als für das Leben der Armen.</p><lb/> <p>Das Mittel, deſſen die Staatswirthſchaft ſich bedient, um<lb/> die Concurrenz umzugeſtalten, iſt ſchlimmer, als das Uebel, dem<lb/> abgeholfen werden ſoll. Der Sieger in der Concurrenz, derjenige,<lb/> welcher durch ſeine Erfindungskraft ſeinen Mitbewerbern voraus-<lb/> geeilt iſt, und den Gewerbfleiß auf eine höhere Stufe gebracht<lb/> hat, erhält ein <hi rendition="#g">Monopol</hi> für die Erfindung, die er gemacht hat.<lb/> Das Monopol, obgleich der Gegenſatz der Concurrenz, hat die<lb/> Concurrenz doch zu ſeinem nothwendigen Ausgangspunkte. Dieſe<lb/> Abſtammung des Monopols iſt ſchon ſeine Rechtfertigung; denn<lb/> die Concurrenz zerſtören, hieße die Geſellſchaft tödten. Durch das<lb/> Monopol erringt jede wetteifernde Perſönlichkeit einen feſten Platz.<lb/> Das Monopol iſt der Kampfpreis des Genie’s, der ſtärkſte Stachel<lb/> zu allen Fortſchritten: das Recht, ſeine Fähigkeiten zu verwenden<lb/> und davon den alleinigen Gewinn zu ziehen. Natürlich! Denn<lb/> alle Uebrigen mißtrauen noch den Erfindungen dieſes Genie’s,<lb/> und alles Falſche kann doch nicht auf Gefahr der Geſellſchaft,<lb/> ſondern immer nur des Erfinders ins Werk gerichtet werden.<lb/> Dieſer ſtellt in ſeiner Perſon für einen Augenblick die ganze Ge-<lb/> ſellſchaft dar, ſieht beſſer und weiter, als alle anderen Menſchen<lb/> zuſammen. Das Monopol beſteht von Natur und Menſchen<lb/> wegen; der eigenthümliche Charakter unſerer Arbeit giebt ihr erſt<lb/> ihren Werth. Das Monopol trägt zum Wachsthum des Wohl-<lb/> ſtands bei, zunächſt, indem es den allgemeinen Reichthum durch<lb/> die Vervollkommnung der Mittel erhöht, dann, indem es capita-<lb/> liſirt, d. h. indem es, als die Belohnungs-Krone des Producenten,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [53/0063]
Gewerbfleiß eines Volkes denken kann. Jſt der Menſch aber nicht
durch Gewerbfleiß zu geiſtiger Entwickelung erzogen, ſo iſt auch
überhaupt kein Reiz zur Arbeit da. Jndem auf dieſe Weiſe die
Concurrenz grundſätzlich unzerſtörbar iſt, ſo iſt es nur ihre gegen-
wärtige Geſtalt, welche abgeſchafft werden muß, weil ſie in dieſer
ungerecht iſt und fremden Gewerbfleiß zerſtört; denn die Preis-
herabſetzung durch Concurrenz kommt nur dem Sieger zu Gute,
den Beſiegten läßt ſie ohne Arbeit. Hat der Reichere ſeinen Ne-
benbuhler aus dem Felde geſchlagen, ſo ſteigen die Preiſe wieder.
Aber weil das Verbrechen meiſt aus dem Elend entſpringt, ſo iſt
die Concurrenz für die Sicherheit des Reichen eben ſo nachtheilig
als für das Leben der Armen.
Das Mittel, deſſen die Staatswirthſchaft ſich bedient, um
die Concurrenz umzugeſtalten, iſt ſchlimmer, als das Uebel, dem
abgeholfen werden ſoll. Der Sieger in der Concurrenz, derjenige,
welcher durch ſeine Erfindungskraft ſeinen Mitbewerbern voraus-
geeilt iſt, und den Gewerbfleiß auf eine höhere Stufe gebracht
hat, erhält ein Monopol für die Erfindung, die er gemacht hat.
Das Monopol, obgleich der Gegenſatz der Concurrenz, hat die
Concurrenz doch zu ſeinem nothwendigen Ausgangspunkte. Dieſe
Abſtammung des Monopols iſt ſchon ſeine Rechtfertigung; denn
die Concurrenz zerſtören, hieße die Geſellſchaft tödten. Durch das
Monopol erringt jede wetteifernde Perſönlichkeit einen feſten Platz.
Das Monopol iſt der Kampfpreis des Genie’s, der ſtärkſte Stachel
zu allen Fortſchritten: das Recht, ſeine Fähigkeiten zu verwenden
und davon den alleinigen Gewinn zu ziehen. Natürlich! Denn
alle Uebrigen mißtrauen noch den Erfindungen dieſes Genie’s,
und alles Falſche kann doch nicht auf Gefahr der Geſellſchaft,
ſondern immer nur des Erfinders ins Werk gerichtet werden.
Dieſer ſtellt in ſeiner Perſon für einen Augenblick die ganze Ge-
ſellſchaft dar, ſieht beſſer und weiter, als alle anderen Menſchen
zuſammen. Das Monopol beſteht von Natur und Menſchen
wegen; der eigenthümliche Charakter unſerer Arbeit giebt ihr erſt
ihren Werth. Das Monopol trägt zum Wachsthum des Wohl-
ſtands bei, zunächſt, indem es den allgemeinen Reichthum durch
die Vervollkommnung der Mittel erhöht, dann, indem es capita-
liſirt, d. h. indem es, als die Belohnungs-Krone des Producenten,
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