Michelet, Karl Ludwig: Die Lösung der gesellschaftlichen Frage. Frankfurt (Oder) u. a., 1849.derselben abgeschlagen hatte, wurde aus diesem Grunde am So sicher war die Rückschrittspartei, daß es zum Kampfe derſelben abgeſchlagen hatte, wurde aus dieſem Grunde am So ſicher war die Rückſchrittspartei, daß es zum Kampfe <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0024" n="14"/> derſelben abgeſchlagen hatte, wurde aus dieſem Grunde am<lb/> 11. November aufgelöſt, „um einem ſolchen die Ordnung gefährdenden<lb/> Streben ein Ziel zu ſetzen.‟ Und weil dieſer Grund doch gar<lb/> zu ſehr dem Geſetze, auf das man ſich berief, um ſie aufzulöſen,<lb/> zuwider war, wurde ſpäter ein noch lächerlicherer hinzugefügt, —<lb/> „damit nämlich bei einem entſtehenden Kampfe die guten Bürger,<lb/> welche mit den Waffen in der Hand den Soldaten zur Hülfe eilen<lb/> würden, nicht mit denjenigen verwechſelt würden, welche ſich den-<lb/> ſelben entgegenſetzen würden‟!</p><lb/> <p>So ſicher war die Rückſchrittspartei, daß es zum Kampfe<lb/> kommen würde, daß ſie ſich ſogar in ihren im Voraus gedruckten<lb/> Erlaſſen darauf bezogen hatte. Das Beiſpiel Wiens hat aber<lb/> die Bevölkerung Berlins vor dem Schickſale dieſer Stadt gewarnt.<lb/> Hätte ſich ein Kampf entſponnen, deſſen Ausgang unzweifelhaft<lb/> war, ſo galt Kriegsrecht und der Sieger hatte die im März ver-<lb/> lorene Schlacht wiedergewonnen. Die Garde, ſagte man, dür-<lb/> ſtete nach dem Augenblicke, dieſe Scharte auszuwetzen. Das<lb/> Berliner Volk wollte aber nicht einen brudermörderiſchen Kampf<lb/> eingehen, auf die Gefahr hin, der Feigheit bezüchtigt zu werden;<lb/> was auch in der That mehrfach geſchehen iſt. Die Blätter der<lb/> äußerſten Richtung drängten zwar immer auf dieſen Kampf hin,<lb/> verlangten Leichen für den Königlichen Aar, und ſahen darin die<lb/> Ehre des Königthums. Das Volk bewies aber am Beſten, daß<lb/> es die „rothe Republik‟ nicht wolle, indem es der „rothen Mo-<lb/> narchie‟ keine Gelegenheit gab, ſich zu bethätigen. Das Volk<lb/> ſtellte ſich auf den Rechtsboden, den das Miniſterium zu verlaſſen<lb/> anfing; und dieſes trat in die Fußſtapfen der von ihm bekämpf-<lb/> ten „anarchiſchen Partei‟, indem es die Gewalt an die Stelle<lb/> des Rechts ſetzte. Daß dieſe Rechtsverletzung eine Rothwendig-<lb/> keit war, muß durchaus geläugnet werden, indem mir ſcheint, daß<lb/> die Befürchtung des Freiſtaats, die zum Grund der immer ſtei-<lb/> genden Gewaltmaßregeln gemacht wurde, eben durch das Feſthal-<lb/> ten des Rechtsbodens am ſicherſten entfernt wurde (denn die<lb/> Krone ſtand unbezweifelt auf dem Rechtsboden), während die Be-<lb/> rufung auf die rohe Gewalt vielmehr alle Rechtsverhältniſſe in<lb/> Frage zu ſtellen droht und die Gewalt an die Stelle des Rechts<lb/> ſetzt. Es gab geſetzmäßigere Mittel, um die Wiederkehr aufrüh-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [14/0024]
derſelben abgeſchlagen hatte, wurde aus dieſem Grunde am
11. November aufgelöſt, „um einem ſolchen die Ordnung gefährdenden
Streben ein Ziel zu ſetzen.‟ Und weil dieſer Grund doch gar
zu ſehr dem Geſetze, auf das man ſich berief, um ſie aufzulöſen,
zuwider war, wurde ſpäter ein noch lächerlicherer hinzugefügt, —
„damit nämlich bei einem entſtehenden Kampfe die guten Bürger,
welche mit den Waffen in der Hand den Soldaten zur Hülfe eilen
würden, nicht mit denjenigen verwechſelt würden, welche ſich den-
ſelben entgegenſetzen würden‟!
So ſicher war die Rückſchrittspartei, daß es zum Kampfe
kommen würde, daß ſie ſich ſogar in ihren im Voraus gedruckten
Erlaſſen darauf bezogen hatte. Das Beiſpiel Wiens hat aber
die Bevölkerung Berlins vor dem Schickſale dieſer Stadt gewarnt.
Hätte ſich ein Kampf entſponnen, deſſen Ausgang unzweifelhaft
war, ſo galt Kriegsrecht und der Sieger hatte die im März ver-
lorene Schlacht wiedergewonnen. Die Garde, ſagte man, dür-
ſtete nach dem Augenblicke, dieſe Scharte auszuwetzen. Das
Berliner Volk wollte aber nicht einen brudermörderiſchen Kampf
eingehen, auf die Gefahr hin, der Feigheit bezüchtigt zu werden;
was auch in der That mehrfach geſchehen iſt. Die Blätter der
äußerſten Richtung drängten zwar immer auf dieſen Kampf hin,
verlangten Leichen für den Königlichen Aar, und ſahen darin die
Ehre des Königthums. Das Volk bewies aber am Beſten, daß
es die „rothe Republik‟ nicht wolle, indem es der „rothen Mo-
narchie‟ keine Gelegenheit gab, ſich zu bethätigen. Das Volk
ſtellte ſich auf den Rechtsboden, den das Miniſterium zu verlaſſen
anfing; und dieſes trat in die Fußſtapfen der von ihm bekämpf-
ten „anarchiſchen Partei‟, indem es die Gewalt an die Stelle
des Rechts ſetzte. Daß dieſe Rechtsverletzung eine Rothwendig-
keit war, muß durchaus geläugnet werden, indem mir ſcheint, daß
die Befürchtung des Freiſtaats, die zum Grund der immer ſtei-
genden Gewaltmaßregeln gemacht wurde, eben durch das Feſthal-
ten des Rechtsbodens am ſicherſten entfernt wurde (denn die
Krone ſtand unbezweifelt auf dem Rechtsboden), während die Be-
rufung auf die rohe Gewalt vielmehr alle Rechtsverhältniſſe in
Frage zu ſtellen droht und die Gewalt an die Stelle des Rechts
ſetzt. Es gab geſetzmäßigere Mittel, um die Wiederkehr aufrüh-
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