Michelet, Karl Ludwig: Die Lösung der gesellschaftlichen Frage. Frankfurt (Oder) u. a., 1849.halten jederlei Handwerker von fünfzehn Professoren unentgeltlichen Die verschiedenen Lehrerstufen bilden freie Vereine, welche halten jederlei Handwerker von fünfzehn Profeſſoren unentgeltlichen Die verſchiedenen Lehrerſtufen bilden freie Vereine, welche <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0131" n="121"/> halten jederlei Handwerker von fünfzehn Profeſſoren unentgeltlichen<lb/> Unterricht in der Geometrie, Mechanik, Chemie, Oekonomie, Ge-<lb/> ſetzgebung, im Maſchinen-Zeichnen u. ſ. w. Jn Amerika wird die<lb/> Erziehung der Jugend noch ausdrücklich fortgeſetzt, wenn ſie auch<lb/> ſchon in Fabriken arbeitet. Jn den Fabriken von <hi rendition="#g">Lowell</hi> z. B.<lb/> arbeiten die Mädchen vier Jahre, bekommen dabei, außer den Ar-<lb/> beitsſtunden, eine gute Erziehung, Unterricht, und ſammeln ſich<lb/> durch ihren Fleiß ein kleines Capital, was ihnen aufbewahrt wird.<lb/> Nach der Zeit kehren ſie zu ihren Eltern gebildeter zurück, als ſie<lb/> gekommen waren, während in Europa die Sittlichkeit oft durch<lb/> einen ſolchen Aufenthalt in einer Fabrik ſehr leidet. So kommt<lb/> es, daß ſolche Mädchen von heirathsluſtigen Männern ſehr ge-<lb/> ſucht werden. Der Handwerkerverein, wie er in Berlin beſteht,<lb/> ſchweift ſchon von einem Verein für die Ausbildung des ſittlichen<lb/> und wiſſenſchaftlichen Lebens in die Gliederung des Genuſſes im<lb/> geſelligen Leben über. Endlich ſchließen ſich hieran <hi rendition="#g">Kreis-Bi-<lb/> bliotheken, öffentliche Vorträge vor gemiſchten Zuhö-<lb/> rern, Verbreitung von Volksbüchern</hi> u. ſ. w.</p><lb/> <p>Die verſchiedenen Lehrerſtufen bilden freie Vereine, welche<lb/> nicht in Abhängigkeit von der ausübenden Gewalt ſind, ſondern<lb/> von ihren Standesgleichen vorgeſchlagen und gewählt, von den<lb/> betreffenden Räthen beſtätigt, von Beiden in ihren Rechten und<lb/> ihrem leiblichen Daſein geſchützt werden. Die Anſtalten ſind mit<lb/> Geldmitteln gehörig verſehen, und wenn für die jüngeren Lehrer<lb/> der Hochſchulen, die ſich erſt zu bewähren haben, die Concur-<lb/> renz beim Ehrenſolde die einzige Verwerthung ihrer Arbeit iſt, ſo<lb/> kann dem bewährten Verdienſt wohl auch eine über der Concur-<lb/> renz geſichertere Stellung durch ein feſtes Gehalt eingeräumt wer-<lb/> den. Der Beamten-Charakter, der eben die Knechtung der Lehrer<lb/> macht, muß aber jedenfalls zurücktreten; ſie verdanken ihre Stel-<lb/> lung, außer ihren Fähigkeiten nur ihrem Vereine, ihrer Anſtalt,<lb/> den von ihnen ſelbſt gewählten Räthen. Und wie ſie ſich ſo den<lb/> übrigen Arbeitern nähern, ſo iſt die Aufgabe, dieſe wiederum jenen<lb/> entgegen zu heben. Wenn der Werth der Arbeit feſtſteht, hat<lb/> jeder Arbeiter ſo gut ein feſtes Gehalt, als der Profeſſor. Alle<lb/> Arbeiter ſind Geſellſchaftsbeamte. Und nur die Miniſter und deren<lb/> Gehülfen, die unmittelbaren Rathgeber der ausübenden Gewalt,<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [121/0131]
halten jederlei Handwerker von fünfzehn Profeſſoren unentgeltlichen
Unterricht in der Geometrie, Mechanik, Chemie, Oekonomie, Ge-
ſetzgebung, im Maſchinen-Zeichnen u. ſ. w. Jn Amerika wird die
Erziehung der Jugend noch ausdrücklich fortgeſetzt, wenn ſie auch
ſchon in Fabriken arbeitet. Jn den Fabriken von Lowell z. B.
arbeiten die Mädchen vier Jahre, bekommen dabei, außer den Ar-
beitsſtunden, eine gute Erziehung, Unterricht, und ſammeln ſich
durch ihren Fleiß ein kleines Capital, was ihnen aufbewahrt wird.
Nach der Zeit kehren ſie zu ihren Eltern gebildeter zurück, als ſie
gekommen waren, während in Europa die Sittlichkeit oft durch
einen ſolchen Aufenthalt in einer Fabrik ſehr leidet. So kommt
es, daß ſolche Mädchen von heirathsluſtigen Männern ſehr ge-
ſucht werden. Der Handwerkerverein, wie er in Berlin beſteht,
ſchweift ſchon von einem Verein für die Ausbildung des ſittlichen
und wiſſenſchaftlichen Lebens in die Gliederung des Genuſſes im
geſelligen Leben über. Endlich ſchließen ſich hieran Kreis-Bi-
bliotheken, öffentliche Vorträge vor gemiſchten Zuhö-
rern, Verbreitung von Volksbüchern u. ſ. w.
Die verſchiedenen Lehrerſtufen bilden freie Vereine, welche
nicht in Abhängigkeit von der ausübenden Gewalt ſind, ſondern
von ihren Standesgleichen vorgeſchlagen und gewählt, von den
betreffenden Räthen beſtätigt, von Beiden in ihren Rechten und
ihrem leiblichen Daſein geſchützt werden. Die Anſtalten ſind mit
Geldmitteln gehörig verſehen, und wenn für die jüngeren Lehrer
der Hochſchulen, die ſich erſt zu bewähren haben, die Concur-
renz beim Ehrenſolde die einzige Verwerthung ihrer Arbeit iſt, ſo
kann dem bewährten Verdienſt wohl auch eine über der Concur-
renz geſichertere Stellung durch ein feſtes Gehalt eingeräumt wer-
den. Der Beamten-Charakter, der eben die Knechtung der Lehrer
macht, muß aber jedenfalls zurücktreten; ſie verdanken ihre Stel-
lung, außer ihren Fähigkeiten nur ihrem Vereine, ihrer Anſtalt,
den von ihnen ſelbſt gewählten Räthen. Und wie ſie ſich ſo den
übrigen Arbeitern nähern, ſo iſt die Aufgabe, dieſe wiederum jenen
entgegen zu heben. Wenn der Werth der Arbeit feſtſteht, hat
jeder Arbeiter ſo gut ein feſtes Gehalt, als der Profeſſor. Alle
Arbeiter ſind Geſellſchaftsbeamte. Und nur die Miniſter und deren
Gehülfen, die unmittelbaren Rathgeber der ausübenden Gewalt,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |