Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Michelet, Karl Ludwig: Die Lösung der gesellschaftlichen Frage. Frankfurt (Oder) u. a., 1849.

Bild:
<< vorherige Seite

durch Geld. Als die höchste Spitze dieses Kleinhandels innerhalb
derselben Gemeinde schlug Proudhon dann später eine Volks-
bank
vor, in die jeder Arbeiter sein Tages- und Wochenlohn
werfen soll, um dafür Scheine zu bekommen, mittelst deren er alle
Lebensbedürfnisse zu zahlen im Stande ist. Bäcker, Schuhmacher,
Schneider und Hauseigenthümer würden diese Scheine mit Ver-
gnügen annehmen und die Kasse jährlich einen Nutzen von meh-
reren Millionen Franken erzielen.

Wie der Einzelne, so wird zweitens jede Genossenschaft der
Arbeiter Handelsmann. Es werden Waarenhallen der Ge-
werke, Hallen des Gewerbfleißes zum Verkauf der Gewerbs-
erzeugnisse
eingerichtet. Die Verkäufer sind die Beamten des
Vereins, welche aus dem Handelsstande auf dem Wege des freien
Vereins herzugezogen werden müssen. Der Verein leistet Ge-
währ für gute Waare, und wird daher auch den entsprechenden
Lohn geben können. Dem Schwanken der Preise werden schon dadurch
Schranken gesetzt. Die Halle verkauft zu festen Preisen, wenn
auch etwas theurer. Die kleinen Handwerker sparen die Miethe
für eine eigene Verkaufshalle. Die Kosten einer solchen Waaren-
halle werden durch einen kleinen Abzug an den Beträgen der ver-
kauften Waaren gedeckt. Solche Waarenhallen haben sich in
Mannheim und Wiesbaden als ausgezeichnet vortheilhaft bewährt,
und man betrachtet dieselben dort mit Recht als einen großen
Hebel der Gewerbe. Daran schließen sich jährliche Gewerbe-
ausstellungen
mit Preisen für die besten Arbeiten.

Endlich ist der Kaufmann, oder eine Handelsgesellschaft
gewissermaßen die Spitze der gewerblichen Thätigkeit, indem der
Handelsstand wieder sich mit allen Arbeiterzweigen, dem Ackerbau
und den Gewerben auf Rechnung vergesellschaftet, und durch
eigene, von den Arbeiterräthen unterstützte Auskunftschaftung das
Commissionsgeschäft, wie bei der Gemeindebank im Kleinen,
so jetzt im Großen für die Erzeugnisse ganzer Kreise, Staaten
und des Erdballs unternimmt, und die Provision als den Werth
seiner Arbeit beansprucht.

Was von der Theilung der Arbeit gesagt ist, gilt auch von
der Maschine: sie muß ebenso, wie jene, nicht nur dem Ca-
pital, sondern auch der Arbeit zu Gute kommen. Die kleinen

durch Geld. Als die höchſte Spitze dieſes Kleinhandels innerhalb
derſelben Gemeinde ſchlug Proudhon dann ſpäter eine Volks-
bank
vor, in die jeder Arbeiter ſein Tages- und Wochenlohn
werfen ſoll, um dafür Scheine zu bekommen, mittelſt deren er alle
Lebensbedürfniſſe zu zahlen im Stande iſt. Bäcker, Schuhmacher,
Schneider und Hauseigenthümer würden dieſe Scheine mit Ver-
gnügen annehmen und die Kaſſe jährlich einen Nutzen von meh-
reren Millionen Franken erzielen.

Wie der Einzelne, ſo wird zweitens jede Genoſſenſchaft der
Arbeiter Handelsmann. Es werden Waarenhallen der Ge-
werke, Hallen des Gewerbfleißes zum Verkauf der Gewerbs-
erzeugniſſe
eingerichtet. Die Verkäufer ſind die Beamten des
Vereins, welche aus dem Handelsſtande auf dem Wege des freien
Vereins herzugezogen werden müſſen. Der Verein leiſtet Ge-
währ für gute Waare, und wird daher auch den entſprechenden
Lohn geben können. Dem Schwanken der Preiſe werden ſchon dadurch
Schranken geſetzt. Die Halle verkauft zu feſten Preiſen, wenn
auch etwas theurer. Die kleinen Handwerker ſparen die Miethe
für eine eigene Verkaufshalle. Die Koſten einer ſolchen Waaren-
halle werden durch einen kleinen Abzug an den Beträgen der ver-
kauften Waaren gedeckt. Solche Waarenhallen haben ſich in
Mannheim und Wiesbaden als ausgezeichnet vortheilhaft bewährt,
und man betrachtet dieſelben dort mit Recht als einen großen
Hebel der Gewerbe. Daran ſchließen ſich jährliche Gewerbe-
ausſtellungen
mit Preiſen für die beſten Arbeiten.

Endlich iſt der Kaufmann, oder eine Handelsgeſellſchaft
gewiſſermaßen die Spitze der gewerblichen Thätigkeit, indem der
Handelsſtand wieder ſich mit allen Arbeiterzweigen, dem Ackerbau
und den Gewerben auf Rechnung vergeſellſchaftet, und durch
eigene, von den Arbeiterräthen unterſtützte Auskunftſchaftung das
Commiſſionsgeſchäft, wie bei der Gemeindebank im Kleinen,
ſo jetzt im Großen für die Erzeugniſſe ganzer Kreiſe, Staaten
und des Erdballs unternimmt, und die Proviſion als den Werth
ſeiner Arbeit beanſprucht.

Was von der Theilung der Arbeit geſagt iſt, gilt auch von
der Maſchine: ſie muß ebenſo, wie jene, nicht nur dem Ca-
pital, ſondern auch der Arbeit zu Gute kommen. Die kleinen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0106" n="96"/>
durch Geld. Als die höch&#x017F;te Spitze die&#x017F;es Kleinhandels innerhalb<lb/>
der&#x017F;elben Gemeinde &#x017F;chlug Proudhon dann &#x017F;päter eine <hi rendition="#g">Volks-<lb/>
bank</hi> vor, in die jeder Arbeiter &#x017F;ein Tages- und Wochenlohn<lb/>
werfen &#x017F;oll, um dafür Scheine zu bekommen, mittel&#x017F;t deren er alle<lb/>
Lebensbedürfni&#x017F;&#x017F;e zu zahlen im Stande i&#x017F;t. Bäcker, Schuhmacher,<lb/>
Schneider und Hauseigenthümer würden die&#x017F;e Scheine mit Ver-<lb/>
gnügen annehmen und die Ka&#x017F;&#x017F;e jährlich einen Nutzen von meh-<lb/>
reren Millionen Franken erzielen.</p><lb/>
            <p>Wie der Einzelne, &#x017F;o wird zweitens jede Geno&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft der<lb/>
Arbeiter Handelsmann. Es werden <hi rendition="#g">Waarenhallen</hi> der Ge-<lb/>
werke, Hallen des Gewerbfleißes zum <hi rendition="#g">Verkauf der Gewerbs-<lb/>
erzeugni&#x017F;&#x017F;e</hi> eingerichtet. Die Verkäufer &#x017F;ind die Beamten des<lb/>
Vereins, welche aus dem Handels&#x017F;tande auf dem Wege des freien<lb/>
Vereins herzugezogen werden mü&#x017F;&#x017F;en. Der Verein lei&#x017F;tet Ge-<lb/>
währ für gute Waare, und wird daher auch den ent&#x017F;prechenden<lb/>
Lohn geben können. Dem Schwanken der Prei&#x017F;e werden &#x017F;chon dadurch<lb/>
Schranken ge&#x017F;etzt. Die Halle verkauft zu fe&#x017F;ten Prei&#x017F;en, wenn<lb/>
auch etwas theurer. Die kleinen Handwerker &#x017F;paren die Miethe<lb/>
für eine eigene Verkaufshalle. Die Ko&#x017F;ten einer &#x017F;olchen Waaren-<lb/>
halle werden durch einen kleinen Abzug an den Beträgen der ver-<lb/>
kauften Waaren gedeckt. Solche Waarenhallen haben &#x017F;ich in<lb/>
Mannheim und Wiesbaden als ausgezeichnet vortheilhaft bewährt,<lb/>
und man betrachtet die&#x017F;elben dort mit Recht als einen großen<lb/>
Hebel der Gewerbe. Daran &#x017F;chließen &#x017F;ich jährliche <hi rendition="#g">Gewerbe-<lb/>
aus&#x017F;tellungen</hi> mit Prei&#x017F;en für die be&#x017F;ten Arbeiten.</p><lb/>
            <p>Endlich i&#x017F;t der Kaufmann, oder eine <hi rendition="#g">Handelsge&#x017F;ell&#x017F;chaft</hi><lb/>
gewi&#x017F;&#x017F;ermaßen die Spitze der gewerblichen Thätigkeit, indem der<lb/>
Handels&#x017F;tand wieder &#x017F;ich mit allen Arbeiterzweigen, dem Ackerbau<lb/>
und den Gewerben auf Rechnung verge&#x017F;ell&#x017F;chaftet, und durch<lb/>
eigene, von den Arbeiterräthen unter&#x017F;tützte Auskunft&#x017F;chaftung das<lb/><hi rendition="#g">Commi&#x017F;&#x017F;ionsge&#x017F;chäft,</hi> wie bei der Gemeindebank im Kleinen,<lb/>
&#x017F;o jetzt im Großen für die Erzeugni&#x017F;&#x017F;e ganzer Krei&#x017F;e, Staaten<lb/>
und des Erdballs unternimmt, und die Provi&#x017F;ion als den Werth<lb/>
&#x017F;einer Arbeit bean&#x017F;prucht.</p><lb/>
            <p>Was von der Theilung der Arbeit ge&#x017F;agt i&#x017F;t, gilt auch von<lb/>
der <hi rendition="#g">Ma&#x017F;chine:</hi> &#x017F;ie muß eben&#x017F;o, wie jene, nicht nur dem Ca-<lb/>
pital, &#x017F;ondern auch der Arbeit zu Gute kommen. Die kleinen<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[96/0106] durch Geld. Als die höchſte Spitze dieſes Kleinhandels innerhalb derſelben Gemeinde ſchlug Proudhon dann ſpäter eine Volks- bank vor, in die jeder Arbeiter ſein Tages- und Wochenlohn werfen ſoll, um dafür Scheine zu bekommen, mittelſt deren er alle Lebensbedürfniſſe zu zahlen im Stande iſt. Bäcker, Schuhmacher, Schneider und Hauseigenthümer würden dieſe Scheine mit Ver- gnügen annehmen und die Kaſſe jährlich einen Nutzen von meh- reren Millionen Franken erzielen. Wie der Einzelne, ſo wird zweitens jede Genoſſenſchaft der Arbeiter Handelsmann. Es werden Waarenhallen der Ge- werke, Hallen des Gewerbfleißes zum Verkauf der Gewerbs- erzeugniſſe eingerichtet. Die Verkäufer ſind die Beamten des Vereins, welche aus dem Handelsſtande auf dem Wege des freien Vereins herzugezogen werden müſſen. Der Verein leiſtet Ge- währ für gute Waare, und wird daher auch den entſprechenden Lohn geben können. Dem Schwanken der Preiſe werden ſchon dadurch Schranken geſetzt. Die Halle verkauft zu feſten Preiſen, wenn auch etwas theurer. Die kleinen Handwerker ſparen die Miethe für eine eigene Verkaufshalle. Die Koſten einer ſolchen Waaren- halle werden durch einen kleinen Abzug an den Beträgen der ver- kauften Waaren gedeckt. Solche Waarenhallen haben ſich in Mannheim und Wiesbaden als ausgezeichnet vortheilhaft bewährt, und man betrachtet dieſelben dort mit Recht als einen großen Hebel der Gewerbe. Daran ſchließen ſich jährliche Gewerbe- ausſtellungen mit Preiſen für die beſten Arbeiten. Endlich iſt der Kaufmann, oder eine Handelsgeſellſchaft gewiſſermaßen die Spitze der gewerblichen Thätigkeit, indem der Handelsſtand wieder ſich mit allen Arbeiterzweigen, dem Ackerbau und den Gewerben auf Rechnung vergeſellſchaftet, und durch eigene, von den Arbeiterräthen unterſtützte Auskunftſchaftung das Commiſſionsgeſchäft, wie bei der Gemeindebank im Kleinen, ſo jetzt im Großen für die Erzeugniſſe ganzer Kreiſe, Staaten und des Erdballs unternimmt, und die Proviſion als den Werth ſeiner Arbeit beanſprucht. Was von der Theilung der Arbeit geſagt iſt, gilt auch von der Maſchine: ſie muß ebenſo, wie jene, nicht nur dem Ca- pital, ſondern auch der Arbeit zu Gute kommen. Die kleinen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/michelet_loesung_1849
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/michelet_loesung_1849/106
Zitationshilfe: Michelet, Karl Ludwig: Die Lösung der gesellschaftlichen Frage. Frankfurt (Oder) u. a., 1849, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/michelet_loesung_1849/106>, abgerufen am 22.11.2024.