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Meyr, Melchior: Der Sieg des Schwachen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 9. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 47–255. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Baum ihren holden, heimlichen Sang begonnen; eine zweite, durch sie angeregt, antwortete ihr aus benachbarter Baumkrone. Die Liebenden horchten mit Ausrufungen des Vergnügens. Sie hörten nun auch den Lerchensang, der fern und hoch herab ertönte, eine Himmelsmusik, die feiner, ätherischer und allseitig erscholl, so daß die ganze Welt von Klängen umfaßt schien und die fernen die nahen nicht störten, sondern recht eigentlich dazu stimmten.

Der Abend war köstlich. Die ungewöhnlich klare Luft hatte von den Strahlen der tiefstehenden Sonne einen goldenen Ton erhalten, der ihr Blau lichter und wärmer erscheinen ließ, und die grünen Bäume hoben sich in reinster Frische davon ab. Es war Alles verschönt und wahrhaft verklärt. Die Blumen von dem kleinen Beet hinter dem Hause leuchteten aus dem Schatten mit auffallendem Schein; sogar das Unkraut im Winkel sah fett und behaglich her, und den Nesseln schien es wohl in ihrer stachelgeschützten Haut zu sein.

Die Bäbe fühlte sich so glücklich, daß sie das ernste Gespräch, um dessentwillen sie gekommen war, nicht sogleich beginnen, sondern lieber noch den Augenblick genießen wollte. Sie sah umher und sagte zu Tobias: Wie schön ist's jetzt im Garten! Sieh nur, so hell ist mir der Himmel nie vorgekommen, wie heut, und so schön hab' ich die Vögel noch nie singen hören, mein' ich. Jetzt horch nur! -- Tobias horchte ein wenig, sah aber hauptsächlich dem Mädchen ins Gesicht und

Baum ihren holden, heimlichen Sang begonnen; eine zweite, durch sie angeregt, antwortete ihr aus benachbarter Baumkrone. Die Liebenden horchten mit Ausrufungen des Vergnügens. Sie hörten nun auch den Lerchensang, der fern und hoch herab ertönte, eine Himmelsmusik, die feiner, ätherischer und allseitig erscholl, so daß die ganze Welt von Klängen umfaßt schien und die fernen die nahen nicht störten, sondern recht eigentlich dazu stimmten.

Der Abend war köstlich. Die ungewöhnlich klare Luft hatte von den Strahlen der tiefstehenden Sonne einen goldenen Ton erhalten, der ihr Blau lichter und wärmer erscheinen ließ, und die grünen Bäume hoben sich in reinster Frische davon ab. Es war Alles verschönt und wahrhaft verklärt. Die Blumen von dem kleinen Beet hinter dem Hause leuchteten aus dem Schatten mit auffallendem Schein; sogar das Unkraut im Winkel sah fett und behaglich her, und den Nesseln schien es wohl in ihrer stachelgeschützten Haut zu sein.

Die Bäbe fühlte sich so glücklich, daß sie das ernste Gespräch, um dessentwillen sie gekommen war, nicht sogleich beginnen, sondern lieber noch den Augenblick genießen wollte. Sie sah umher und sagte zu Tobias: Wie schön ist's jetzt im Garten! Sieh nur, so hell ist mir der Himmel nie vorgekommen, wie heut, und so schön hab' ich die Vögel noch nie singen hören, mein' ich. Jetzt horch nur! — Tobias horchte ein wenig, sah aber hauptsächlich dem Mädchen ins Gesicht und

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[0053] Baum ihren holden, heimlichen Sang begonnen; eine zweite, durch sie angeregt, antwortete ihr aus benachbarter Baumkrone. Die Liebenden horchten mit Ausrufungen des Vergnügens. Sie hörten nun auch den Lerchensang, der fern und hoch herab ertönte, eine Himmelsmusik, die feiner, ätherischer und allseitig erscholl, so daß die ganze Welt von Klängen umfaßt schien und die fernen die nahen nicht störten, sondern recht eigentlich dazu stimmten. Der Abend war köstlich. Die ungewöhnlich klare Luft hatte von den Strahlen der tiefstehenden Sonne einen goldenen Ton erhalten, der ihr Blau lichter und wärmer erscheinen ließ, und die grünen Bäume hoben sich in reinster Frische davon ab. Es war Alles verschönt und wahrhaft verklärt. Die Blumen von dem kleinen Beet hinter dem Hause leuchteten aus dem Schatten mit auffallendem Schein; sogar das Unkraut im Winkel sah fett und behaglich her, und den Nesseln schien es wohl in ihrer stachelgeschützten Haut zu sein. Die Bäbe fühlte sich so glücklich, daß sie das ernste Gespräch, um dessentwillen sie gekommen war, nicht sogleich beginnen, sondern lieber noch den Augenblick genießen wollte. Sie sah umher und sagte zu Tobias: Wie schön ist's jetzt im Garten! Sieh nur, so hell ist mir der Himmel nie vorgekommen, wie heut, und so schön hab' ich die Vögel noch nie singen hören, mein' ich. Jetzt horch nur! — Tobias horchte ein wenig, sah aber hauptsächlich dem Mädchen ins Gesicht und

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:49:07Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T14:49:07Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Meyr, Melchior: Der Sieg des Schwachen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 9. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 47–255. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyr_schwachen_1910/53>, abgerufen am 28.11.2024.