Meyr, Melchior: Der Sieg des Schwachen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 9. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 47–255. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.ein reicher und angesehener Mann sein -- und du wirst deine Freude an mir haben. -- Der Alte war versucht, ihm ins Gesicht zu lachen; er begnügte sich indessen mit einer Geberde, die ungefähr sagte: Ich muß dich jetzt gehen lassen! Wenn du ein Narr und Bettler wirst, ist's deine Sache. Tobias beachtete diese Bewegung um so weniger, als es unterdessen dunkel geworden war und die Glocke bedächtig neun Uhr schlug. Der Glückliche hätte nun zur Bäbe gehen und der Guten, Lieben und Treuen den Erfolg mittheilen können; aber er hatte sich etwas Anderes ausgedacht, was ihn schöner dünkte; und da ihn die Ereignisse des Tages doch ermüdet hatten, sagte er dem Vater herzlich Gute Nacht und ging zu Bette. VI. Am andern Morgen war unser Schneider der Löwe des Tages. Der Abend des Samstags ist auch für den Bauer eine Ferienzeit; man besucht sich mehr als sonst in der Woche, das Wirthshaus hat größern Zuspruch, und man überläßt sich mit reinerm Behagen der Lust des Gesprächs. Daß nun ein Auftritt, wie der zwischen Tobias und seinem Vater, mit der größten Schnelligkeit im ganzen Dorf herumkam, ist bei dem Interesse, das die Familie schon auf sich gezogen hatte, nicht zu verwundern. Aus den Vermuthungen des Trupps, der vor dem Hause stand, aus der Nachricht der Walpurg, ein reicher und angesehener Mann sein — und du wirst deine Freude an mir haben. — Der Alte war versucht, ihm ins Gesicht zu lachen; er begnügte sich indessen mit einer Geberde, die ungefähr sagte: Ich muß dich jetzt gehen lassen! Wenn du ein Narr und Bettler wirst, ist's deine Sache. Tobias beachtete diese Bewegung um so weniger, als es unterdessen dunkel geworden war und die Glocke bedächtig neun Uhr schlug. Der Glückliche hätte nun zur Bäbe gehen und der Guten, Lieben und Treuen den Erfolg mittheilen können; aber er hatte sich etwas Anderes ausgedacht, was ihn schöner dünkte; und da ihn die Ereignisse des Tages doch ermüdet hatten, sagte er dem Vater herzlich Gute Nacht und ging zu Bette. VI. Am andern Morgen war unser Schneider der Löwe des Tages. Der Abend des Samstags ist auch für den Bauer eine Ferienzeit; man besucht sich mehr als sonst in der Woche, das Wirthshaus hat größern Zuspruch, und man überläßt sich mit reinerm Behagen der Lust des Gesprächs. Daß nun ein Auftritt, wie der zwischen Tobias und seinem Vater, mit der größten Schnelligkeit im ganzen Dorf herumkam, ist bei dem Interesse, das die Familie schon auf sich gezogen hatte, nicht zu verwundern. Aus den Vermuthungen des Trupps, der vor dem Hause stand, aus der Nachricht der Walpurg, <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="5"> <p><pb facs="#f0186"/> ein reicher und angesehener Mann sein — und du wirst deine Freude an mir haben. — Der Alte war versucht, ihm ins Gesicht zu lachen; er begnügte sich indessen mit einer Geberde, die ungefähr sagte: Ich muß dich jetzt gehen lassen! Wenn du ein Narr und Bettler wirst, ist's deine Sache.</p><lb/> <p>Tobias beachtete diese Bewegung um so weniger, als es unterdessen dunkel geworden war und die Glocke bedächtig neun Uhr schlug. Der Glückliche hätte nun zur Bäbe gehen und der Guten, Lieben und Treuen den Erfolg mittheilen können; aber er hatte sich etwas Anderes ausgedacht, was ihn schöner dünkte; und da ihn die Ereignisse des Tages doch ermüdet hatten, sagte er dem Vater herzlich Gute Nacht und ging zu Bette.</p><lb/> </div> <div type="chapter" n="6"> <head>VI.</head> <p>Am andern Morgen war unser Schneider der Löwe des Tages. Der Abend des Samstags ist auch für den Bauer eine Ferienzeit; man besucht sich mehr als sonst in der Woche, das Wirthshaus hat größern Zuspruch, und man überläßt sich mit reinerm Behagen der Lust des Gesprächs. Daß nun ein Auftritt, wie der zwischen Tobias und seinem Vater, mit der größten Schnelligkeit im ganzen Dorf herumkam, ist bei dem Interesse, das die Familie schon auf sich gezogen hatte, nicht zu verwundern. Aus den Vermuthungen des Trupps, der vor dem Hause stand, aus der Nachricht der Walpurg,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0186]
ein reicher und angesehener Mann sein — und du wirst deine Freude an mir haben. — Der Alte war versucht, ihm ins Gesicht zu lachen; er begnügte sich indessen mit einer Geberde, die ungefähr sagte: Ich muß dich jetzt gehen lassen! Wenn du ein Narr und Bettler wirst, ist's deine Sache.
Tobias beachtete diese Bewegung um so weniger, als es unterdessen dunkel geworden war und die Glocke bedächtig neun Uhr schlug. Der Glückliche hätte nun zur Bäbe gehen und der Guten, Lieben und Treuen den Erfolg mittheilen können; aber er hatte sich etwas Anderes ausgedacht, was ihn schöner dünkte; und da ihn die Ereignisse des Tages doch ermüdet hatten, sagte er dem Vater herzlich Gute Nacht und ging zu Bette.
VI. Am andern Morgen war unser Schneider der Löwe des Tages. Der Abend des Samstags ist auch für den Bauer eine Ferienzeit; man besucht sich mehr als sonst in der Woche, das Wirthshaus hat größern Zuspruch, und man überläßt sich mit reinerm Behagen der Lust des Gesprächs. Daß nun ein Auftritt, wie der zwischen Tobias und seinem Vater, mit der größten Schnelligkeit im ganzen Dorf herumkam, ist bei dem Interesse, das die Familie schon auf sich gezogen hatte, nicht zu verwundern. Aus den Vermuthungen des Trupps, der vor dem Hause stand, aus der Nachricht der Walpurg,
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