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Meyr, Melchior: Der Sieg des Schwachen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 9. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 47–255. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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daß vier Kerle nöthig gewesen seien, ihn aus dem Wirthshaus hinauszuwerfen, nur ein vergnügtes Lachen hervorrief. So von mehreren Seiten zum Nachdenken gemahnt, erkannte er wieder das Rathsamere und faßte den Entschluß, zum bösen Spiel höhnender Worte gute Miene zu machen und sich hauptsächlich auf das zu legen, worauf er am Ende doch von der Natur am meisten angewiesen war -- auf die Geduld.

Er hatte die Kraft, diesem Entschluß, äußerlich wenigstens, nachzuleben. Er setzte dem hie und da wiederkehrenden Gestichel ein ruhiges Gesicht oder ein stilles Achselzucken entgegen, bis es endlich ganz aufhörte. Erneuerte Attaken, die an fernere Gelegenheiten anknüpften, suchte er mit Repliken abzuweisen, die er bei Andern wirksam gesehen hatte, und den stärksten gelang es nur, ihm jenes schmerzliche Lächeln abzunöthigen, wodurch verletzte Seelen einen Theil ihrer innern Bewegungen verrathen. Denn die Verletzlichkeit selbst konnte er freilich nicht ablegen; -- immer mußte es ihn verdrießen, daß er, der durch Feinheit und guten Charakter offenbar weit über den groben Burschen stand, von diesen sich begegnen lassen sollte, als ob er tief unter ihnen stände. -- Aber konnte er sich nicht auf andere Weise helfen? Konnte er die Menschen nicht in seinen Gedanken heruntermachen und ihnen die Titel geben, die ihnen gebührten? Ja, konnte er sie hier nicht auch thatsächlich behandeln, wie sie's verdienten? -- Er machte denn zuletzt, wie es mancher ehrliche Deutsche thut, eine Faust

daß vier Kerle nöthig gewesen seien, ihn aus dem Wirthshaus hinauszuwerfen, nur ein vergnügtes Lachen hervorrief. So von mehreren Seiten zum Nachdenken gemahnt, erkannte er wieder das Rathsamere und faßte den Entschluß, zum bösen Spiel höhnender Worte gute Miene zu machen und sich hauptsächlich auf das zu legen, worauf er am Ende doch von der Natur am meisten angewiesen war — auf die Geduld.

Er hatte die Kraft, diesem Entschluß, äußerlich wenigstens, nachzuleben. Er setzte dem hie und da wiederkehrenden Gestichel ein ruhiges Gesicht oder ein stilles Achselzucken entgegen, bis es endlich ganz aufhörte. Erneuerte Attaken, die an fernere Gelegenheiten anknüpften, suchte er mit Repliken abzuweisen, die er bei Andern wirksam gesehen hatte, und den stärksten gelang es nur, ihm jenes schmerzliche Lächeln abzunöthigen, wodurch verletzte Seelen einen Theil ihrer innern Bewegungen verrathen. Denn die Verletzlichkeit selbst konnte er freilich nicht ablegen; — immer mußte es ihn verdrießen, daß er, der durch Feinheit und guten Charakter offenbar weit über den groben Burschen stand, von diesen sich begegnen lassen sollte, als ob er tief unter ihnen stände. — Aber konnte er sich nicht auf andere Weise helfen? Konnte er die Menschen nicht in seinen Gedanken heruntermachen und ihnen die Titel geben, die ihnen gebührten? Ja, konnte er sie hier nicht auch thatsächlich behandeln, wie sie's verdienten? — Er machte denn zuletzt, wie es mancher ehrliche Deutsche thut, eine Faust

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[0016] daß vier Kerle nöthig gewesen seien, ihn aus dem Wirthshaus hinauszuwerfen, nur ein vergnügtes Lachen hervorrief. So von mehreren Seiten zum Nachdenken gemahnt, erkannte er wieder das Rathsamere und faßte den Entschluß, zum bösen Spiel höhnender Worte gute Miene zu machen und sich hauptsächlich auf das zu legen, worauf er am Ende doch von der Natur am meisten angewiesen war — auf die Geduld. Er hatte die Kraft, diesem Entschluß, äußerlich wenigstens, nachzuleben. Er setzte dem hie und da wiederkehrenden Gestichel ein ruhiges Gesicht oder ein stilles Achselzucken entgegen, bis es endlich ganz aufhörte. Erneuerte Attaken, die an fernere Gelegenheiten anknüpften, suchte er mit Repliken abzuweisen, die er bei Andern wirksam gesehen hatte, und den stärksten gelang es nur, ihm jenes schmerzliche Lächeln abzunöthigen, wodurch verletzte Seelen einen Theil ihrer innern Bewegungen verrathen. Denn die Verletzlichkeit selbst konnte er freilich nicht ablegen; — immer mußte es ihn verdrießen, daß er, der durch Feinheit und guten Charakter offenbar weit über den groben Burschen stand, von diesen sich begegnen lassen sollte, als ob er tief unter ihnen stände. — Aber konnte er sich nicht auf andere Weise helfen? Konnte er die Menschen nicht in seinen Gedanken heruntermachen und ihnen die Titel geben, die ihnen gebührten? Ja, konnte er sie hier nicht auch thatsächlich behandeln, wie sie's verdienten? — Er machte denn zuletzt, wie es mancher ehrliche Deutsche thut, eine Faust

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:49:07Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T14:49:07Z)

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Zitationshilfe: Meyr, Melchior: Der Sieg des Schwachen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 9. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 47–255. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyr_schwachen_1910/16>, abgerufen am 24.11.2024.