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Meyr, Melchior: Der Sieg des Schwachen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 9. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 47–255. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Grunde bloße Empfangsbescheinigungen der erhaltenen Stiche waren und als solche erheiternd nur zu gesteigerten Angriffen reizten. Eines Tages verließ ihn aber die Geduld. Am Wirthstisch von den boshaftesten Burschen des Dorfes in die Mitte genommen und durch anzügliche Reden über seine Person und seinen Stand endlich rasend gemacht, griff er in dem instinktmäßigen Gefühl, daß seine Faust auch im Schwunge des Zorns nicht gewichtvoll genug sein möchte, nach dem Bierkrug und schlug den Aergsten, der ihm eben am wehesten gethan, mit "'ner höllenmäßigen Geschwindigkeit" hinter die Ohren, daß die Folgen sogleich sichtbar wurden und Blut mit Bier vermischt von dem dicken Schädel herabfloß. Das war unerhört, und recht eigentlich empört mußten die Kerle über den unverschämten Schneider sein, der nicht einmal Spaß verstand und ihnen so einfältig ihre Freude verdarb. In gerechter Entrüstung fielen sie über den Armen her, zerdroschen ihn jämmerlich und schleuderten ihn, der im höchsten Grimm sich wehrte und auch seinerseits noch ein paar unangenehme Stöße austheilte, in die Nacht des Wirthshaushofes hinaus. Genau genommen war es für den Einen und Feinen keine Schande, von vier Lümmeln überwältigt zu sein, vielmehr der Umstand, daß Viele gegen Einen beschäftigt waren, eine Ehre; aber so groß war die Ungerechtigkeit schon in Bezug auf ihn, daß am andern Tag die Leute, die ihm begegneten, doch Spottmienen zeigten und seine etwas prahlende Versicherung gegen einen Bekannten,

Grunde bloße Empfangsbescheinigungen der erhaltenen Stiche waren und als solche erheiternd nur zu gesteigerten Angriffen reizten. Eines Tages verließ ihn aber die Geduld. Am Wirthstisch von den boshaftesten Burschen des Dorfes in die Mitte genommen und durch anzügliche Reden über seine Person und seinen Stand endlich rasend gemacht, griff er in dem instinktmäßigen Gefühl, daß seine Faust auch im Schwunge des Zorns nicht gewichtvoll genug sein möchte, nach dem Bierkrug und schlug den Aergsten, der ihm eben am wehesten gethan, mit „'ner höllenmäßigen Geschwindigkeit“ hinter die Ohren, daß die Folgen sogleich sichtbar wurden und Blut mit Bier vermischt von dem dicken Schädel herabfloß. Das war unerhört, und recht eigentlich empört mußten die Kerle über den unverschämten Schneider sein, der nicht einmal Spaß verstand und ihnen so einfältig ihre Freude verdarb. In gerechter Entrüstung fielen sie über den Armen her, zerdroschen ihn jämmerlich und schleuderten ihn, der im höchsten Grimm sich wehrte und auch seinerseits noch ein paar unangenehme Stöße austheilte, in die Nacht des Wirthshaushofes hinaus. Genau genommen war es für den Einen und Feinen keine Schande, von vier Lümmeln überwältigt zu sein, vielmehr der Umstand, daß Viele gegen Einen beschäftigt waren, eine Ehre; aber so groß war die Ungerechtigkeit schon in Bezug auf ihn, daß am andern Tag die Leute, die ihm begegneten, doch Spottmienen zeigten und seine etwas prahlende Versicherung gegen einen Bekannten,

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[0015] Grunde bloße Empfangsbescheinigungen der erhaltenen Stiche waren und als solche erheiternd nur zu gesteigerten Angriffen reizten. Eines Tages verließ ihn aber die Geduld. Am Wirthstisch von den boshaftesten Burschen des Dorfes in die Mitte genommen und durch anzügliche Reden über seine Person und seinen Stand endlich rasend gemacht, griff er in dem instinktmäßigen Gefühl, daß seine Faust auch im Schwunge des Zorns nicht gewichtvoll genug sein möchte, nach dem Bierkrug und schlug den Aergsten, der ihm eben am wehesten gethan, mit „'ner höllenmäßigen Geschwindigkeit“ hinter die Ohren, daß die Folgen sogleich sichtbar wurden und Blut mit Bier vermischt von dem dicken Schädel herabfloß. Das war unerhört, und recht eigentlich empört mußten die Kerle über den unverschämten Schneider sein, der nicht einmal Spaß verstand und ihnen so einfältig ihre Freude verdarb. In gerechter Entrüstung fielen sie über den Armen her, zerdroschen ihn jämmerlich und schleuderten ihn, der im höchsten Grimm sich wehrte und auch seinerseits noch ein paar unangenehme Stöße austheilte, in die Nacht des Wirthshaushofes hinaus. Genau genommen war es für den Einen und Feinen keine Schande, von vier Lümmeln überwältigt zu sein, vielmehr der Umstand, daß Viele gegen Einen beschäftigt waren, eine Ehre; aber so groß war die Ungerechtigkeit schon in Bezug auf ihn, daß am andern Tag die Leute, die ihm begegneten, doch Spottmienen zeigten und seine etwas prahlende Versicherung gegen einen Bekannten,

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:49:07Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T14:49:07Z)

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Zitationshilfe: Meyr, Melchior: Der Sieg des Schwachen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 9. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 47–255. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyr_schwachen_1910/15>, abgerufen am 27.11.2024.