Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759.Der grossen und seligen seyen, den Vortrag des Evangeliums nichtmehr nöthig, sich daher von dem öffentli- chen Gottesdienste absondern, und darinnen eine sonderbare (aber unrichtige) Heilig- keit suchen. Wie viele machen sich keine Mühe mit der Welt zu lachen, sich in ihre Händel zu mischen, und einen schier bestän- digen Umgang mit derselben zu haben, son- derlich wenn sie von ihr einen Nutzen und Vortheil haben können! Wie viel vereini- gen sich mit solchen, die gleiche Meynungen und irrige Gedanken mit ihnen haben, in der Sünde, Unreinigkeit und allerhand bö- s[e]n und ungerechten Wesen, da soll die Seele in keiner Gefahr der Befleckung stehen! aber den Gebrauch der Mittel des Heyls macht der Feind der Seelen solchen armen Menschen gefährlich. Was haben solche unlautere Gemüther für Gründe, zu einem so blinden Vergehen? Meistens, Hochmuth, Eigenwille, Liebe zu denen Secten, unrich- tig gefaßte Meynungen und ein unbefestig- tes Wesen. Es giebt aber unter solchen Menschen auch Gemüther, die ein feines und stilles Leben führen, und einen Abscheu an groben Unlauterkeiten tragen, und die sich allein darum von dem öffentlichen Got- tesdienste absondern, weil sie die meisten von ihren Nächsten für Unwiedergebohrne halten, und sich an ihrem Wesen ärgern. Aber,
Der groſſen und ſeligen ſeyen, den Vortrag des Evangeliums nichtmehr noͤthig, ſich daher von dem oͤffentli- chen Gottesdienſte abſondern, und darinnen eine ſonderbare (aber unrichtige) Heilig- keit ſuchen. Wie viele machen ſich keine Muͤhe mit der Welt zu lachen, ſich in ihre Haͤndel zu miſchen, und einen ſchier beſtaͤn- digen Umgang mit derſelben zu haben, ſon- derlich wenn ſie von ihr einen Nutzen und Vortheil haben koͤnnen! Wie viel vereini- gen ſich mit ſolchen, die gleiche Meynungen und irrige Gedanken mit ihnen haben, in der Suͤnde, Unreinigkeit und allerhand boͤ- ſ[e]n und ungerechten Weſen, da ſoll die Seele in keiner Gefahr der Befleckung ſtehen! aber den Gebrauch der Mittel des Heyls macht der Feind der Seelen ſolchen armen Menſchen gefaͤhrlich. Was haben ſolche unlautere Gemuͤther fuͤr Gruͤnde, zu einem ſo blinden Vergehen? Meiſtens, Hochmuth, Eigenwille, Liebe zu denen Secten, unrich- tig gefaßte Meynungen und ein unbefeſtig- tes Weſen. Es giebt aber unter ſolchen Menſchen auch Gemuͤther, die ein feines und ſtilles Leben fuͤhren, und einen Abſcheu an groben Unlauterkeiten tragen, und die ſich allein darum von dem oͤffentlichen Got- tesdienſte abſondern, weil ſie die meiſten von ihren Naͤchſten fuͤr Unwiedergebohrne halten, und ſich an ihrem Weſen aͤrgern. Aber,
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Der groſſen und ſeligen
ſeyen, den Vortrag des Evangeliums nicht
mehr noͤthig, ſich daher von dem oͤffentli-
chen Gottesdienſte abſondern, und darinnen
eine ſonderbare (aber unrichtige) Heilig-
keit ſuchen. Wie viele machen ſich keine
Muͤhe mit der Welt zu lachen, ſich in ihre
Haͤndel zu miſchen, und einen ſchier beſtaͤn-
digen Umgang mit derſelben zu haben, ſon-
derlich wenn ſie von ihr einen Nutzen und
Vortheil haben koͤnnen! Wie viel vereini-
gen ſich mit ſolchen, die gleiche Meynungen
und irrige Gedanken mit ihnen haben, in
der Suͤnde, Unreinigkeit und allerhand boͤ-
ſen und ungerechten Weſen, da ſoll die Seele
in keiner Gefahr der Befleckung ſtehen!
aber den Gebrauch der Mittel des Heyls
macht der Feind der Seelen ſolchen armen
Menſchen gefaͤhrlich. Was haben ſolche
unlautere Gemuͤther fuͤr Gruͤnde, zu einem
ſo blinden Vergehen? Meiſtens, Hochmuth,
Eigenwille, Liebe zu denen Secten, unrich-
tig gefaßte Meynungen und ein unbefeſtig-
tes Weſen. Es giebt aber unter ſolchen
Menſchen auch Gemuͤther, die ein feines
und ſtilles Leben fuͤhren, und einen Abſcheu
an groben Unlauterkeiten tragen, und die
ſich allein darum von dem oͤffentlichen Got-
tesdienſte abſondern, weil ſie die meiſten
von ihren Naͤchſten fuͤr Unwiedergebohrne
halten, und ſich an ihrem Weſen aͤrgern.
Aber,
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