Hülfe in den Creaturen, und von allem, was aussert JEsu ist, ausgienge, und immer tie- fer in die Armuth des Geistes und eine recht demüthige Ausgeleertheit trette; auf der andern Seite aber immer herzlicher und ver- traulicher zu JEsu sich nahete, kindlicher ih- re Noth ihm klagte, und mit dem innigsten Sehnen sein Erbarmen suchte; dabey auch getrost hoffete, der Heyland werde sie nicht wegstossen, sein Blut und Tod an ihr nicht vergeblich seyn lassen, sondern zu rechter Zeit seine Hülfe und Erbarmung gegen ihr of- fenbaren.
Es fehlen die Menschen in der Zeit, da der heilige Geist den Glauben an Christum in ihnen entzünden will, auf vielfältige Weise. Einige bleiben immer bey dem Ge- sichte ihres Elendes und ihrer Sünden ste- hen, klagen über ihre viele und grosse Ver- gehungen, und meynen, der HErr JEsus werde sich ihrer nimmermehr annehmen. Bey andern ist die Traurigkeit über die Sünde nicht groß genug, und das Maaß der Thränen noch nicht voll. Mein Herz, (klagt ein solcher) ist noch hart wie ein Fels, könnte ich, wie jene Sünderin, die Füsse meines Heylandes mit meinen Thränen be- netzen, so dörfte ich hoffen, von ihm ange- nommen zu werden. Noch andere meynen,
wenn
Thaten der Gnade. IV. Stuͤck.
Huͤlfe in den Creaturen, und von allem, was auſſert JEſu iſt, ausgienge, und immer tie- fer in die Armuth des Geiſtes und eine recht demuͤthige Ausgeleertheit trette; auf der andern Seite aber immer herzlicher und ver- traulicher zu JEſu ſich nahete, kindlicher ih- re Noth ihm klagte, und mit dem innigſten Sehnen ſein Erbarmen ſuchte; dabey auch getroſt hoffete, der Heyland werde ſie nicht wegſtoſſen, ſein Blut und Tod an ihr nicht vergeblich ſeyn laſſen, ſondern zu rechter Zeit ſeine Huͤlfe und Erbarmung gegen ihr of- fenbaren.
Es fehlen die Menſchen in der Zeit, da der heilige Geiſt den Glauben an Chriſtum in ihnen entzuͤnden will, auf vielfaͤltige Weiſe. Einige bleiben immer bey dem Ge- ſichte ihres Elendes und ihrer Suͤnden ſte- hen, klagen uͤber ihre viele und groſſe Ver- gehungen, und meynen, der HErr JEſus werde ſich ihrer nimmermehr annehmen. Bey andern iſt die Traurigkeit uͤber die Suͤnde nicht groß genug, und das Maaß der Thraͤnen noch nicht voll. Mein Herz, (klagt ein ſolcher) iſt noch hart wie ein Fels, koͤnnte ich, wie jene Suͤnderin, die Fuͤſſe meines Heylandes mit meinen Thraͤnen be- netzen, ſo doͤrfte ich hoffen, von ihm ange- nommen zu werden. Noch andere meynen,
wenn
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Thaten der Gnade. IV. Stuͤck.
Huͤlfe in den Creaturen, und von allem, was
auſſert JEſu iſt, ausgienge, und immer tie-
fer in die Armuth des Geiſtes und eine recht
demuͤthige Ausgeleertheit trette; auf der
andern Seite aber immer herzlicher und ver-
traulicher zu JEſu ſich nahete, kindlicher ih-
re Noth ihm klagte, und mit dem innigſten
Sehnen ſein Erbarmen ſuchte; dabey auch
getroſt hoffete, der Heyland werde ſie nicht
wegſtoſſen, ſein Blut und Tod an ihr nicht
vergeblich ſeyn laſſen, ſondern zu rechter Zeit
ſeine Huͤlfe und Erbarmung gegen ihr of-
fenbaren.
Es fehlen die Menſchen in der Zeit, da
der heilige Geiſt den Glauben an Chriſtum
in ihnen entzuͤnden will, auf vielfaͤltige
Weiſe. Einige bleiben immer bey dem Ge-
ſichte ihres Elendes und ihrer Suͤnden ſte-
hen, klagen uͤber ihre viele und groſſe Ver-
gehungen, und meynen, der HErr JEſus
werde ſich ihrer nimmermehr annehmen.
Bey andern iſt die Traurigkeit uͤber die
Suͤnde nicht groß genug, und das Maaß
der Thraͤnen noch nicht voll. Mein Herz,
(klagt ein ſolcher) iſt noch hart wie ein Fels,
koͤnnte ich, wie jene Suͤnderin, die Fuͤſſe
meines Heylandes mit meinen Thraͤnen be-
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Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759/399>, abgerufen am 16.07.2024.
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