dir nöthig und selig wäre. Was soll ich mir Mühe geben, etwas anzufangen auf das ungewisse, mich vielleicht vergeblich zu martern, da man doch wider die Rathschlüs- se des HErrn nichts erzwingen kan.
Mancher hält dafür, die Uebung der Gottseligkeit seye eine Gabe, die nicht jeder- mann geschenket seye, man müsse es darum denen überlassen, denen der HErr hierzu etwas sonderbares geschenket habe; und wenn würde man fertig werden, alle Ränke der Vernunft, des Fleisches und der Seelen- feinden zu entdecken, wordurch man auf- und zurücke gehalten wird, der Gnade und ihren heilsamen Absichten zu folgen.
Wie nöthig ist es also, nüchtern zu wer- den, und alle Bande der Widersetzlichkeit fahren zu lassen. Merke darum, o theure Seele, und nimm zu Herzen, daß eine je- de Aufweckung und Gnadenrührung schon ein Friedensbott von dem HErrn, und ein Beweis von seinen erbarmenden Gesinnun- gen zu deinem Leben seye; wordurch er gar offenbar zeiget, daß er mit jammerndem Herzen das Elend deiner Seele wisse und kenne, auch gerne seine allmächtige Kraft zur neuen Geburt deines Herzens und Her- wiederbringung des verlohrnen göttlichen Lebens anwenden wolle; folglich also, daß sein ernstlicher Rathschluß und Wille seye,
daß
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Thaten der Gnade. IV. Stuͤck.
dir noͤthig und ſelig waͤre. Was ſoll ich mir Muͤhe geben, etwas anzufangen auf das ungewiſſe, mich vielleicht vergeblich zu martern, da man doch wider die Rathſchluͤſ- ſe des HErrn nichts erzwingen kan.
Mancher haͤlt dafuͤr, die Uebung der Gottſeligkeit ſeye eine Gabe, die nicht jeder- mann geſchenket ſeye, man muͤſſe es darum denen uͤberlaſſen, denen der HErr hierzu etwas ſonderbares geſchenket habe; und wenn wuͤrde man fertig werden, alle Raͤnke der Vernunft, des Fleiſches und der Seelen- feinden zu entdecken, wordurch man auf- und zuruͤcke gehalten wird, der Gnade und ihren heilſamen Abſichten zu folgen.
Wie noͤthig iſt es alſo, nuͤchtern zu wer- den, und alle Bande der Widerſetzlichkeit fahren zu laſſen. Merke darum, o theure Seele, und nimm zu Herzen, daß eine je- de Aufweckung und Gnadenruͤhrung ſchon ein Friedensbott von dem HErrn, und ein Beweis von ſeinen erbarmenden Geſinnun- gen zu deinem Leben ſeye; wordurch er gar offenbar zeiget, daß er mit jammerndem Herzen das Elend deiner Seele wiſſe und kenne, auch gerne ſeine allmaͤchtige Kraft zur neuen Geburt deines Herzens und Her- wiederbringung des verlohrnen goͤttlichen Lebens anwenden wolle; folglich alſo, daß ſein ernſtlicher Rathſchluß und Wille ſeye,
daß
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Thaten der Gnade. IV. Stuͤck.
dir noͤthig und ſelig waͤre. Was ſoll ich
mir Muͤhe geben, etwas anzufangen auf
das ungewiſſe, mich vielleicht vergeblich zu
martern, da man doch wider die Rathſchluͤſ-
ſe des HErrn nichts erzwingen kan.
Mancher haͤlt dafuͤr, die Uebung der
Gottſeligkeit ſeye eine Gabe, die nicht jeder-
mann geſchenket ſeye, man muͤſſe es darum
denen uͤberlaſſen, denen der HErr hierzu
etwas ſonderbares geſchenket habe; und wenn
wuͤrde man fertig werden, alle Raͤnke der
Vernunft, des Fleiſches und der Seelen-
feinden zu entdecken, wordurch man auf-
und zuruͤcke gehalten wird, der Gnade und
ihren heilſamen Abſichten zu folgen.
Wie noͤthig iſt es alſo, nuͤchtern zu wer-
den, und alle Bande der Widerſetzlichkeit
fahren zu laſſen. Merke darum, o theure
Seele, und nimm zu Herzen, daß eine je-
de Aufweckung und Gnadenruͤhrung ſchon
ein Friedensbott von dem HErrn, und ein
Beweis von ſeinen erbarmenden Geſinnun-
gen zu deinem Leben ſeye; wordurch er gar
offenbar zeiget, daß er mit jammerndem
Herzen das Elend deiner Seele wiſſe und
kenne, auch gerne ſeine allmaͤchtige Kraft
zur neuen Geburt deines Herzens und Her-
wiederbringung des verlohrnen goͤttlichen
Lebens anwenden wolle; folglich alſo, daß
ſein ernſtlicher Rathſchluß und Wille ſeye,
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Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759/379>, abgerufen am 22.11.2024.
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