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Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759.

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Der grossen und seligen
hänget an dem Aeusseren, und vergisset der
Reinigung seiner Seele. Man haltet sich
an dem guten Urtheil der Frommen, und
ist dabey unbekümmert, das innere Zeugniß
des Geistes JEsu zu suchen. Mancher kan
mit der Welt nicht mehr fortkommen, er
fällt bey derselben in die Verachtung, der
natürliche Hochmuth und Ehrgeitz sucht sei-
ne Nahrung in einem berühmten und gros-
sen Name, und da man denselben bey der
Welt nicht finden kan, so wirft man sich zu
der Parthie der Frommen. Ein anderer
erhält von der Welt nicht das, was er bey
ihr suchet, er wird bey allem ihrem schmei-
cheln und süssen Verheissungen hinter das
Licht geführt, er fasset daher aus Verdruß
den Entschluß, sie zu verlassen, und unter
das Häuflein der Rechtschaffenen sich zu
mischen. Was ist dabey seine Haupt-Ab-
sicht? Er will es der Welt zu leide thun.
Mancher schlägt sich zu einer Parthie, um
gewisser Meynungen willen, die seinem na-
türlichen Herze und denen Trieben desselben
kommlicher, und angenehmer sind, als an-
dere. Und wie viele machen aus ihrem
Laufen, Mitmachen und Schwätzen ein
Gewerbe, und suchen darmit irdische und
fleischliche Absichten, auch unter dem schön-
sten Schein zu erreichen, wodurch aber viele
in die gröbsten Unlauterkeiten, ja die ge-

fähr-

Der groſſen und ſeligen
haͤnget an dem Aeuſſeren, und vergiſſet der
Reinigung ſeiner Seele. Man haltet ſich
an dem guten Urtheil der Frommen, und
iſt dabey unbekuͤmmert, das innere Zeugniß
des Geiſtes JEſu zu ſuchen. Mancher kan
mit der Welt nicht mehr fortkommen, er
faͤllt bey derſelben in die Verachtung, der
natuͤrliche Hochmuth und Ehrgeitz ſucht ſei-
ne Nahrung in einem beruͤhmten und groſ-
ſen Name, und da man denſelben bey der
Welt nicht finden kan, ſo wirft man ſich zu
der Parthie der Frommen. Ein anderer
erhaͤlt von der Welt nicht das, was er bey
ihr ſuchet, er wird bey allem ihrem ſchmei-
cheln und ſuͤſſen Verheiſſungen hinter das
Licht gefuͤhrt, er faſſet daher aus Verdruß
den Entſchluß, ſie zu verlaſſen, und unter
das Haͤuflein der Rechtſchaffenen ſich zu
miſchen. Was iſt dabey ſeine Haupt-Ab-
ſicht? Er will es der Welt zu leide thun.
Mancher ſchlaͤgt ſich zu einer Parthie, um
gewiſſer Meynungen willen, die ſeinem na-
tuͤrlichen Herze und denen Trieben deſſelben
kommlicher, und angenehmer ſind, als an-
dere. Und wie viele machen aus ihrem
Laufen, Mitmachen und Schwaͤtzen ein
Gewerbe, und ſuchen darmit irdiſche und
fleiſchliche Abſichten, auch unter dem ſchoͤn-
ſten Schein zu erreichen, wodurch aber viele
in die groͤbſten Unlauterkeiten, ja die ge-

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[320/0372] Der groſſen und ſeligen haͤnget an dem Aeuſſeren, und vergiſſet der Reinigung ſeiner Seele. Man haltet ſich an dem guten Urtheil der Frommen, und iſt dabey unbekuͤmmert, das innere Zeugniß des Geiſtes JEſu zu ſuchen. Mancher kan mit der Welt nicht mehr fortkommen, er faͤllt bey derſelben in die Verachtung, der natuͤrliche Hochmuth und Ehrgeitz ſucht ſei- ne Nahrung in einem beruͤhmten und groſ- ſen Name, und da man denſelben bey der Welt nicht finden kan, ſo wirft man ſich zu der Parthie der Frommen. Ein anderer erhaͤlt von der Welt nicht das, was er bey ihr ſuchet, er wird bey allem ihrem ſchmei- cheln und ſuͤſſen Verheiſſungen hinter das Licht gefuͤhrt, er faſſet daher aus Verdruß den Entſchluß, ſie zu verlaſſen, und unter das Haͤuflein der Rechtſchaffenen ſich zu miſchen. Was iſt dabey ſeine Haupt-Ab- ſicht? Er will es der Welt zu leide thun. Mancher ſchlaͤgt ſich zu einer Parthie, um gewiſſer Meynungen willen, die ſeinem na- tuͤrlichen Herze und denen Trieben deſſelben kommlicher, und angenehmer ſind, als an- dere. Und wie viele machen aus ihrem Laufen, Mitmachen und Schwaͤtzen ein Gewerbe, und ſuchen darmit irdiſche und fleiſchliche Abſichten, auch unter dem ſchoͤn- ſten Schein zu erreichen, wodurch aber viele in die groͤbſten Unlauterkeiten, ja die ge- faͤhr-

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Zitationshilfe: Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759/372>, abgerufen am 25.11.2024.