Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759.

Bild:
<< vorherige Seite
Der grossen und seligen

Eben diese zärtliche Bemühungen JEsu
zeigten sich bey unserer so tief gefallenen und
verirrten Person, eben diese Mitleidensvolle
Rührungen, giengen aus dem Herze des
Heylandes, und wirkten in ihr eint und
andere Bewegungen, die sie endlich noch
von dem völligen Untergange errettet, zum
Nachdenken und einem rechtschaffenen Um-
kehren gebracht hat.

Mißbrauche aber o irrende Seele! die-
sen Liebesaffect deines Heylandes nicht!
denke nicht! ist dem HErrn JEsu so viel
an der Errettung einer einigen abtrünnigen
Seele gelegen, verlieret er nicht gerne auch
die geringste und undankbarste von densel-
ben, treibt ihn sein langmüthiges Erbar-
men an, derselben in die Wildniß und Wü-
ste so lange nachzulaufen, bis er sie wieder
gefunden und errettet hat, so will ich mich
nicht lange grämen, und mir mein Leben
sauer und bitter machen, ich will in meinem
Laufe, und in meinen Sünden fortgehen,
will der Hirte meiner etwas, so wird er mich
schon zu suchen, und zurecht zu bringen
wissen. Nein! das wäre auf Gnade hin-
gesündiget, muthwillig und vorsetzlich ein-
gewilliget, ein Raub des Feindes zu seyn,
und immerhin zu bleiben. Mache es viel-
mehr also: merkest du auf der Flucht von
JEsu noch etwas in deinem Jnnwendigen,

das
Der groſſen und ſeligen

Eben dieſe zaͤrtliche Bemuͤhungen JEſu
zeigten ſich bey unſerer ſo tief gefallenen und
verirrten Perſon, eben dieſe Mitleidensvolle
Ruͤhrungen, giengen aus dem Herze des
Heylandes, und wirkten in ihr eint und
andere Bewegungen, die ſie endlich noch
von dem voͤlligen Untergange errettet, zum
Nachdenken und einem rechtſchaffenen Um-
kehren gebracht hat.

Mißbrauche aber o irrende Seele! die-
ſen Liebesaffect deines Heylandes nicht!
denke nicht! iſt dem HErrn JEſu ſo viel
an der Errettung einer einigen abtruͤnnigen
Seele gelegen, verlieret er nicht gerne auch
die geringſte und undankbarſte von denſel-
ben, treibt ihn ſein langmuͤthiges Erbar-
men an, derſelben in die Wildniß und Wuͤ-
ſte ſo lange nachzulaufen, bis er ſie wieder
gefunden und errettet hat, ſo will ich mich
nicht lange graͤmen, und mir mein Leben
ſauer und bitter machen, ich will in meinem
Laufe, und in meinen Suͤnden fortgehen,
will der Hirte meiner etwas, ſo wird er mich
ſchon zu ſuchen, und zurecht zu bringen
wiſſen. Nein! das waͤre auf Gnade hin-
geſuͤndiget, muthwillig und vorſetzlich ein-
gewilliget, ein Raub des Feindes zu ſeyn,
und immerhin zu bleiben. Mache es viel-
mehr alſo: merkeſt du auf der Flucht von
JEſu noch etwas in deinem Jnnwendigen,

das
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0288" n="236"/>
        <fw place="top" type="header">Der gro&#x017F;&#x017F;en und &#x017F;eligen</fw><lb/>
        <p>Eben die&#x017F;e za&#x0364;rtliche Bemu&#x0364;hungen JE&#x017F;u<lb/>
zeigten &#x017F;ich bey un&#x017F;erer &#x017F;o tief gefallenen und<lb/>
verirrten Per&#x017F;on, eben die&#x017F;e Mitleidensvolle<lb/>
Ru&#x0364;hrungen, giengen aus dem Herze des<lb/>
Heylandes, und wirkten in ihr eint und<lb/>
andere Bewegungen, die &#x017F;ie endlich noch<lb/>
von dem vo&#x0364;lligen Untergange errettet, zum<lb/>
Nachdenken und einem recht&#x017F;chaffenen Um-<lb/>
kehren gebracht hat.</p><lb/>
        <p>Mißbrauche aber o irrende Seele! die-<lb/>
&#x017F;en Liebesaffect deines Heylandes nicht!<lb/>
denke nicht! i&#x017F;t dem HErrn JE&#x017F;u &#x017F;o viel<lb/>
an der Errettung einer einigen abtru&#x0364;nnigen<lb/>
Seele gelegen, verlieret er nicht gerne auch<lb/>
die gering&#x017F;te und undankbar&#x017F;te von den&#x017F;el-<lb/>
ben, treibt ihn &#x017F;ein langmu&#x0364;thiges Erbar-<lb/>
men an, der&#x017F;elben in die Wildniß und Wu&#x0364;-<lb/>
&#x017F;te &#x017F;o lange nachzulaufen, bis er &#x017F;ie wieder<lb/>
gefunden und errettet hat, &#x017F;o will ich mich<lb/>
nicht lange gra&#x0364;men, und mir mein Leben<lb/>
&#x017F;auer und bitter machen, ich will in meinem<lb/>
Laufe, und in meinen Su&#x0364;nden fortgehen,<lb/>
will der Hirte meiner etwas, &#x017F;o wird er mich<lb/>
&#x017F;chon zu &#x017F;uchen, und zurecht zu bringen<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en. Nein! das wa&#x0364;re auf Gnade hin-<lb/>
ge&#x017F;u&#x0364;ndiget, muthwillig und vor&#x017F;etzlich ein-<lb/>
gewilliget, ein Raub des Feindes zu &#x017F;eyn,<lb/>
und immerhin zu bleiben. Mache es viel-<lb/>
mehr al&#x017F;o: merke&#x017F;t du auf der Flucht von<lb/>
JE&#x017F;u noch etwas in deinem Jnnwendigen,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">das</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[236/0288] Der groſſen und ſeligen Eben dieſe zaͤrtliche Bemuͤhungen JEſu zeigten ſich bey unſerer ſo tief gefallenen und verirrten Perſon, eben dieſe Mitleidensvolle Ruͤhrungen, giengen aus dem Herze des Heylandes, und wirkten in ihr eint und andere Bewegungen, die ſie endlich noch von dem voͤlligen Untergange errettet, zum Nachdenken und einem rechtſchaffenen Um- kehren gebracht hat. Mißbrauche aber o irrende Seele! die- ſen Liebesaffect deines Heylandes nicht! denke nicht! iſt dem HErrn JEſu ſo viel an der Errettung einer einigen abtruͤnnigen Seele gelegen, verlieret er nicht gerne auch die geringſte und undankbarſte von denſel- ben, treibt ihn ſein langmuͤthiges Erbar- men an, derſelben in die Wildniß und Wuͤ- ſte ſo lange nachzulaufen, bis er ſie wieder gefunden und errettet hat, ſo will ich mich nicht lange graͤmen, und mir mein Leben ſauer und bitter machen, ich will in meinem Laufe, und in meinen Suͤnden fortgehen, will der Hirte meiner etwas, ſo wird er mich ſchon zu ſuchen, und zurecht zu bringen wiſſen. Nein! das waͤre auf Gnade hin- geſuͤndiget, muthwillig und vorſetzlich ein- gewilliget, ein Raub des Feindes zu ſeyn, und immerhin zu bleiben. Mache es viel- mehr alſo: merkeſt du auf der Flucht von JEſu noch etwas in deinem Jnnwendigen, das

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759/288
Zitationshilfe: Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759/288>, abgerufen am 22.11.2024.