Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759.

Bild:
<< vorherige Seite

Der grossen und seligen
ihnen viele Vortheile zuwirfet. Wann
würde man aber fertig werden, wenn man
allen traurigen Quellen des Verderbens
und der Sicherheit der Menschen nachgra-
ben wollte! Jch will aber nur noch zwo
aufdecken, die gar besonders in unsern heu-
tigen Tagen Ursachen des allgemeinen Ver-
falls und der Blindheit und Sicherheit der
Menschen sind. Die erste ist diese: Die
meisten Menschen, sonderlich in grossen
Städten, sind unmäßig damit eingenom-
men, durch einen hohen fliegenden Geist,
und durch einen freyen und ungebundenen
Gebrauch ihrer ungeheiligten und verdor-
benen Vernunft, sich bey der Welt den Weg
zu ihrer Erhöhung, Wohlfahrt und Ver-
gnügen zu bahnen; hören nun solche Men-
schen, wie man als ein armer in sich selbst
Tod- und Verdammnißwürdiger Sünder
mit thränendem und demüthigem Herze in
dem Blute und dem Opfer des zwischen de-
nen Mördern gecreutzigten und getödeten
Heylandes alleine das suchen müsse, was in
Zeit und Ewigkeit den Menschen wahrhaf-
tig hoch und glückselig machen könne, und
daß man in der Nachfolge, und in dem
Treuseyn bis zum Tode, bey dem vor der
Welt niedrigen, armen und verachteten
JEsu unter dem Creutze, Verspottung und
vielerley Trübsale aushalten müsse. Sehen

sie,

Der groſſen und ſeligen
ihnen viele Vortheile zuwirfet. Wann
wuͤrde man aber fertig werden, wenn man
allen traurigen Quellen des Verderbens
und der Sicherheit der Menſchen nachgra-
ben wollte! Jch will aber nur noch zwo
aufdecken, die gar beſonders in unſern heu-
tigen Tagen Urſachen des allgemeinen Ver-
falls und der Blindheit und Sicherheit der
Menſchen ſind. Die erſte iſt dieſe: Die
meiſten Menſchen, ſonderlich in groſſen
Staͤdten, ſind unmaͤßig damit eingenom-
men, durch einen hohen fliegenden Geiſt,
und durch einen freyen und ungebundenen
Gebrauch ihrer ungeheiligten und verdor-
benen Vernunft, ſich bey der Welt den Weg
zu ihrer Erhoͤhung, Wohlfahrt und Ver-
gnuͤgen zu bahnen; hoͤren nun ſolche Men-
ſchen, wie man als ein armer in ſich ſelbſt
Tod- und Verdammnißwuͤrdiger Suͤnder
mit thraͤnendem und demuͤthigem Herze in
dem Blute und dem Opfer des zwiſchen de-
nen Moͤrdern gecreutzigten und getoͤdeten
Heylandes alleine das ſuchen muͤſſe, was in
Zeit und Ewigkeit den Menſchen wahrhaf-
tig hoch und gluͤckſelig machen koͤnne, und
daß man in der Nachfolge, und in dem
Treuſeyn bis zum Tode, bey dem vor der
Welt niedrigen, armen und verachteten
JEſu unter dem Creutze, Verſpottung und
vielerley Truͤbſale aushalten muͤſſe. Sehen

ſie,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0254" n="202"/><fw place="top" type="header">Der gro&#x017F;&#x017F;en und &#x017F;eligen</fw><lb/>
ihnen viele Vortheile zuwirfet. Wann<lb/>
wu&#x0364;rde man aber fertig werden, wenn man<lb/>
allen traurigen Quellen des Verderbens<lb/>
und der Sicherheit der Men&#x017F;chen nachgra-<lb/>
ben wollte! Jch will aber nur noch zwo<lb/>
aufdecken, die gar be&#x017F;onders in un&#x017F;ern heu-<lb/>
tigen Tagen Ur&#x017F;achen des allgemeinen Ver-<lb/>
falls und der Blindheit und Sicherheit der<lb/>
Men&#x017F;chen &#x017F;ind. Die er&#x017F;te i&#x017F;t die&#x017F;e: Die<lb/>
mei&#x017F;ten Men&#x017F;chen, &#x017F;onderlich in gro&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Sta&#x0364;dten, &#x017F;ind unma&#x0364;ßig damit eingenom-<lb/>
men, durch einen hohen fliegenden Gei&#x017F;t,<lb/>
und durch einen freyen und ungebundenen<lb/>
Gebrauch ihrer ungeheiligten und verdor-<lb/>
benen Vernunft, &#x017F;ich bey der Welt den Weg<lb/>
zu ihrer Erho&#x0364;hung, Wohlfahrt und Ver-<lb/>
gnu&#x0364;gen zu bahnen; ho&#x0364;ren nun &#x017F;olche Men-<lb/>
&#x017F;chen, wie man als ein armer in &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
Tod- und Verdammnißwu&#x0364;rdiger Su&#x0364;nder<lb/>
mit thra&#x0364;nendem und demu&#x0364;thigem Herze in<lb/>
dem Blute und dem Opfer des zwi&#x017F;chen de-<lb/>
nen Mo&#x0364;rdern gecreutzigten und geto&#x0364;deten<lb/>
Heylandes alleine das &#x017F;uchen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, was in<lb/>
Zeit und Ewigkeit den Men&#x017F;chen wahrhaf-<lb/>
tig hoch und glu&#x0364;ck&#x017F;elig machen ko&#x0364;nne, und<lb/>
daß man in der Nachfolge, und in dem<lb/>
Treu&#x017F;eyn bis zum Tode, bey dem vor der<lb/>
Welt niedrigen, armen und verachteten<lb/>
JE&#x017F;u unter dem Creutze, Ver&#x017F;pottung und<lb/>
vielerley Tru&#x0364;b&#x017F;ale aushalten mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e. Sehen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ie,</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[202/0254] Der groſſen und ſeligen ihnen viele Vortheile zuwirfet. Wann wuͤrde man aber fertig werden, wenn man allen traurigen Quellen des Verderbens und der Sicherheit der Menſchen nachgra- ben wollte! Jch will aber nur noch zwo aufdecken, die gar beſonders in unſern heu- tigen Tagen Urſachen des allgemeinen Ver- falls und der Blindheit und Sicherheit der Menſchen ſind. Die erſte iſt dieſe: Die meiſten Menſchen, ſonderlich in groſſen Staͤdten, ſind unmaͤßig damit eingenom- men, durch einen hohen fliegenden Geiſt, und durch einen freyen und ungebundenen Gebrauch ihrer ungeheiligten und verdor- benen Vernunft, ſich bey der Welt den Weg zu ihrer Erhoͤhung, Wohlfahrt und Ver- gnuͤgen zu bahnen; hoͤren nun ſolche Men- ſchen, wie man als ein armer in ſich ſelbſt Tod- und Verdammnißwuͤrdiger Suͤnder mit thraͤnendem und demuͤthigem Herze in dem Blute und dem Opfer des zwiſchen de- nen Moͤrdern gecreutzigten und getoͤdeten Heylandes alleine das ſuchen muͤſſe, was in Zeit und Ewigkeit den Menſchen wahrhaf- tig hoch und gluͤckſelig machen koͤnne, und daß man in der Nachfolge, und in dem Treuſeyn bis zum Tode, bey dem vor der Welt niedrigen, armen und verachteten JEſu unter dem Creutze, Verſpottung und vielerley Truͤbſale aushalten muͤſſe. Sehen ſie,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759/254
Zitationshilfe: Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759/254>, abgerufen am 22.11.2024.