Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759.

Bild:
<< vorherige Seite

Der grossen und seligen
seine verderbliche Absichten zu ihrem Unter-
gange auszuführen. Die Anfechtungen
verlohren sich aber nach und nach bey der-
selben, alle Unruhe und Bangigkeit ver-
schwand wieder, in dem Gemüthe zeigte sich
die vorige Lebhaftigkeit und Munterkeit.
Sie war froh, und meynte, wie gut und
glückselig ihr Zustand sey, daß sie nun der
Welt, und der Ergötzlichkeiten derselben sich
wieder bedienen, und in einem aufgeräum-
ten und freudigen Wesen, wie andere Leute,
leben könnte. Aber je höher nach und nach
bey ihr das Leben in dem Jrdischen stiege,
desto tiefer versank die arme Seele in den
vorigen sichern und todten Zustand der
Sünde. Jhre Fröhlichkeit, die sich an ihr
äusserte, war kein innerer Friede aus GOtt,
sondern die vorige Leichtsinnigkeit; wenig
bliebe bey ihr übrig, als ein äusserer Bey-
fall zum Guten, und eine Neigung zu de-
nen äusserlichen Mitteln der Gnade; bey
dem allem behielt sie doch etwas in dem Ge-
wissen zurück, das ihr zu Zeiten mitten in
denen Freuden der Welt sagte, es stehe noch
nicht gut und recht mit der Seele. Sie
kannte aber (wie sie hernach bekennet) we-
der bey dieser, noch der ersten Aufweckung,
nichts von dem, was der HErr bey allen
diesen Umständen, für das Heil und Leben
ihrer Seele gesuchet, biß ihr in der dritten

und

Der groſſen und ſeligen
ſeine verderbliche Abſichten zu ihrem Unter-
gange auszufuͤhren. Die Anfechtungen
verlohren ſich aber nach und nach bey der-
ſelben, alle Unruhe und Bangigkeit ver-
ſchwand wieder, in dem Gemuͤthe zeigte ſich
die vorige Lebhaftigkeit und Munterkeit.
Sie war froh, und meynte, wie gut und
gluͤckſelig ihr Zuſtand ſey, daß ſie nun der
Welt, und der Ergoͤtzlichkeiten derſelben ſich
wieder bedienen, und in einem aufgeraͤum-
ten und freudigen Weſen, wie andere Leute,
leben koͤnnte. Aber je hoͤher nach und nach
bey ihr das Leben in dem Jrdiſchen ſtiege,
deſto tiefer verſank die arme Seele in den
vorigen ſichern und todten Zuſtand der
Suͤnde. Jhre Froͤhlichkeit, die ſich an ihr
aͤuſſerte, war kein innerer Friede aus GOtt,
ſondern die vorige Leichtſinnigkeit; wenig
bliebe bey ihr uͤbrig, als ein aͤuſſerer Bey-
fall zum Guten, und eine Neigung zu de-
nen aͤuſſerlichen Mitteln der Gnade; bey
dem allem behielt ſie doch etwas in dem Ge-
wiſſen zuruͤck, das ihr zu Zeiten mitten in
denen Freuden der Welt ſagte, es ſtehe noch
nicht gut und recht mit der Seele. Sie
kannte aber (wie ſie hernach bekennet) we-
der bey dieſer, noch der erſten Aufweckung,
nichts von dem, was der HErr bey allen
dieſen Umſtaͤnden, fuͤr das Heil und Leben
ihrer Seele geſuchet, biß ihr in der dritten

und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0154" n="102"/><fw place="top" type="header">Der gro&#x017F;&#x017F;en und &#x017F;eligen</fw><lb/>
&#x017F;eine verderbliche Ab&#x017F;ichten zu ihrem Unter-<lb/>
gange auszufu&#x0364;hren. Die Anfechtungen<lb/>
verlohren &#x017F;ich aber nach und nach bey der-<lb/>
&#x017F;elben, alle Unruhe und Bangigkeit ver-<lb/>
&#x017F;chwand wieder, in dem Gemu&#x0364;the zeigte &#x017F;ich<lb/>
die vorige Lebhaftigkeit und Munterkeit.<lb/>
Sie war froh, und meynte, wie gut und<lb/>
glu&#x0364;ck&#x017F;elig ihr Zu&#x017F;tand &#x017F;ey, daß &#x017F;ie nun der<lb/>
Welt, und der Ergo&#x0364;tzlichkeiten der&#x017F;elben &#x017F;ich<lb/>
wieder bedienen, und in einem aufgera&#x0364;um-<lb/>
ten und freudigen We&#x017F;en, wie andere Leute,<lb/>
leben ko&#x0364;nnte. Aber je ho&#x0364;her nach und nach<lb/>
bey ihr das Leben in dem Jrdi&#x017F;chen &#x017F;tiege,<lb/>
de&#x017F;to tiefer ver&#x017F;ank die arme Seele in den<lb/>
vorigen &#x017F;ichern und todten Zu&#x017F;tand der<lb/>
Su&#x0364;nde. Jhre Fro&#x0364;hlichkeit, die &#x017F;ich an ihr<lb/>
a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erte, war kein innerer Friede aus GOtt,<lb/>
&#x017F;ondern die vorige Leicht&#x017F;innigkeit; wenig<lb/>
bliebe bey ihr u&#x0364;brig, als ein a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erer Bey-<lb/>
fall zum Guten, und eine Neigung zu de-<lb/>
nen a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlichen Mitteln der Gnade; bey<lb/>
dem allem behielt &#x017F;ie doch etwas in dem Ge-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en zuru&#x0364;ck, das ihr zu Zeiten mitten in<lb/>
denen Freuden der Welt &#x017F;agte, es &#x017F;tehe noch<lb/>
nicht gut und recht mit der Seele. Sie<lb/>
kannte aber (wie &#x017F;ie hernach bekennet) we-<lb/>
der bey die&#x017F;er, noch der er&#x017F;ten Aufweckung,<lb/>
nichts von dem, was der HErr bey allen<lb/>
die&#x017F;en Um&#x017F;ta&#x0364;nden, fu&#x0364;r das Heil und Leben<lb/>
ihrer Seele ge&#x017F;uchet, biß ihr in der dritten<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[102/0154] Der groſſen und ſeligen ſeine verderbliche Abſichten zu ihrem Unter- gange auszufuͤhren. Die Anfechtungen verlohren ſich aber nach und nach bey der- ſelben, alle Unruhe und Bangigkeit ver- ſchwand wieder, in dem Gemuͤthe zeigte ſich die vorige Lebhaftigkeit und Munterkeit. Sie war froh, und meynte, wie gut und gluͤckſelig ihr Zuſtand ſey, daß ſie nun der Welt, und der Ergoͤtzlichkeiten derſelben ſich wieder bedienen, und in einem aufgeraͤum- ten und freudigen Weſen, wie andere Leute, leben koͤnnte. Aber je hoͤher nach und nach bey ihr das Leben in dem Jrdiſchen ſtiege, deſto tiefer verſank die arme Seele in den vorigen ſichern und todten Zuſtand der Suͤnde. Jhre Froͤhlichkeit, die ſich an ihr aͤuſſerte, war kein innerer Friede aus GOtt, ſondern die vorige Leichtſinnigkeit; wenig bliebe bey ihr uͤbrig, als ein aͤuſſerer Bey- fall zum Guten, und eine Neigung zu de- nen aͤuſſerlichen Mitteln der Gnade; bey dem allem behielt ſie doch etwas in dem Ge- wiſſen zuruͤck, das ihr zu Zeiten mitten in denen Freuden der Welt ſagte, es ſtehe noch nicht gut und recht mit der Seele. Sie kannte aber (wie ſie hernach bekennet) we- der bey dieſer, noch der erſten Aufweckung, nichts von dem, was der HErr bey allen dieſen Umſtaͤnden, fuͤr das Heil und Leben ihrer Seele geſuchet, biß ihr in der dritten und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759/154
Zitationshilfe: Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759/154>, abgerufen am 23.11.2024.