eilend nöthig es sey, mit Ernst daran zu gedenken, und mit Eyfer darum beküm- mert zu seyn, daß sie ihre eigene, und denn auch die Seelen ihrer Kinder erretten. Er- fülle zu diesem Ende ihre Herzen mit einer solchen heiligen Unruhe, und Bekümmer- niß, daß sie sich nicht ehender können zu- frieden geben, biß sie unter deiner Gnade selbsten zu der seligen Veränderung ihrer Herzen gekommen, und auch ihre Kinder aus dir neu gebohren, und zu dem Leben der Gnade gezogen sind.
Nachdem nun die ersten Lockungen und Bemühungen des Hirten der Schaafen an dieser Person in ihren Kinderjahren nichts erreichet, so suchte nun der Heyland auf ei- ne andere Weise ihr Herze anzugreifen, um sie zu vermögen, ihre Zuflucht zu ihm und seiner Gnade zu nehmen. Es war aber diese zweyte Aufweckung von der ersten sehr verschieden, da sich der HErr zuvor auf eine sehr süsse lieblichreitzende Weise in denen Seilern seiner Liebe sie zu sich zu ziehen be- mühete, so ließ er sie jetzund in einen rau- hen, ängstlichen und fürchterlichen Weg ge- führet werden. So machet es die Liebe, die unermüdet um das Leben der Menschen sorget, sie klopfet einmahl über das andere an, daß man ihr doch die Thüre zu dem Herzen eröfne, und sie zu Besitzung und Be-
herr-
G
Thaten der Gnade. II. Stuͤck.
eilend noͤthig es ſey, mit Ernſt daran zu gedenken, und mit Eyfer darum bekuͤm- mert zu ſeyn, daß ſie ihre eigene, und denn auch die Seelen ihrer Kinder erretten. Er- fuͤlle zu dieſem Ende ihre Herzen mit einer ſolchen heiligen Unruhe, und Bekuͤmmer- niß, daß ſie ſich nicht ehender koͤnnen zu- frieden geben, biß ſie unter deiner Gnade ſelbſten zu der ſeligen Veraͤnderung ihrer Herzen gekommen, und auch ihre Kinder aus dir neu gebohren, und zu dem Leben der Gnade gezogen ſind.
Nachdem nun die erſten Lockungen und Bemuͤhungen des Hirten der Schaafen an dieſer Perſon in ihren Kinderjahren nichts erreichet, ſo ſuchte nun der Heyland auf ei- ne andere Weiſe ihr Herze anzugreifen, um ſie zu vermoͤgen, ihre Zuflucht zu ihm und ſeiner Gnade zu nehmen. Es war aber dieſe zweyte Aufweckung von der erſten ſehr verſchieden, da ſich der HErr zuvor auf eine ſehr ſuͤſſe lieblichreitzende Weiſe in denen Seilern ſeiner Liebe ſie zu ſich zu ziehen be- muͤhete, ſo ließ er ſie jetzund in einen rau- hen, aͤngſtlichen und fuͤrchterlichen Weg ge- fuͤhret werden. So machet es die Liebe, die unermuͤdet um das Leben der Menſchen ſorget, ſie klopfet einmahl uͤber das andere an, daß man ihr doch die Thuͤre zu dem Herzen eroͤfne, und ſie zu Beſitzung und Be-
herr-
G
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0149"n="97"/><fwplace="top"type="header">Thaten der Gnade. <hirendition="#aq">II</hi>. Stuͤck.</fw><lb/>
eilend noͤthig es ſey, mit Ernſt daran zu<lb/>
gedenken, und mit Eyfer darum bekuͤm-<lb/>
mert zu ſeyn, daß ſie ihre eigene, und denn<lb/>
auch die Seelen ihrer Kinder erretten. Er-<lb/>
fuͤlle zu dieſem Ende ihre Herzen mit einer<lb/>ſolchen heiligen Unruhe, und Bekuͤmmer-<lb/>
niß, daß ſie ſich nicht ehender koͤnnen zu-<lb/>
frieden geben, biß ſie unter deiner Gnade<lb/>ſelbſten zu der ſeligen Veraͤnderung ihrer<lb/>
Herzen gekommen, und auch ihre Kinder<lb/>
aus dir neu gebohren, und zu dem Leben<lb/>
der Gnade gezogen ſind.</p><lb/><p>Nachdem nun die erſten Lockungen und<lb/>
Bemuͤhungen des Hirten der Schaafen an<lb/>
dieſer Perſon in ihren Kinderjahren nichts<lb/>
erreichet, ſo ſuchte nun der Heyland auf ei-<lb/>
ne andere Weiſe ihr Herze anzugreifen, um<lb/>ſie zu vermoͤgen, ihre Zuflucht zu ihm und<lb/>ſeiner Gnade zu nehmen. Es war aber<lb/>
dieſe zweyte Aufweckung von der erſten ſehr<lb/>
verſchieden, da ſich der HErr zuvor auf eine<lb/>ſehr ſuͤſſe lieblichreitzende Weiſe in denen<lb/>
Seilern ſeiner Liebe ſie zu ſich zu ziehen be-<lb/>
muͤhete, ſo ließ er ſie jetzund in einen rau-<lb/>
hen, aͤngſtlichen und fuͤrchterlichen Weg ge-<lb/>
fuͤhret werden. So machet es die Liebe,<lb/>
die unermuͤdet um das Leben der Menſchen<lb/>ſorget, ſie klopfet einmahl uͤber das andere<lb/>
an, daß man ihr doch die Thuͤre zu dem<lb/>
Herzen eroͤfne, und ſie zu Beſitzung und Be-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">G</fw><fwplace="bottom"type="catch">herr-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[97/0149]
Thaten der Gnade. II. Stuͤck.
eilend noͤthig es ſey, mit Ernſt daran zu
gedenken, und mit Eyfer darum bekuͤm-
mert zu ſeyn, daß ſie ihre eigene, und denn
auch die Seelen ihrer Kinder erretten. Er-
fuͤlle zu dieſem Ende ihre Herzen mit einer
ſolchen heiligen Unruhe, und Bekuͤmmer-
niß, daß ſie ſich nicht ehender koͤnnen zu-
frieden geben, biß ſie unter deiner Gnade
ſelbſten zu der ſeligen Veraͤnderung ihrer
Herzen gekommen, und auch ihre Kinder
aus dir neu gebohren, und zu dem Leben
der Gnade gezogen ſind.
Nachdem nun die erſten Lockungen und
Bemuͤhungen des Hirten der Schaafen an
dieſer Perſon in ihren Kinderjahren nichts
erreichet, ſo ſuchte nun der Heyland auf ei-
ne andere Weiſe ihr Herze anzugreifen, um
ſie zu vermoͤgen, ihre Zuflucht zu ihm und
ſeiner Gnade zu nehmen. Es war aber
dieſe zweyte Aufweckung von der erſten ſehr
verſchieden, da ſich der HErr zuvor auf eine
ſehr ſuͤſſe lieblichreitzende Weiſe in denen
Seilern ſeiner Liebe ſie zu ſich zu ziehen be-
muͤhete, ſo ließ er ſie jetzund in einen rau-
hen, aͤngſtlichen und fuͤrchterlichen Weg ge-
fuͤhret werden. So machet es die Liebe,
die unermuͤdet um das Leben der Menſchen
ſorget, ſie klopfet einmahl uͤber das andere
an, daß man ihr doch die Thuͤre zu dem
Herzen eroͤfne, und ſie zu Beſitzung und Be-
herr-
G
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759/149>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.