Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759.Der grossen und seligen hen, und sie könnte wohl gar nach undnach vom Verstand und Sinnen kommen. Je unrechter nun die Begriffe waren, die man von diesem Kind bey seinem noch un- mündigen Alter hatte, so verkehrt waren die Mittel, die man anzuwenden trachtete, diesem vermeynten Uebel noch in Zeiten zu begegnen: Man führte sie zu diesem Ende zu einem Arzt, um sich bey demselben zu berathen, was man doch für dienliche und hinlängliche Mittel brauchen sollte, das Kind wieder zurecht und zu seiner vorigen Lebhaftigkeit und Verstande zu bringen. Der Arzt liesse sich nun alle Umstände er- zählen, wie dieses vermeynte Uebel sich bey dem Kind angefangen, worinnen sich das- selbe nun äussere, und was für Abwechs- lungen sich dabey zeigten. Er suchte auch das Kind selbsten sorgfältig zu prüfen, und nachzuforschen, ob er bey demselben etwas verwirrtes finden und verspüren könnte; er vermochte aber aller angewendter Mühe und Sorgfalt ungeachtet nichts zu entde- cken, woraus er mit Grund die Gefahr zu verruckten Sinnen oder einer Wahnsinnig- keit hätte schliessen können; er liesse es daher ohne Mittel wieder von sich. Da nun das Kind nicht fähig war, einem erfahrnen Christen, und in denen Wegen GOttes ge- übten Menschen sich zu entdecken, auch nie- mand
Der groſſen und ſeligen hen, und ſie koͤnnte wohl gar nach undnach vom Verſtand und Sinnen kommen. Je unrechter nun die Begriffe waren, die man von dieſem Kind bey ſeinem noch un- muͤndigen Alter hatte, ſo verkehrt waren die Mittel, die man anzuwenden trachtete, dieſem vermeynten Uebel noch in Zeiten zu begegnen: Man fuͤhrte ſie zu dieſem Ende zu einem Arzt, um ſich bey demſelben zu berathen, was man doch fuͤr dienliche und hinlaͤngliche Mittel brauchen ſollte, das Kind wieder zurecht und zu ſeiner vorigen Lebhaftigkeit und Verſtande zu bringen. Der Arzt lieſſe ſich nun alle Umſtaͤnde er- zaͤhlen, wie dieſes vermeynte Uebel ſich bey dem Kind angefangen, worinnen ſich daſ- ſelbe nun aͤuſſere, und was fuͤr Abwechs- lungen ſich dabey zeigten. Er ſuchte auch das Kind ſelbſten ſorgfaͤltig zu pruͤfen, und nachzuforſchen, ob er bey demſelben etwas verwirrtes finden und verſpuͤren koͤnnte; er vermochte aber aller angewendter Muͤhe und Sorgfalt ungeachtet nichts zu entde- cken, woraus er mit Grund die Gefahr zu verruckten Sinnen oder einer Wahnſinnig- keit haͤtte ſchlieſſen koͤnnen; er lieſſe es daher ohne Mittel wieder von ſich. Da nun das Kind nicht faͤhig war, einem erfahrnen Chriſten, und in denen Wegen GOttes ge- uͤbten Menſchen ſich zu entdecken, auch nie- mand
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Der groſſen und ſeligen
hen, und ſie koͤnnte wohl gar nach und
nach vom Verſtand und Sinnen kommen.
Je unrechter nun die Begriffe waren, die
man von dieſem Kind bey ſeinem noch un-
muͤndigen Alter hatte, ſo verkehrt waren
die Mittel, die man anzuwenden trachtete,
dieſem vermeynten Uebel noch in Zeiten zu
begegnen: Man fuͤhrte ſie zu dieſem Ende
zu einem Arzt, um ſich bey demſelben zu
berathen, was man doch fuͤr dienliche und
hinlaͤngliche Mittel brauchen ſollte, das
Kind wieder zurecht und zu ſeiner vorigen
Lebhaftigkeit und Verſtande zu bringen.
Der Arzt lieſſe ſich nun alle Umſtaͤnde er-
zaͤhlen, wie dieſes vermeynte Uebel ſich bey
dem Kind angefangen, worinnen ſich daſ-
ſelbe nun aͤuſſere, und was fuͤr Abwechs-
lungen ſich dabey zeigten. Er ſuchte auch
das Kind ſelbſten ſorgfaͤltig zu pruͤfen, und
nachzuforſchen, ob er bey demſelben etwas
verwirrtes finden und verſpuͤren koͤnnte; er
vermochte aber aller angewendter Muͤhe
und Sorgfalt ungeachtet nichts zu entde-
cken, woraus er mit Grund die Gefahr zu
verruckten Sinnen oder einer Wahnſinnig-
keit haͤtte ſchlieſſen koͤnnen; er lieſſe es daher
ohne Mittel wieder von ſich. Da nun das
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