Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759.Thaten der Gnade. II. Stück. von der künftigen Herrlichkeit habe, unddaher ausnehmende Dinge von der Selig- keit der Gläubigen im Himmel, und dem erhabenen Glanz des ewigen Lebens von sich hören ließ. Dieses machte einen gar tiefen Eindruck in ihr Gemüthe, und erfüllte ihr Herze mit einem solchen Nachdenken, daß sie so zu sagen, Tag und Nacht mit nichts anders umgieng, als mit einem beständigen Nachsinnen, und recht tiefen Gedanken von der künftigen Herrlichkeit. Je grösser und fürtreflicher ihr aber die Seligkeiten des ewigen Lebens fürkamen, desto empfindli- cher und lebendiger wurde ihre Seele dar- durch gerühret, und um so kräftiger er- wecket, in einem kindlichen Lallen unabläs- sig zu wünschen, und zu seufzen, daß sie doch der HErr in einen solchen seligen Zu- stand setzen möchte, daß sie dermahlen eins mit denen auserwählten Seelen in den Ge- nuß der Herrlichkeit des Himmels möchte versetzet werden. So gerne möchte der Hirte der Schaafe ver- F 4
Thaten der Gnade. II. Stuͤck. von der kuͤnftigen Herrlichkeit habe, unddaher ausnehmende Dinge von der Selig- keit der Glaͤubigen im Himmel, und dem erhabenen Glanz des ewigen Lebens von ſich hoͤren ließ. Dieſes machte einen gar tiefen Eindruck in ihr Gemuͤthe, und erfuͤllte ihr Herze mit einem ſolchen Nachdenken, daß ſie ſo zu ſagen, Tag und Nacht mit nichts anders umgieng, als mit einem beſtaͤndigen Nachſinnen, und recht tiefen Gedanken von der kuͤnftigen Herrlichkeit. Je groͤſſer und fuͤrtreflicher ihr aber die Seligkeiten des ewigen Lebens fuͤrkamen, deſto empfindli- cher und lebendiger wurde ihre Seele dar- durch geruͤhret, und um ſo kraͤftiger er- wecket, in einem kindlichen Lallen unablaͤſ- ſig zu wuͤnſchen, und zu ſeufzen, daß ſie doch der HErr in einen ſolchen ſeligen Zu- ſtand ſetzen moͤchte, daß ſie dermahlen eins mit denen auserwaͤhlten Seelen in den Ge- nuß der Herrlichkeit des Himmels moͤchte verſetzet werden. So gerne moͤchte der Hirte der Schaafe ver- F 4
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Thaten der Gnade. II. Stuͤck.
von der kuͤnftigen Herrlichkeit habe, und
daher ausnehmende Dinge von der Selig-
keit der Glaͤubigen im Himmel, und dem
erhabenen Glanz des ewigen Lebens von ſich
hoͤren ließ. Dieſes machte einen gar tiefen
Eindruck in ihr Gemuͤthe, und erfuͤllte ihr
Herze mit einem ſolchen Nachdenken, daß
ſie ſo zu ſagen, Tag und Nacht mit nichts
anders umgieng, als mit einem beſtaͤndigen
Nachſinnen, und recht tiefen Gedanken von
der kuͤnftigen Herrlichkeit. Je groͤſſer und
fuͤrtreflicher ihr aber die Seligkeiten des
ewigen Lebens fuͤrkamen, deſto empfindli-
cher und lebendiger wurde ihre Seele dar-
durch geruͤhret, und um ſo kraͤftiger er-
wecket, in einem kindlichen Lallen unablaͤſ-
ſig zu wuͤnſchen, und zu ſeufzen, daß ſie
doch der HErr in einen ſolchen ſeligen Zu-
ſtand ſetzen moͤchte, daß ſie dermahlen eins
mit denen auserwaͤhlten Seelen in den Ge-
nuß der Herrlichkeit des Himmels moͤchte
verſetzet werden.
So gerne moͤchte der Hirte der Schaafe
beyzeiten die junge Laͤmmer in ſeine Arme
ſammlen, in ſeinem Buſem tragen, und
aus dem Munde junger Kinder und Saͤug-
linge ihm ein Lob zurichten. Es iſt gewiß,
daß die Gnade am liebſten an den jungen
Herzen arbeitet, wenn die groben Ausbruͤche
der Suͤnden dieſelben noch nicht verwuͤſtet,
ver-
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Zitationshilfe: | Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759/139>, abgerufen am 16.07.2024. |