Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759.Thaten der Gnade. I. Stück. stes muß die Seele von der Mutter Brustabgezogen, und zu stärkerer Speise ange- führet und gewöhnt werden. Da aber Um- stände öfters dazwischen kommen, und al- les so dunkel wird, daß man die göttlichen Absichten weder begreifen, weniger sich die- selben zu nutze machen kan, so fasse die Seele folgendes zu ihrer Aufrichtung. a. Erin- nerest du dich die Liebe des Heylandes und seinen Frieden erfahren zu haben, und hast durch vorsetzliche Boßheitssünden denselben nicht von dir gestossen, so sey nur getrost, der Heyland ist nicht von dir gewichen, er ist dir noch sehr nahe, und bereitet sich, dir neue Seligkeiten mitzutheilen. b. Suche indessen durch andere Kennzeichen deines Gnadenstandes, deine Hofnung feste zu ma- chen. Hast du einen Eckel und Greuel an der Sünde und Eitelkeit, hungerest und dürstest du nach deinem Seelenfreund, wün- schest und trachtest du ihn noch inniger als jemahlen zu lieben, liebest du seine Glieder, machest du dir gerne alle Gelegenheiten zu nutze, näher zu dem Heyland und tiefer in seine Versöhnung zu dringen, so warte nur in der Stille, denn durch stille seyn und hoffen, steht dir der Himmel offen. c. Traue deinem Heylande auch ohne Gefühl, und laß es dir gefallen, ihm auch in denen dun- kelen E 5
Thaten der Gnade. I. Stuͤck. ſtes muß die Seele von der Mutter Bruſtabgezogen, und zu ſtaͤrkerer Speiſe ange- fuͤhret und gewoͤhnt werden. Da aber Um- ſtaͤnde oͤfters dazwiſchen kommen, und al- les ſo dunkel wird, daß man die goͤttlichen Abſichten weder begreifen, weniger ſich die- ſelben zu nutze machen kan, ſo faſſe die Seele folgendes zu ihrer Aufrichtung. a. Erin- nereſt du dich die Liebe des Heylandes und ſeinen Frieden erfahren zu haben, und haſt durch vorſetzliche Boßheitsſuͤnden denſelben nicht von dir geſtoſſen, ſo ſey nur getroſt, der Heyland iſt nicht von dir gewichen, er iſt dir noch ſehr nahe, und bereitet ſich, dir neue Seligkeiten mitzutheilen. b. Suche indeſſen durch andere Kennzeichen deines Gnadenſtandes, deine Hofnung feſte zu ma- chen. Haſt du einen Eckel und Greuel an der Suͤnde und Eitelkeit, hungereſt und duͤrſteſt du nach deinem Seelenfreund, wuͤn- ſcheſt und trachteſt du ihn noch inniger als jemahlen zu lieben, liebeſt du ſeine Glieder, macheſt du dir gerne alle Gelegenheiten zu nutze, naͤher zu dem Heyland und tiefer in ſeine Verſoͤhnung zu dringen, ſo warte nur in der Stille, denn durch ſtille ſeyn und hoffen, ſteht dir der Himmel offen. c. Traue deinem Heylande auch ohne Gefuͤhl, und laß es dir gefallen, ihm auch in denen dun- kelen E 5
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Thaten der Gnade. I. Stuͤck.
ſtes muß die Seele von der Mutter Bruſt
abgezogen, und zu ſtaͤrkerer Speiſe ange-
fuͤhret und gewoͤhnt werden. Da aber Um-
ſtaͤnde oͤfters dazwiſchen kommen, und al-
les ſo dunkel wird, daß man die goͤttlichen
Abſichten weder begreifen, weniger ſich die-
ſelben zu nutze machen kan, ſo faſſe die Seele
folgendes zu ihrer Aufrichtung. a. Erin-
nereſt du dich die Liebe des Heylandes und
ſeinen Frieden erfahren zu haben, und haſt
durch vorſetzliche Boßheitsſuͤnden denſelben
nicht von dir geſtoſſen, ſo ſey nur getroſt,
der Heyland iſt nicht von dir gewichen, er
iſt dir noch ſehr nahe, und bereitet ſich, dir
neue Seligkeiten mitzutheilen. b. Suche
indeſſen durch andere Kennzeichen deines
Gnadenſtandes, deine Hofnung feſte zu ma-
chen. Haſt du einen Eckel und Greuel an
der Suͤnde und Eitelkeit, hungereſt und
duͤrſteſt du nach deinem Seelenfreund, wuͤn-
ſcheſt und trachteſt du ihn noch inniger als
jemahlen zu lieben, liebeſt du ſeine Glieder,
macheſt du dir gerne alle Gelegenheiten zu
nutze, naͤher zu dem Heyland und tiefer in
ſeine Verſoͤhnung zu dringen, ſo warte nur
in der Stille, denn durch ſtille ſeyn und
hoffen, ſteht dir der Himmel offen. c. Traue
deinem Heylande auch ohne Gefuͤhl, und
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