Meyer, Leonhardt: Theatrum Historicvm [...] Erzehlung der fürnemsten und nuzlichsten Historien und Geschichten. Schaffhausen, 1665.den Mehl-Zoll wolten sie abgethan und abgeschaffet haben: Der Vice Re/ ruft jhnen von dem Fenster zu / den Frucht Zoll ab zuschaffen/ sie waren aber damit nicht zufriden/ sondern wolten alles haben/ stürmeten darauf auf den Pallast zu/ ohnangesehen jhnen solches von der Spanischen und Teutschen Wacht stark verwehret/ und mit aller Macht widerstanden wurde / wurden aber doch endlichen von dem gemeinen Pöbel übermeistert und gezwungen/ zuruk zuweichen/ drungen also mit gewalt in den Pallast hinein/ und hauseten in demselbigen nach jhrem gefallen/ wolten auch den Vice-Re mit Gewalt bej jhnen herunder haben/ daß sie selbsten mit jhme reden könten/ welche es er endlichen auch gethan/ umb durch dise Gelegenheit in die nechste Kirch zuentfliehen/ als er sich nun in die Kutschen gesezt / sazten sich alsobalden jhrer zween neben jhne/ mit blossen Dägen in Händen/ und bedroheten Ihne hefftig/ wofehrn er nicht alle Zöll abschaffen wurde/ darauf versprach er Ihnen in allem zuwillfahren: Indessen kamen noch andere verwegnere Gesellen/ und zwangen den Vice-Re/ widerumm aus der Kutschen heraus zu steigen/ damit sie desto besser mit Ihme reden könnten/ underdessen ersahe er einen Vortheil/ und warff etlich hundert Ducaten under das Volk/ damit er entzischen ihnen desto füglicher entgehen/ und die Kirchen erreichen könte/ welches auch geschehen: Vnd obwoln hierauf die Thüren alsobalden verschlossen wurden/ schlugen sie doch dieselbige über einen Hauffen/ und wolten mit Gewalt von dem Vice-Re seines Versprechens Brieff und Sigel haben/ welcher jhnen auch durch den Cardinal und Erzbischoff Philomarino zuwegen gebracht und zugestellet ward/ als sie aber aus demselbigen ersehen/ daß allein der Frucht- und halbe Mehl Zoll abgethan und abgeschaffet war/ wurde das lezte ärger als das erste/ wurden je länger je rasender/ und wurffen den Mas Aniello zu ihrem Haupt und Obersten auf/ welcher sich nun gar willfährig hier zu finden liesse. Hierauff war nun alles in vollem Harnisch/ und hörte man des andern Tages/ als die Sonn anbrach/ nichts als Trommeln und Trompetenschall/ die Musqueten donnerten auf allen Eken der gassen/ und kamen auch über das die Baursleuth in grosser Menge in die Statt/ einer trug an statt der Wehr einen halben Pflug/ der ander ein Pflugschar/ der dritt eine Schüppe/ und was ein jeder in der eil erwitschen konnte: Ja es fanden sich auch die Weiber mit Gablen/ Bratspiessen/ Schaufflen/ und dergleichen Instrumenten/ wie auch die kleineste Kinder mit Stäblen hierbej/ und ware es ein erschröklich Spectacul anzusehen/ huben ihr altes Liedlein/ und zwar vermehrt und verbessert/ widerumb anzufingen/ das Gott jhren König behüten/ und das böse Regiment der Teufel holen wolte / Hinweg/ hinweg mit den Zöllen/ die Hund aber zu dem Schinder/ die bishero in Wölffe verwandelt worden/ und die arme unschuldige Lämmer selbst gefressen haben/ daß die Blut-Eglen dasselbige blut/ so sie gesoffen/ wider in ihre verbrannte häuser ausspeien müsten: Nun ist die Zeit kommen/ das man dise unnüze Hummeln / welche den guten Immen der Armut/ jhren Honig/ ja ihr Fleisch und Blut verzehret haben/ mit dem rauch hinaus treibe/ und was dergleichen erschrökliche und abscheuliche Reden mehr gewesen. den Mehl-Zoll wolten sie abgethan und abgeschaffet haben: Der Vice Re/ ruft jhnen von dem Fenster zu / den Frucht Zoll ab zuschaffen/ sie waren aber damit nicht zufriden/ sondern wolten alles haben/ stürmeten darauf auf den Pallast zu/ ohnangesehen jhnen solches von der Spanischen und Teutschen Wacht stark verwehret/ und mit aller Macht widerstanden wurde / wurden aber doch endlichen von dem gemeinen Pöbel übermeistert und gezwungen/ zuruk zuweichen/ drungen also mit gewalt in den Pallast hinein/ und hauseten in demselbigen nach jhrem gefallen/ wolten auch den Vice-Re mit Gewalt bej jhnen herunder haben/ daß sie selbsten mit jhme reden könten/ welche es er endlichen auch gethan/ umb durch dise Gelegenheit in die nechste Kirch zuentfliehen/ als er sich nun in die Kutschen gesezt / sazten sich alsobalden jhrer zween neben jhne/ mit blossen Dägen in Händen/ und bedroheten Ihne hefftig/ wofehrn er nicht alle Zöll abschaffen wurde/ darauf versprach er Ihnen in allem zuwillfahren: Indessen kamen noch andere verwegnere Gesellen/ und zwangen den Vice-Re/ widerum̃ aus der Kutschen heraus zu steigen/ damit sie desto besser mit Ihme reden könnten/ underdessen ersahe er einen Vortheil/ und warff etlich hundert Ducaten under das Volk/ damit er entzischen ihnen desto füglicher entgehen/ und die Kirchen erreichen könte/ welches auch geschehen: Vnd obwoln hierauf die Thüren alsobalden verschlossen wurden/ schlugen sie doch dieselbige über einen Hauffen/ und wolten mit Gewalt von dem Vice-Re seines Versprechens Brieff und Sigel haben/ welcher jhnen auch durch den Cardinal und Erzbischoff Philomarino zuwegen gebracht und zugestellet ward/ als sie aber aus demselbigen ersehen/ daß allein der Frucht- und halbe Mehl Zoll abgethan und abgeschaffet war/ wurde das lezte ärger als das erste/ wurden je länger je rasender/ und wurffen den Mas Aniello zu ihrem Haupt und Obersten auf/ welcher sich nun gar willfährig hier zu finden liesse. Hierauff war nun alles in vollem Harnisch/ und hörte man des andern Tages/ als die Sonn anbrach/ nichts als Trommeln und Trompetenschall/ die Musqueten donnerten auf allen Eken der gassen/ und kamen auch über das die Baursleuth in grosser Menge in die Statt/ einer trug an statt der Wehr einen halben Pflug/ der ander ein Pflugschar/ der dritt eine Schüppe/ und was ein jeder in der eil erwitschen konnte: Ja es fanden sich auch die Weiber mit Gablen/ Bratspiessen/ Schaufflen/ und dergleichen Instrumenten/ wie auch die kleineste Kinder mit Stäblen hierbej/ und ware es ein erschröklich Spectacul anzusehen/ huben ihr altes Liedlein/ und zwar vermehrt und verbessert/ widerumb anzufingen/ das Gott jhren König behüten/ und das böse Regiment der Teufel holen wolte / Hinweg/ hinweg mit den Zöllen/ die Hund aber zu dem Schinder/ die bishero in Wölffe verwandelt worden/ und die arme unschuldige Lämmer selbst gefressen haben/ daß die Blut-Eglen dasselbige blut/ so sie gesoffen/ wider in ihre verbrañte häuser ausspeien müsten: Nun ist die Zeit kom̃en/ das man dise unnüze Hum̃eln / welche den guten Im̃en der Armut/ jhren Honig/ ja ihr Fleisch und Blut verzehret haben/ mit dem rauch hinaus treibe/ und was dergleichen erschrökliche und abscheuliche Reden mehr gewesen. <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0471" n="431"/> den Mehl-Zoll wolten sie abgethan und abgeschaffet haben: Der Vice Re/ ruft jhnen von dem Fenster zu / den Frucht Zoll ab zuschaffen/ sie waren aber damit nicht zufriden/ sondern wolten alles haben/ stürmeten darauf auf den Pallast zu/ ohnangesehen jhnen solches von der Spanischen und Teutschen Wacht stark verwehret/ und mit aller Macht widerstanden wurde / wurden aber doch endlichen von dem gemeinen Pöbel übermeistert und gezwungen/ zuruk zuweichen/ drungen also mit gewalt in den Pallast hinein/ und hauseten in demselbigen nach jhrem gefallen/ wolten auch den Vice-Re mit Gewalt bej jhnen herunder haben/ daß sie selbsten mit jhme reden könten/ welche es er endlichen auch gethan/ umb durch dise Gelegenheit in die nechste Kirch zuentfliehen/ als er sich nun in die Kutschen gesezt / sazten sich alsobalden jhrer zween neben jhne/ mit blossen Dägen in Händen/ und bedroheten Ihne hefftig/ wofehrn er nicht alle Zöll abschaffen wurde/ darauf versprach er Ihnen in allem zuwillfahren: Indessen kamen noch andere verwegnere Gesellen/ und zwangen den Vice-Re/ widerum̃ aus der Kutschen heraus zu steigen/ damit sie desto besser mit Ihme reden könnten/ underdessen ersahe er einen Vortheil/ und warff etlich hundert Ducaten under das Volk/ damit er entzischen ihnen desto füglicher entgehen/ und die Kirchen erreichen könte/ welches auch geschehen: Vnd obwoln hierauf die Thüren alsobalden verschlossen wurden/ schlugen sie doch dieselbige über einen Hauffen/ und wolten mit Gewalt von dem Vice-Re seines Versprechens Brieff und Sigel haben/ welcher jhnen auch durch den Cardinal und Erzbischoff Philomarino zuwegen gebracht und zugestellet ward/ als sie aber aus demselbigen ersehen/ daß allein der Frucht- und halbe Mehl Zoll abgethan und abgeschaffet war/ wurde das lezte ärger als das erste/ wurden je länger je rasender/ und wurffen den Mas Aniello zu ihrem Haupt und Obersten auf/ welcher sich nun gar willfährig hier zu finden liesse.</p> <p>Hierauff war nun alles in vollem Harnisch/ und hörte man des andern Tages/ als die Sonn anbrach/ nichts als Trommeln und Trompetenschall/ die Musqueten donnerten auf allen Eken der gassen/ und kamen auch über das die Baursleuth in grosser Menge in die Statt/ einer trug an statt der Wehr einen halben Pflug/ der ander ein Pflugschar/ der dritt eine Schüppe/ und was ein jeder in der eil erwitschen konnte: Ja es fanden sich auch die Weiber mit Gablen/ Bratspiessen/ Schaufflen/ und dergleichen Instrumenten/ wie auch die kleineste Kinder mit Stäblen hierbej/ und ware es ein erschröklich Spectacul anzusehen/ huben ihr altes Liedlein/ und zwar vermehrt und verbessert/ widerumb anzufingen/ das Gott jhren König behüten/ und das böse Regiment der Teufel holen wolte / Hinweg/ hinweg mit den Zöllen/ die Hund aber zu dem Schinder/ die bishero in Wölffe verwandelt worden/ und die arme unschuldige Lämmer selbst gefressen haben/ daß die Blut-Eglen dasselbige blut/ so sie gesoffen/ wider in ihre verbrañte häuser ausspeien müsten: Nun ist die Zeit kom̃en/ das man dise unnüze Hum̃eln / welche den guten Im̃en der Armut/ jhren Honig/ ja ihr Fleisch und Blut verzehret haben/ mit dem rauch hinaus treibe/ und was dergleichen erschrökliche und abscheuliche Reden mehr gewesen.</p> </div> </body> </text> </TEI> [431/0471]
den Mehl-Zoll wolten sie abgethan und abgeschaffet haben: Der Vice Re/ ruft jhnen von dem Fenster zu / den Frucht Zoll ab zuschaffen/ sie waren aber damit nicht zufriden/ sondern wolten alles haben/ stürmeten darauf auf den Pallast zu/ ohnangesehen jhnen solches von der Spanischen und Teutschen Wacht stark verwehret/ und mit aller Macht widerstanden wurde / wurden aber doch endlichen von dem gemeinen Pöbel übermeistert und gezwungen/ zuruk zuweichen/ drungen also mit gewalt in den Pallast hinein/ und hauseten in demselbigen nach jhrem gefallen/ wolten auch den Vice-Re mit Gewalt bej jhnen herunder haben/ daß sie selbsten mit jhme reden könten/ welche es er endlichen auch gethan/ umb durch dise Gelegenheit in die nechste Kirch zuentfliehen/ als er sich nun in die Kutschen gesezt / sazten sich alsobalden jhrer zween neben jhne/ mit blossen Dägen in Händen/ und bedroheten Ihne hefftig/ wofehrn er nicht alle Zöll abschaffen wurde/ darauf versprach er Ihnen in allem zuwillfahren: Indessen kamen noch andere verwegnere Gesellen/ und zwangen den Vice-Re/ widerum̃ aus der Kutschen heraus zu steigen/ damit sie desto besser mit Ihme reden könnten/ underdessen ersahe er einen Vortheil/ und warff etlich hundert Ducaten under das Volk/ damit er entzischen ihnen desto füglicher entgehen/ und die Kirchen erreichen könte/ welches auch geschehen: Vnd obwoln hierauf die Thüren alsobalden verschlossen wurden/ schlugen sie doch dieselbige über einen Hauffen/ und wolten mit Gewalt von dem Vice-Re seines Versprechens Brieff und Sigel haben/ welcher jhnen auch durch den Cardinal und Erzbischoff Philomarino zuwegen gebracht und zugestellet ward/ als sie aber aus demselbigen ersehen/ daß allein der Frucht- und halbe Mehl Zoll abgethan und abgeschaffet war/ wurde das lezte ärger als das erste/ wurden je länger je rasender/ und wurffen den Mas Aniello zu ihrem Haupt und Obersten auf/ welcher sich nun gar willfährig hier zu finden liesse.
Hierauff war nun alles in vollem Harnisch/ und hörte man des andern Tages/ als die Sonn anbrach/ nichts als Trommeln und Trompetenschall/ die Musqueten donnerten auf allen Eken der gassen/ und kamen auch über das die Baursleuth in grosser Menge in die Statt/ einer trug an statt der Wehr einen halben Pflug/ der ander ein Pflugschar/ der dritt eine Schüppe/ und was ein jeder in der eil erwitschen konnte: Ja es fanden sich auch die Weiber mit Gablen/ Bratspiessen/ Schaufflen/ und dergleichen Instrumenten/ wie auch die kleineste Kinder mit Stäblen hierbej/ und ware es ein erschröklich Spectacul anzusehen/ huben ihr altes Liedlein/ und zwar vermehrt und verbessert/ widerumb anzufingen/ das Gott jhren König behüten/ und das böse Regiment der Teufel holen wolte / Hinweg/ hinweg mit den Zöllen/ die Hund aber zu dem Schinder/ die bishero in Wölffe verwandelt worden/ und die arme unschuldige Lämmer selbst gefressen haben/ daß die Blut-Eglen dasselbige blut/ so sie gesoffen/ wider in ihre verbrañte häuser ausspeien müsten: Nun ist die Zeit kom̃en/ das man dise unnüze Hum̃eln / welche den guten Im̃en der Armut/ jhren Honig/ ja ihr Fleisch und Blut verzehret haben/ mit dem rauch hinaus treibe/ und was dergleichen erschrökliche und abscheuliche Reden mehr gewesen.
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Zitationshilfe: | Meyer, Leonhardt: Theatrum Historicvm [...] Erzehlung der fürnemsten und nuzlichsten Historien und Geschichten. Schaffhausen, 1665, S. 431. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_theatrum_1665/471>, abgerufen am 16.02.2025. |