Meyer, Leonhardt: Theatrum Historicvm [...] Erzehlung der fürnemsten und nuzlichsten Historien und Geschichten. Schaffhausen, 1665.trachtete demnach Tag und Nacht darnach/ wie er sein Vorhaben in das Werk richten/ und dasselbige hinaus führen möchte/ gienge auch stätigs bej den Krämern vorüber und rieff allezeit/ ohne Zoll/ ohne Zoll: Er brachte eine zimliche anzal Kinder zusammen/ und sprach zu jhnen/ saget mir nach/ was ich sage: Ein Maß Oel umm einen Bajocop / ein Leib-Brot muß wägen 36. Vnzen/ 6. Gran vor ein Pfund Rindfleisch/ 6. Gran vor ein pfund Hammelfleisch/ und so fortan: Dises sagte er jhnen so lang vor/ bis sie es wol auswendig konten/ darnach lieffen sie durch die ganze Statt/ und rieffen also wie sie Mas Aniello gelehret hatte/ so gar/ daß sie auch in gegenwart des Vice-Re nicht still geschwigen/ und ist hierbej wol zu notiren/ das in einem augenblik durch die ganze Statt / alles in disem preis bezahlt und verkaufft worden/ wie Mas Aniello die kinder zuruffen gelehret hatte. Sie mußten nachfolgende Reden nachsprechen: Ehre sej Gott in der Höhe/ dem König in Hispanien/ und den jenigen Herren/ so uns wolfeile zeiten bringen/ das böse Regiment aber hole der Teufel: Er brachte bej die 2000. solcher Knaben von 16. in 17. Jahren zusamen/ welche er anfangs nur mit weissen Steken/ nachmals mir Prüglen/ Piken / Schaufflen/ und andern Instrumenten bewehrete/ als nun der Tumult hierdurch je länger je mehrer zunam/ sprang endlich Thomas Aniello aus seinem Regiment Buben herfür auf der höchsten Tisch einer/ und rieff unerschroken überlaut: Lustig jhr lieben Brüder und Gesellen/ Danket alle GOtt/ dann euer Erlösung hat sich genahet/ der arme Barfüsser wird euch aus der Tyrannei/ und von den unsterblichen Zöllen erretten und frej machen / ein Fischer/ welcher Petrus der H. Apostel war/ hat mit seiner Stimm die Statt Rom aus der dienstbarkeit des Teufels in die Christliche Frejheit gebracht/ ein andrer und zwejter Fischerwelcher Mas Aniello heißt/ wird die Statt Neapolis/ und mit derselbigen ein ganzes Königreich/ von den vilfaltigen Auflagen und beschwerden erlösen / und selbiger widerum in den guten Wolstand und wolfeile zeiten verhelffen. Ich achte mein Leben selbst nicht hoch/ frage nichts darnach/ man mag mich in stüker zerreissen/ oder durch die ganze Statt schleiffen/ dann es kan ein Mensch sein Blut/ ja sein eigen leben / und alles was jhm lieb ist in diser Welt/ nirgend besser auffopfern/ als für die wolfart seines Vatterlands/ dergleichen sehr nachdenkliche Reden er noch vilmehr führete / durch welche das Volk sehr erhizt/ und noch hefftiger angereizet wurde/ das angefangene Werk fortzusezen. Der Anfang wurde an den Zoll-Hütten gemacht/ und alle/ was darinn an Documenten / Büchern/ Tapezerejen/ zufinden/ auf einen Hauffen getragen/ und durchs Feuer dem Vulcano auffgeopfert. Vnd weiln die Menge des Volks augenbliklich wuchs und zuname/ verfügten sie sich in die Zehen tausend stark nach des Vice-Re Pallast/ fiengen einhellig mit lauter Stimm an zuschrejen/ daß sie nunmehr nicht allein den Frucht-Zoll/ sondern die andern alle miteinandern/ bevorab aber trachtete demnach Tag und Nacht darnach/ wie er sein Vorhaben in das Werk richten/ und dasselbige hinaus führen möchte/ gienge auch stätigs bej den Krämern vorüber und rieff allezeit/ ohne Zoll/ ohne Zoll: Er brachte eine zimliche anzal Kinder zusammen/ und sprach zu jhnen/ saget mir nach/ was ich sage: Ein Maß Oel um̃ einen Bajocop / ein Leib-Brot muß wägen 36. Vnzen/ 6. Gran vor ein Pfund Rindfleisch/ 6. Gran vor ein pfund Hammelfleisch/ und so fortan: Dises sagte er jhnen so lang vor/ bis sie es wol auswendig konten/ darnach lieffen sie durch die ganze Statt/ und rieffen also wie sie Mas Aniello gelehret hatte/ so gar/ daß sie auch in gegenwart des Vice-Re nicht still geschwigen/ und ist hierbej wol zu notiren/ das in einem augenblik durch die ganze Statt / alles in disem preis bezahlt und verkaufft worden/ wie Mas Aniello die kinder zuruffen gelehret hatte. Sie mußten nachfolgende Reden nachsprechen: Ehre sej Gott in der Höhe/ dem König in Hispanien/ und den jenigen Herren/ so uns wolfeile zeiten bringen/ das böse Regiment aber hole der Teufel: Er brachte bej die 2000. solcher Knaben von 16. in 17. Jahren zusamen/ welche er anfangs nur mit weissen Steken/ nachmals mir Prüglen/ Piken / Schaufflen/ und andern Instrumenten bewehrete/ als nun der Tumult hierdurch je länger je mehrer zunam/ sprang endlich Thomas Aniello aus seinem Regiment Buben herfür auf der höchsten Tisch einer/ und rieff unerschroken überlaut: Lustig jhr lieben Brüder und Gesellen/ Danket alle GOtt/ dann euer Erlösung hat sich genahet/ der arme Barfüsser wird euch aus der Tyrannei/ und von den unsterblichen Zöllen erretten und frej machen / ein Fischer/ welcher Petrus der H. Apostel war/ hat mit seiner Stim̃ die Statt Rom aus der dienstbarkeit des Teufels in die Christliche Frejheit gebracht/ ein andrer und zwejter Fischerwelcher Mas Aniello heißt/ wird die Statt Neapolis/ und mit derselbigen ein ganzes Königreich/ von den vilfaltigen Auflagen und beschwerden erlösen / und selbiger widerum in den guten Wolstand und wolfeile zeiten verhelffen. Ich achte mein Leben selbst nicht hoch/ frage nichts darnach/ man mag mich in stüker zerreissen/ oder durch die ganze Statt schleiffen/ dann es kan ein Mensch sein Blut/ ja sein eigen leben / und alles was jhm lieb ist in diser Welt/ nirgend besser auffopfern/ als für die wolfart seines Vatterlands/ dergleichen sehr nachdenkliche Reden er noch vilmehr führete / durch welche das Volk sehr erhizt/ und noch hefftiger angereizet wurde/ das angefangene Werk fortzusezen. Der Anfang wurde an den Zoll-Hütten gemacht/ und alle/ was darinn an Documenten / Büchern/ Tapezerejen/ zufinden/ auf einen Hauffen getragen/ und durchs Feuer dem Vulcano auffgeopfert. Vnd weiln die Menge des Volks augenbliklich wuchs und zuname/ verfügten sie sich in die Zehen tausend stark nach des Vice-Re Pallast/ fiengen einhellig mit lauter Stimm an zuschrejen/ daß sie nunmehr nicht allein den Frucht-Zoll/ sondern die andern alle miteinandern/ bevorab aber <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0470" n="430"/> trachtete demnach Tag und Nacht darnach/ wie er sein Vorhaben in das Werk richten/ und dasselbige hinaus führen möchte/ gienge auch stätigs bej den Krämern vorüber und rieff allezeit/ ohne Zoll/ ohne Zoll: Er brachte eine zimliche anzal Kinder zusammen/ und sprach zu jhnen/ saget mir nach/ was ich sage: Ein Maß Oel um̃ einen Bajocop / ein Leib-Brot muß wägen 36. Vnzen/ 6. Gran vor ein Pfund Rindfleisch/ 6. Gran vor ein pfund Hammelfleisch/ und so fortan: Dises sagte er jhnen so lang vor/ bis sie es wol auswendig konten/ darnach lieffen sie durch die ganze Statt/ und rieffen also wie sie Mas Aniello gelehret hatte/ so gar/ daß sie auch in gegenwart des Vice-Re nicht still geschwigen/ und ist hierbej wol zu notiren/ das in einem augenblik durch die ganze Statt / alles in disem preis bezahlt und verkaufft worden/ wie Mas Aniello die kinder zuruffen gelehret hatte.</p> <p>Sie mußten nachfolgende Reden nachsprechen: Ehre sej Gott in der Höhe/ dem König in Hispanien/ und den jenigen Herren/ so uns wolfeile zeiten bringen/ das böse Regiment aber hole der Teufel: Er brachte bej die 2000. solcher Knaben von 16. in 17. Jahren zusamen/ welche er anfangs nur mit weissen Steken/ nachmals mir Prüglen/ Piken / Schaufflen/ und andern Instrumenten bewehrete/ als nun der Tumult hierdurch je länger je mehrer zunam/ sprang endlich Thomas Aniello aus seinem Regiment Buben herfür auf der höchsten Tisch einer/ und rieff unerschroken überlaut: Lustig jhr lieben Brüder und Gesellen/ Danket alle GOtt/ dann euer Erlösung hat sich genahet/ der arme Barfüsser wird euch aus der Tyrannei/ und von den unsterblichen Zöllen erretten und frej machen / ein Fischer/ welcher Petrus der H. Apostel war/ hat mit seiner Stim̃ die Statt Rom aus der dienstbarkeit des Teufels in die Christliche Frejheit gebracht/ ein andrer und zwejter Fischerwelcher Mas Aniello heißt/ wird die Statt Neapolis/ und mit derselbigen ein ganzes Königreich/ von den vilfaltigen Auflagen und beschwerden erlösen / und selbiger widerum in den guten Wolstand und wolfeile zeiten verhelffen. Ich achte mein Leben selbst nicht hoch/ frage nichts darnach/ man mag mich in stüker zerreissen/ oder durch die ganze Statt schleiffen/ dann es kan ein Mensch sein Blut/ ja sein eigen leben / und alles was jhm lieb ist in diser Welt/ nirgend besser auffopfern/ als für die wolfart seines Vatterlands/ dergleichen sehr nachdenkliche Reden er noch vilmehr führete / durch welche das Volk sehr erhizt/ und noch hefftiger angereizet wurde/ das angefangene Werk fortzusezen.</p> <p>Der Anfang wurde an den Zoll-Hütten gemacht/ und alle/ was darinn an Documenten / Büchern/ Tapezerejen/ zufinden/ auf einen Hauffen getragen/ und durchs Feuer dem Vulcano auffgeopfert.</p> <p>Vnd weiln die Menge des Volks augenbliklich wuchs und zuname/ verfügten sie sich in die Zehen tausend stark nach des Vice-Re Pallast/ fiengen einhellig mit lauter Stimm an zuschrejen/ daß sie nunmehr nicht allein den Frucht-Zoll/ sondern die andern alle miteinandern/ bevorab aber </p> </div> </body> </text> </TEI> [430/0470]
trachtete demnach Tag und Nacht darnach/ wie er sein Vorhaben in das Werk richten/ und dasselbige hinaus führen möchte/ gienge auch stätigs bej den Krämern vorüber und rieff allezeit/ ohne Zoll/ ohne Zoll: Er brachte eine zimliche anzal Kinder zusammen/ und sprach zu jhnen/ saget mir nach/ was ich sage: Ein Maß Oel um̃ einen Bajocop / ein Leib-Brot muß wägen 36. Vnzen/ 6. Gran vor ein Pfund Rindfleisch/ 6. Gran vor ein pfund Hammelfleisch/ und so fortan: Dises sagte er jhnen so lang vor/ bis sie es wol auswendig konten/ darnach lieffen sie durch die ganze Statt/ und rieffen also wie sie Mas Aniello gelehret hatte/ so gar/ daß sie auch in gegenwart des Vice-Re nicht still geschwigen/ und ist hierbej wol zu notiren/ das in einem augenblik durch die ganze Statt / alles in disem preis bezahlt und verkaufft worden/ wie Mas Aniello die kinder zuruffen gelehret hatte.
Sie mußten nachfolgende Reden nachsprechen: Ehre sej Gott in der Höhe/ dem König in Hispanien/ und den jenigen Herren/ so uns wolfeile zeiten bringen/ das böse Regiment aber hole der Teufel: Er brachte bej die 2000. solcher Knaben von 16. in 17. Jahren zusamen/ welche er anfangs nur mit weissen Steken/ nachmals mir Prüglen/ Piken / Schaufflen/ und andern Instrumenten bewehrete/ als nun der Tumult hierdurch je länger je mehrer zunam/ sprang endlich Thomas Aniello aus seinem Regiment Buben herfür auf der höchsten Tisch einer/ und rieff unerschroken überlaut: Lustig jhr lieben Brüder und Gesellen/ Danket alle GOtt/ dann euer Erlösung hat sich genahet/ der arme Barfüsser wird euch aus der Tyrannei/ und von den unsterblichen Zöllen erretten und frej machen / ein Fischer/ welcher Petrus der H. Apostel war/ hat mit seiner Stim̃ die Statt Rom aus der dienstbarkeit des Teufels in die Christliche Frejheit gebracht/ ein andrer und zwejter Fischerwelcher Mas Aniello heißt/ wird die Statt Neapolis/ und mit derselbigen ein ganzes Königreich/ von den vilfaltigen Auflagen und beschwerden erlösen / und selbiger widerum in den guten Wolstand und wolfeile zeiten verhelffen. Ich achte mein Leben selbst nicht hoch/ frage nichts darnach/ man mag mich in stüker zerreissen/ oder durch die ganze Statt schleiffen/ dann es kan ein Mensch sein Blut/ ja sein eigen leben / und alles was jhm lieb ist in diser Welt/ nirgend besser auffopfern/ als für die wolfart seines Vatterlands/ dergleichen sehr nachdenkliche Reden er noch vilmehr führete / durch welche das Volk sehr erhizt/ und noch hefftiger angereizet wurde/ das angefangene Werk fortzusezen.
Der Anfang wurde an den Zoll-Hütten gemacht/ und alle/ was darinn an Documenten / Büchern/ Tapezerejen/ zufinden/ auf einen Hauffen getragen/ und durchs Feuer dem Vulcano auffgeopfert.
Vnd weiln die Menge des Volks augenbliklich wuchs und zuname/ verfügten sie sich in die Zehen tausend stark nach des Vice-Re Pallast/ fiengen einhellig mit lauter Stimm an zuschrejen/ daß sie nunmehr nicht allein den Frucht-Zoll/ sondern die andern alle miteinandern/ bevorab aber
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Zitationshilfe: | Meyer, Leonhardt: Theatrum Historicvm [...] Erzehlung der fürnemsten und nuzlichsten Historien und Geschichten. Schaffhausen, 1665, S. 430. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_theatrum_1665/470>, abgerufen am 16.02.2025. |