Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meyer, Leonhardt: Theatrum Historicvm [...] Erzehlung der fürnemsten und nuzlichsten Historien und Geschichten. Schaffhausen, 1665.

Bild:
<< vorherige Seite

Nach dem er fehrner auf seine prächtige Kleider geschauet: hat er sie auszu ziehen begehrt/ in meinung/ sein Erlöser/ welcher nakend und blos gestorben/ wurde an dergleichen Eitelkeit schlechten Gefallen tragen. Fragte auch: wann er sterben solte? und als man antwortete/ umm fünff Vhr: sagte er: Ob solches nicht eher/ und umm die Stund geschehen könnte/ in welcher Christus gestorben. Darauf man ihn berichtet: Es stunde solches in seinem Willen. Straks ließ er ihm die Haar abschneiden / entkleidete sich und schrieb folgendes Valet-Briefflein au seine Gemahlin.

Mein Herz:

HIemit nehme ich von euch meinen lezten Abschied/ euch versichernd/ daß die under uns gepflogene Liebe sej meine Gefährtin biß an den Tod. Um die Ruhe meiner Seelen/ und derjenigen/ so ich bald ob Gottwill im Himmel zugeniessen hoffe/ sejd gebeten/ daß ihr euch über meinen Tod nicht zu hoch betrübet: Massen ich von meinem süssen Erlöser so hoch begnadet/ daß euch solches füglich ein Trost sejn kan. Adieu mein Schaz

E. Montmorency.

Es hielte zwar die Königliche Frau Wittib schrifftlich an: ihrem vetteren dem Montmorency das leben zu schenken: wie auch andere hohe personen: aber es war alles vergebens. Die Venetianer ersuchten den König/ ihnen den Herzog zu einem Feldherren zu schenken/ aber umsonst. Der Prinz von Conde intercedirte bei dem Cardinal Richelieu vor ihn gar fleissig: aber mit keinem Effect. Als der Cardinal vernommen/ die Königin wurde für ihn bitten / mahnete er sie gar fleissig darvon ab/ fürwendend: Der König wurde zwar ihr nicht abschlagen/ aber darüber krank werden/ und wol gar sterben: weil er allezeit sich übel befunde/ wann er etwas wider seinen Willen thun müßte.

Wie nun die zeit herbej nahte/ daß der Herzog auf das Gerüste tretten solte: wolte ihm sein Feldschärer den Nachtrok ummthun/ weil er nun die Schlaffhosen anhatte: Er aber ließ solchen wider fallen/ und sprach: Nein mein Freund! es gebührt uns sein weiß für Gott erscheinen. Ehe er auf die Bühne tratt/ fragte er zuvor eins: Ob keine Gnade vorhanden? und als der Hauptman antwortete: Nein/ es wäre alle Fürbitt seiner Freunde ummsonst gewesen: Grüssete er alle anwesende/ und bat/ dem König nach seinem Tod anzumelden: Er sturbe sein underthäniger Knecht/ und sej jhm herzlich leid/ daß er jhn beleidiget: bäte deswegen seine Majestät/ und alle Christen umm verzeihung.

Seinem Barbirer wolte er nicht gestatten/ von jhm gebunden znwerden: sondern sagte zum Henker: Binde du/ es ist dein Ammt. Als der Scharffrichter angedeutet: die Haar wären nicht kurz genug abgeschnitten: befahl er mehr hinweg zuschneiden. Solches wolte der Nachrichter den Barbirer thun lassen: aber der Herzog wolts nicht haben/ sondern be-

Nach dem er fehrner auf seine prächtige Kleider geschauet: hat er sie auszu ziehen begehrt/ in meinung/ sein Erlöser/ welcher nakend und blos gestorben/ wurde an dergleichen Eitelkeit schlechten Gefallen tragen. Fragte auch: wann er sterben solte? und als man antwortete/ um̃ fünff Vhr: sagte er: Ob solches nicht eher/ und um̃ die Stund geschehen könnte/ in welcher Christus gestorben. Darauf man ihn berichtet: Es stunde solches in seinem Willen. Straks ließ er ihm die Haar abschneiden / entkleidete sich und schrieb folgendes Valet-Briefflein au seine Gemahlin.

Mein Herz:

HIemit nehme ich von euch meinen lezten Abschied/ euch versichernd/ daß die under uns gepflogene Liebe sej meine Gefährtin biß an den Tod. Um die Ruhe meiner Seelen/ und derjenigen/ so ich bald ob Gottwill im Himmel zugeniessen hoffe/ sejd gebeten/ daß ihr euch über meinen Tod nicht zu hoch betrübet: Massen ich von meinem süssen Erlöser so hoch begnadet/ daß euch solches füglich ein Trost sejn kan. Adieu mein Schaz

E. Montmorency.

Es hielte zwar die Königliche Frau Wittib schrifftlich an: ihrem vetteren dem Montmorency das leben zu schenken: wie auch andere hohe personen: aber es war alles vergebens. Die Venetianer ersuchten den König/ ihnen den Herzog zu einem Feldherren zu schenken/ aber umsonst. Der Prinz von Conde intercedirte bei dem Cardinal Richelieu vor ihn gar fleissig: aber mit keinem Effect. Als der Cardinal vernommen/ die Königin wurde für ihn bitten / mahnete er sie gar fleissig darvon ab/ fürwendend: Der König wurde zwar ihr nicht abschlagen/ aber darüber krank werden/ und wol gar sterben: weil er allezeit sich übel befunde/ wann er etwas wider seinen Willen thun müßte.

Wie nun die zeit herbej nahte/ daß der Herzog auf das Gerüste tretten solte: wolte ihm sein Feldschärer den Nachtrok um̃thun/ weil er nun die Schlaffhosen anhatte: Er aber ließ solchen wider fallen/ und sprach: Nein mein Freund! es gebührt uns sein weiß für Gott erscheinen. Ehe er auf die Bühne tratt/ fragte er zuvor eins: Ob keine Gnade vorhanden? und als der Hauptman antwortete: Nein/ es wäre alle Fürbitt seiner Freunde um̃sonst gewesen: Grüssete er alle anwesende/ und bat/ dem König nach seinem Tod anzumelden: Er sturbe sein underthäniger Knecht/ und sej jhm herzlich leid/ daß er jhn beleidiget: bäte deswegen seine Majestät/ und alle Christen um̃ verzeihung.

Seinem Barbirer wolte er nicht gestatten/ von jhm gebunden znwerden: sondern sagte zum Henker: Binde du/ es ist dein Am̃t. Als der Scharffrichter angedeutet: die Haar wären nicht kurz genug abgeschnitten: befahl er mehr hinweg zuschneiden. Solches wolte der Nachrichter den Barbirer thun lassen: aber der Herzog wolts nicht haben/ sondern be-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <pb facs="#f0411" n="373"/>
        <p>Nach dem er fehrner auf seine prächtige Kleider geschauet: hat er sie auszu ziehen            begehrt/ in meinung/ sein Erlöser/ welcher nakend und blos gestorben/ wurde an            dergleichen Eitelkeit schlechten Gefallen tragen. Fragte auch: wann er sterben solte? und            als man antwortete/ um&#x0303; fünff Vhr: sagte er: Ob solches nicht eher/ und            um&#x0303; die Stund geschehen könnte/ in welcher Christus gestorben. Darauf man ihn            berichtet: Es stunde solches in seinem Willen. Straks ließ er ihm die Haar abschneiden /            entkleidete sich und schrieb folgendes Valet-Briefflein au seine Gemahlin.</p>
        <p>Mein Herz:</p>
        <p>HIemit nehme ich von euch meinen lezten Abschied/ euch versichernd/ daß die under uns            gepflogene Liebe sej meine Gefährtin biß an den Tod. Um die Ruhe meiner Seelen/ und            derjenigen/ so ich bald ob Gottwill im Himmel zugeniessen hoffe/ sejd gebeten/ daß ihr            euch über meinen Tod nicht zu hoch betrübet: Massen ich von meinem süssen Erlöser so hoch            begnadet/ daß euch solches füglich ein Trost sejn kan. Adieu mein Schaz</p>
        <p>E. Montmorency.</p>
        <p>Es hielte zwar die Königliche Frau Wittib schrifftlich an: ihrem vetteren dem Montmorency            das leben zu schenken: wie auch andere hohe personen: aber es war alles vergebens. Die            Venetianer ersuchten den König/ ihnen den Herzog zu einem Feldherren zu schenken/ aber            umsonst. Der Prinz von Conde intercedirte bei dem Cardinal Richelieu vor ihn gar fleissig:            aber mit keinem Effect. Als der Cardinal vernommen/ die Königin wurde für ihn bitten /            mahnete er sie gar fleissig darvon ab/ fürwendend: Der König wurde zwar ihr nicht            abschlagen/ aber darüber krank werden/ und wol gar sterben: weil er allezeit sich übel            befunde/ wann er etwas wider seinen Willen thun müßte.</p>
        <p>Wie nun die zeit herbej nahte/ daß der Herzog auf das Gerüste tretten solte: wolte ihm            sein Feldschärer den Nachtrok um&#x0303;thun/ weil er nun die Schlaffhosen anhatte: Er            aber ließ solchen wider fallen/ und sprach: Nein mein Freund! es gebührt uns sein weiß            für Gott erscheinen. Ehe er auf die Bühne tratt/ fragte er zuvor eins: Ob keine Gnade            vorhanden? und als der Hauptman antwortete: Nein/ es wäre alle Fürbitt seiner Freunde            um&#x0303;sonst gewesen: Grüssete er alle anwesende/ und bat/ dem König nach seinem Tod            anzumelden: Er sturbe sein underthäniger Knecht/ und sej jhm herzlich leid/ daß er jhn            beleidiget: bäte deswegen seine Majestät/ und alle Christen um&#x0303; verzeihung.</p>
        <p>Seinem Barbirer wolte er nicht gestatten/ von jhm gebunden znwerden: sondern sagte zum            Henker: Binde du/ es ist dein Am&#x0303;t. Als der Scharffrichter angedeutet: die Haar            wären nicht kurz genug abgeschnitten: befahl er mehr hinweg zuschneiden. Solches wolte der            Nachrichter den Barbirer thun lassen: aber der Herzog wolts nicht haben/ sondern be-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[373/0411] Nach dem er fehrner auf seine prächtige Kleider geschauet: hat er sie auszu ziehen begehrt/ in meinung/ sein Erlöser/ welcher nakend und blos gestorben/ wurde an dergleichen Eitelkeit schlechten Gefallen tragen. Fragte auch: wann er sterben solte? und als man antwortete/ um̃ fünff Vhr: sagte er: Ob solches nicht eher/ und um̃ die Stund geschehen könnte/ in welcher Christus gestorben. Darauf man ihn berichtet: Es stunde solches in seinem Willen. Straks ließ er ihm die Haar abschneiden / entkleidete sich und schrieb folgendes Valet-Briefflein au seine Gemahlin. Mein Herz: HIemit nehme ich von euch meinen lezten Abschied/ euch versichernd/ daß die under uns gepflogene Liebe sej meine Gefährtin biß an den Tod. Um die Ruhe meiner Seelen/ und derjenigen/ so ich bald ob Gottwill im Himmel zugeniessen hoffe/ sejd gebeten/ daß ihr euch über meinen Tod nicht zu hoch betrübet: Massen ich von meinem süssen Erlöser so hoch begnadet/ daß euch solches füglich ein Trost sejn kan. Adieu mein Schaz E. Montmorency. Es hielte zwar die Königliche Frau Wittib schrifftlich an: ihrem vetteren dem Montmorency das leben zu schenken: wie auch andere hohe personen: aber es war alles vergebens. Die Venetianer ersuchten den König/ ihnen den Herzog zu einem Feldherren zu schenken/ aber umsonst. Der Prinz von Conde intercedirte bei dem Cardinal Richelieu vor ihn gar fleissig: aber mit keinem Effect. Als der Cardinal vernommen/ die Königin wurde für ihn bitten / mahnete er sie gar fleissig darvon ab/ fürwendend: Der König wurde zwar ihr nicht abschlagen/ aber darüber krank werden/ und wol gar sterben: weil er allezeit sich übel befunde/ wann er etwas wider seinen Willen thun müßte. Wie nun die zeit herbej nahte/ daß der Herzog auf das Gerüste tretten solte: wolte ihm sein Feldschärer den Nachtrok um̃thun/ weil er nun die Schlaffhosen anhatte: Er aber ließ solchen wider fallen/ und sprach: Nein mein Freund! es gebührt uns sein weiß für Gott erscheinen. Ehe er auf die Bühne tratt/ fragte er zuvor eins: Ob keine Gnade vorhanden? und als der Hauptman antwortete: Nein/ es wäre alle Fürbitt seiner Freunde um̃sonst gewesen: Grüssete er alle anwesende/ und bat/ dem König nach seinem Tod anzumelden: Er sturbe sein underthäniger Knecht/ und sej jhm herzlich leid/ daß er jhn beleidiget: bäte deswegen seine Majestät/ und alle Christen um̃ verzeihung. Seinem Barbirer wolte er nicht gestatten/ von jhm gebunden znwerden: sondern sagte zum Henker: Binde du/ es ist dein Am̃t. Als der Scharffrichter angedeutet: die Haar wären nicht kurz genug abgeschnitten: befahl er mehr hinweg zuschneiden. Solches wolte der Nachrichter den Barbirer thun lassen: aber der Herzog wolts nicht haben/ sondern be-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-11-26T12:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-11-26T12:54:31Z)
Arne Binder: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-11-26T12:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_theatrum_1665
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_theatrum_1665/411
Zitationshilfe: Meyer, Leonhardt: Theatrum Historicvm [...] Erzehlung der fürnemsten und nuzlichsten Historien und Geschichten. Schaffhausen, 1665, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_theatrum_1665/411>, abgerufen am 16.07.2024.