Meyer, Leonhardt: Theatrum Historicvm [...] Erzehlung der fürnemsten und nuzlichsten Historien und Geschichten. Schaffhausen, 1665.ohnangesehen solche noch voll Dampffs und Rauchs gewesen: darüber dann ihrer sehr viel erstikt. In die Thumkirchen haben sich bej tausend Menschen/ an Weibern / Jungfrauen und Kindern/ doch wonig Bürgern/ und etlichen Soldaten retirirt/ und drej ganzer Tag lang/ ohn Essen und Trinken darinn aufgehalten. Denen hat der Graaf von Tylli nachmals den 12. Maj durch 2. Trommenschlager Quartier ausruffen/ ihnen Commiß Brod austheilen/ die Bürger und Manspersonen absonderlich in den Bischoffshof führen/ und welche gesund/ oder vom Lande waren/ die Thumkirche wieder zu reinigen und säubern / heraus nehmen lassen. Als auch D. Bat und seine Collegen/ für der Kirchen ihm einen Fußfall gethan: hat er sie neben ihren Weibern und Kindern in die Mühlen Vogtej bringen/ und ihnen etwas Speiß lassen reichen: Zu den Soldaten/ so sich in der Kirchen besunden/ ist er selber hineingangen/ sie besichtiget/ ihnen Quartier und Bestallung verheissen/ wann sie ihm dienen wolten: doch zuvor ihnen einen Auspuzer gegeben/ daß sie ihrer Sachen sd übel wargenommen hetten. Den 10. 11. und 12. Maj ist ein jämmerlich Heulen und Schrejen von den übergebliebenen Kindern gehöret worden/ welche stets Vatter und Mutter geruffen/ und doch wegen unverstand/ nicht berichten können/ weme sie angehöret. Etliche sein neben ihren erschlagenen und auf den gassen im Blut liegenden Eltern gesessen/ jmmer geruffen und geschrien: Ach Vatter? ach Mutter? Etliche Säuglinge lagen bej den erwürgten Müttern/ und sogen an ihren todten Brüsten/ schrien dabej so jämmerlich/ daß es einen Stein erbarmen mögen. Belangend die Zahl der Erschlagenen: weil nicht allein das Schwert/ sondern auch die Feuersbrunft viel aufgerieben: steht solche nicht eigentlich oder genau zu wissen: man vermeint aber/ daß ihrer mehr durchs Feuer/ weder durch die ergrimmete Kriegsknechte umgekommen. Inmassen nach Eröffnung der Keller und Gewölbe/ in den meisten hin und wider / Mann Kinder und Weibspersonen/ zu drejen/ fünffen/ und mehren/ so sich vor der Soldaten Wüterej vertrochen gehabt/ erstitt gefunden worden: derer Begräbniß die Elbe worden/ dahin man sie Hauffenweise hinein schlepen und fliessen lassen. Insgemein wird davor gehalten/ daß etwan in die vierhundert Bürger noch im Leben übrig geblieben/ welche gefangen ins Läger geführt/ guten Theils aber hernach/ bej Anzündurg des Tyllischen Lägers zu Femersleben/ so am 14. Maj/ bej der Nacht geschehen/ entkommen sejn/ under denen auch ein Schwedischer Gesandter Stalmann/ der zuvor hart gefangen / aber in disem Tumult entronnen. Der Verlust/ auf Käiserischen Seiten/ ist auch nicht gering gewesen: sintemal ihnen die Magdebürger durch stetiges Schiessen und Ausfallen viel Volks zu nicht gemacht/ auch das lezte mal/ bej dem Einfall in die Stadt/ etliche hundert erlegt/ wobej mancher versuchter Soldat und Officirer darauf gangen. Ich halte aber davor/ daß/ wie mir ein Officirer / ohnangesehen solche noch voll Dampffs und Rauchs gewesen: darüber dann ihrer sehr viel erstikt. In die Thumkirchen haben sich bej tausend Menschen/ an Weibern / Jungfrauen und Kindern/ doch wonig Bürgern/ und etlichen Soldaten retirirt/ und drej ganzer Tag lang/ ohn Essen und Trinken darinn aufgehalten. Denen hat der Graaf von Tylli nachmals den 12. Maj durch 2. Trommenschlager Quartier ausruffen/ ihnen Commiß Brod austheilen/ die Bürger und Manspersonen absonderlich in den Bischoffshof führen/ und welche gesund/ oder vom Lande waren/ die Thumkirche wieder zu reinigen und säubern / heraus nehmen lassen. Als auch D. Bat und seine Collegen/ für der Kirchen ihm einen Fußfall gethan: hat er sie neben ihren Weibern und Kindern in die Mühlen Vogtej bringen/ und ihnen etwas Speiß lassen reichen: Zu den Soldaten/ so sich in der Kirchen besunden/ ist er selber hineingangen/ sie besichtiget/ ihnen Quartier und Bestallung verheissen/ wann sie ihm dienen wolten: doch zuvor ihnen einen Auspuzer gegeben/ daß sie ihrer Sachen sd übel wargenommen hetten. Den 10. 11. und 12. Maj ist ein jämmerlich Heulen und Schrejen von den übergebliebenen Kindern gehöret worden/ welche stets Vatter und Mutter geruffen/ und doch wegen unverstand/ nicht berichten können/ weme sie angehöret. Etliche sein neben ihren erschlagenen und auf den gassen im Blut liegenden Eltern gesessen/ jmmer geruffen und geschrien: Ach Vatter? ach Mutter? Etliche Säuglinge lagen bej den erwürgten Müttern/ und sogen an ihren todten Brüsten/ schrien dabej so jämmerlich/ daß es einen Stein erbarmen mögen. Belangend die Zahl der Erschlagenen: weil nicht allein das Schwert/ sondern auch die Feuersbrunft viel aufgerieben: steht solche nicht eigentlich oder genau zu wissen: man vermeint aber/ daß ihrer mehr durchs Feuer/ weder durch die ergrimmete Kriegsknechte umgekommen. Inmassen nach Eröffnung der Keller und Gewölbe/ in den meisten hin und wider / Mann Kinder und Weibspersonen/ zu drejen/ fünffen/ und mehren/ so sich vor der Soldaten Wüterej vertrochen gehabt/ erstitt gefunden worden: derer Begräbniß die Elbe worden/ dahin man sie Hauffenweise hinein schlepen und fliessen lassen. Insgemein wird davor gehalten/ daß etwan in die vierhundert Bürger noch im Leben übrig geblieben/ welche gefangen ins Läger geführt/ guten Theils aber hernach/ bej Anzündurg des Tyllischen Lägers zu Femersleben/ so am 14. Maj/ bej der Nacht geschehen/ entkommen sejn/ under denen auch ein Schwedischer Gesandter Stalmann/ der zuvor hart gefangen / aber in disem Tumult entronnen. Der Verlust/ auf Käiserischen Seiten/ ist auch nicht gering gewesen: sintemal ihnen die Magdebürger durch stetiges Schiessen und Ausfallen viel Volks zu nicht gemacht/ auch das lezte mal/ bej dem Einfall in die Stadt/ etliche hundert erlegt/ wobej mancher versuchter Soldat und Officirer darauf gangen. Ich halte aber davor/ daß/ wie mir ein Officirer / <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0401" n="363"/> ohnangesehen solche noch voll Dampffs und Rauchs gewesen: darüber dann ihrer sehr viel erstikt. In die Thumkirchen haben sich bej tausend Menschen/ an Weibern / Jungfrauen und Kindern/ doch wonig Bürgern/ und etlichen Soldaten retirirt/ und drej ganzer Tag lang/ ohn Essen und Trinken darinn aufgehalten. Denen hat der Graaf von Tylli nachmals den 12. Maj durch 2. Trommenschlager Quartier ausruffen/ ihnen Commiß Brod austheilen/ die Bürger und Manspersonen absonderlich in den Bischoffshof führen/ und welche gesund/ oder vom Lande waren/ die Thumkirche wieder zu reinigen und säubern / heraus nehmen lassen.</p> <p>Als auch D. Bat und seine Collegen/ für der Kirchen ihm einen Fußfall gethan: hat er sie neben ihren Weibern und Kindern in die Mühlen Vogtej bringen/ und ihnen etwas Speiß lassen reichen: Zu den Soldaten/ so sich in der Kirchen besunden/ ist er selber hineingangen/ sie besichtiget/ ihnen Quartier und Bestallung verheissen/ wann sie ihm dienen wolten: doch zuvor ihnen einen Auspuzer gegeben/ daß sie ihrer Sachen sd übel wargenommen hetten.</p> <p>Den 10. 11. und 12. Maj ist ein jämmerlich Heulen und Schrejen von den übergebliebenen Kindern gehöret worden/ welche stets Vatter und Mutter geruffen/ und doch wegen unverstand/ nicht berichten können/ weme sie angehöret. Etliche sein neben ihren erschlagenen und auf den gassen im Blut liegenden Eltern gesessen/ jmmer geruffen und geschrien: Ach Vatter? ach Mutter? Etliche Säuglinge lagen bej den erwürgten Müttern/ und sogen an ihren todten Brüsten/ schrien dabej so jämmerlich/ daß es einen Stein erbarmen mögen.</p> <p>Belangend die Zahl der Erschlagenen: weil nicht allein das Schwert/ sondern auch die Feuersbrunft viel aufgerieben: steht solche nicht eigentlich oder genau zu wissen: man vermeint aber/ daß ihrer mehr durchs Feuer/ weder durch die ergrimmete Kriegsknechte umgekommen. Inmassen nach Eröffnung der Keller und Gewölbe/ in den meisten hin und wider / Mann Kinder und Weibspersonen/ zu drejen/ fünffen/ und mehren/ so sich vor der Soldaten Wüterej vertrochen gehabt/ erstitt gefunden worden: derer Begräbniß die Elbe worden/ dahin man sie Hauffenweise hinein schlepen und fliessen lassen.</p> <p>Insgemein wird davor gehalten/ daß etwan in die vierhundert Bürger noch im Leben übrig geblieben/ welche gefangen ins Läger geführt/ guten Theils aber hernach/ bej Anzündurg des Tyllischen Lägers zu Femersleben/ so am 14. Maj/ bej der Nacht geschehen/ entkommen sejn/ under denen auch ein Schwedischer Gesandter Stalmann/ der zuvor hart gefangen / aber in disem Tumult entronnen.</p> <p>Der Verlust/ auf Käiserischen Seiten/ ist auch nicht gering gewesen: sintemal ihnen die Magdebürger durch stetiges Schiessen und Ausfallen viel Volks zu nicht gemacht/ auch das lezte mal/ bej dem Einfall in die Stadt/ etliche hundert erlegt/ wobej mancher versuchter Soldat und Officirer darauf gangen. Ich halte aber davor/ daß/ wie mir ein Officirer / </p> </div> </body> </text> </TEI> [363/0401]
ohnangesehen solche noch voll Dampffs und Rauchs gewesen: darüber dann ihrer sehr viel erstikt. In die Thumkirchen haben sich bej tausend Menschen/ an Weibern / Jungfrauen und Kindern/ doch wonig Bürgern/ und etlichen Soldaten retirirt/ und drej ganzer Tag lang/ ohn Essen und Trinken darinn aufgehalten. Denen hat der Graaf von Tylli nachmals den 12. Maj durch 2. Trommenschlager Quartier ausruffen/ ihnen Commiß Brod austheilen/ die Bürger und Manspersonen absonderlich in den Bischoffshof führen/ und welche gesund/ oder vom Lande waren/ die Thumkirche wieder zu reinigen und säubern / heraus nehmen lassen.
Als auch D. Bat und seine Collegen/ für der Kirchen ihm einen Fußfall gethan: hat er sie neben ihren Weibern und Kindern in die Mühlen Vogtej bringen/ und ihnen etwas Speiß lassen reichen: Zu den Soldaten/ so sich in der Kirchen besunden/ ist er selber hineingangen/ sie besichtiget/ ihnen Quartier und Bestallung verheissen/ wann sie ihm dienen wolten: doch zuvor ihnen einen Auspuzer gegeben/ daß sie ihrer Sachen sd übel wargenommen hetten.
Den 10. 11. und 12. Maj ist ein jämmerlich Heulen und Schrejen von den übergebliebenen Kindern gehöret worden/ welche stets Vatter und Mutter geruffen/ und doch wegen unverstand/ nicht berichten können/ weme sie angehöret. Etliche sein neben ihren erschlagenen und auf den gassen im Blut liegenden Eltern gesessen/ jmmer geruffen und geschrien: Ach Vatter? ach Mutter? Etliche Säuglinge lagen bej den erwürgten Müttern/ und sogen an ihren todten Brüsten/ schrien dabej so jämmerlich/ daß es einen Stein erbarmen mögen.
Belangend die Zahl der Erschlagenen: weil nicht allein das Schwert/ sondern auch die Feuersbrunft viel aufgerieben: steht solche nicht eigentlich oder genau zu wissen: man vermeint aber/ daß ihrer mehr durchs Feuer/ weder durch die ergrimmete Kriegsknechte umgekommen. Inmassen nach Eröffnung der Keller und Gewölbe/ in den meisten hin und wider / Mann Kinder und Weibspersonen/ zu drejen/ fünffen/ und mehren/ so sich vor der Soldaten Wüterej vertrochen gehabt/ erstitt gefunden worden: derer Begräbniß die Elbe worden/ dahin man sie Hauffenweise hinein schlepen und fliessen lassen.
Insgemein wird davor gehalten/ daß etwan in die vierhundert Bürger noch im Leben übrig geblieben/ welche gefangen ins Läger geführt/ guten Theils aber hernach/ bej Anzündurg des Tyllischen Lägers zu Femersleben/ so am 14. Maj/ bej der Nacht geschehen/ entkommen sejn/ under denen auch ein Schwedischer Gesandter Stalmann/ der zuvor hart gefangen / aber in disem Tumult entronnen.
Der Verlust/ auf Käiserischen Seiten/ ist auch nicht gering gewesen: sintemal ihnen die Magdebürger durch stetiges Schiessen und Ausfallen viel Volks zu nicht gemacht/ auch das lezte mal/ bej dem Einfall in die Stadt/ etliche hundert erlegt/ wobej mancher versuchter Soldat und Officirer darauf gangen. Ich halte aber davor/ daß/ wie mir ein Officirer /
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI.
(2013-11-26T12:54:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-11-26T12:54:31Z)
Arne Binder: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription.
(2013-11-26T12:54:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |