Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meyer, Leonhardt: Theatrum Historicvm [...] Erzehlung der fürnemsten und nuzlichsten Historien und Geschichten. Schaffhausen, 1665.

Bild:
<< vorherige Seite

Herzen aus der Carrete/ ein Theil lieff dem Könige zu/ helffen/ der andere nach dem Thäter/ selbigen anzuhalten.

Einer aus disen/ als er sahe/ das der König kein Wort sprach/ und ihm das Blut zum Munde heraus lieff/ schrie überlaut: Der König ist Todt! Worauf das Volk zusammen lieff / und einen Tumult erregte/ nicht anders/ als wäre der Freind in der Stadt. Dieses Getümmel zu stillen/ rieff ein andrer: der König wäre nur verwundt/ und in eine Ohnmacht gefallen. Unterdessen forderte man Wein/ und indem derselbe geholt ward/ ließ man die Deken der Carreten herunder fallen/ und under das Volk ausstreuen/ der Konig lebe noch / und werde man ihn hinführen zu heilen.

Den Mörder bewahrten etliche Trabanten biß in den dritten Tag: da man ihn ins Gefängniß führte: woselbst ihn viel Leute geschauet/ und etliche ihn überreden wollen/ der König sei nur alle in verwundet. Denen er aber geantwortet: Er wüsse gewiß/ das er Todt sei: dessen ihm das Königliche Blut auf dem Messer/ und der Ort/ dahin er den Stich gethan / unbetriegliche Anzeigung gäben. Der Tod/ sagte der Bößwicht weiter/ solte ihm nicht zu wider sejn/ nachdem er gleichwol diesen Anschlag glüklich vollzogen.

Als hierauf etliche fragten: Was ihn doch dazu hätte veranlasset: gab er zur Antwort: Die Predigten/ so ich gehört/ und daraus verstanden/ warum es hochnöhtig/ den König vom Brod zu thun. Wuste auch in der Frage: obs zulässig/ einen Tirannen umzubringen: alle Auflösungen und Distinetiones zu erklären. Woraus vermuhtlich/ das er in dieser Materi [unleserliches Material]leissig unterrichtet worden: massen man ihn in allen andern Theologischen Fragen ganz ungelehrt/ unerfahren und voßhafft befunden/ indem er eine Sache bald bejahete/ bald verneinte.

Befragt/ wie er heisse: sagt er Franciscus Ravaillac/ bürtig von Engolesme/ da auch seine Behausung wäre: Er hätte bej nahe zwej und dreissig Jahr erreicht/ sonder Hejraht / zu Paris seine Jugend in verwaltenden Rechtssachen zugebracht/ und neulich vor drej Wochen dahin sich begeben/ den König zu tödten: darum das er die Reformirten nicht wieder zu der Catholischen Römischen Apostolischen Kirchen gebracht/ wie er wo/ können thun / wann er gewollt. Er sej willens gewest/ bej seiner ersten vorigen Reise von Engolesme nach Paris/ mit dem Könige hievon mündlich zu reden: hette seinen Ejser hierüber unterschiedlichen Leuten entdekt: unter andern auch dem Patri Albignio seine Gesichte erzehlet/ so ihm innerhalb sechs Wochen vorgekommen/ und um derselben Erklärung gebeten.

Die Gesichte wären also gewest: Als ich/ sagte er/ zu Engolesme/ im Gefängniß / Schulden wegen lag: hab ich ein Feuer/ Schwefel/ und Wejrauch gespührt. Samstags nach Wejhenachten/ nachdem mann mich

Herzen aus der Carrete/ ein Theil lieff dem Könige zu/ helffen/ der andere nach dem Thäter/ selbigen anzuhalten.

Einer aus disen/ als er sahe/ das der König kein Wort sprach/ und ihm das Blut zum Munde heraus lieff/ schrie überlaut: Der König ist Todt! Worauf das Volk zusammen lieff / und einen Tumult erregte/ nicht anders/ als wäre der Freind in der Stadt. Dieses Getümmel zu stillen/ rieff ein andrer: der König wäre nur verwundt/ und in eine Ohnmacht gefallen. Unterdessen forderte man Wein/ und indem derselbe geholt ward/ ließ man die Deken der Carreten herunder fallen/ und under das Volk ausstreuen/ der Konig lebe noch / und werde man ihn hinführen zu heilen.

Den Mörder bewahrten etliche Trabanten biß in den dritten Tag: da man ihn ins Gefängniß führte: woselbst ihn viel Leute geschauet/ und etliche ihn überreden wollen/ der König sei nur alle in verwundet. Denen er aber geantwortet: Er wüsse gewiß/ das er Todt sei: dessen ihm das Königliche Blut auf dem Messer/ und der Ort/ dahin er den Stich gethan / unbetriegliche Anzeigung gäben. Der Tod/ sagte der Bößwicht weiter/ solte ihm nicht zu wider sejn/ nachdem er gleichwol diesen Anschlag glüklich vollzogen.

Als hierauf etliche fragten: Was ihn doch dazu hätte veranlasset: gab er zur Antwort: Die Predigten/ so ich gehört/ und daraus verstanden/ warum es hochnöhtig/ den König vom Brod zu thun. Wuste auch in der Frage: obs zulässig/ einen Tirannen umzubringen: alle Auflösungen und Distinetiones zu erklären. Woraus vermuhtlich/ das er in dieser Materi [unleserliches Material]leissig unterrichtet worden: massen man ihn in allen andern Theologischen Fragen ganz ungelehrt/ unerfahren und voßhafft befunden/ indem er eine Sache bald bejahete/ bald verneinte.

Befragt/ wie er heisse: sagt er Franciscus Ravaillac/ bürtig von Engolesme/ da auch seine Behausung wäre: Er hätte bej nahe zwej und dreissig Jahr erreicht/ sonder Hejraht / zu Paris seine Jugend in verwaltenden Rechtssachen zugebracht/ und neulich vor drej Wochen dahin sich begeben/ den König zu tödten: darum das er die Reformirten nicht wieder zu der Catholischen Römischen Apostolischen Kirchen gebracht/ wie er wo/ können thun / wann er gewollt. Er sej willens gewest/ bej seiner ersten vorigen Reise von Engolesme nach Paris/ mit dem Könige hievon mündlich zu reden: hette seinen Ejser hierüber unterschiedlichen Leuten entdekt: unter andern auch dem Patri Albignio seine Gesichte erzehlet/ so ihm innerhalb sechs Wochen vorgekommen/ und um derselben Erklärung gebeten.

Die Gesichte wären also gewest: Als ich/ sagte er/ zu Engolesme/ im Gefängniß / Schulden wegen lag: hab ich ein Feuer/ Schwefel/ und Wejrauch gespührt. Samstags nach Wejhenachten/ nachdem mann mich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0356" n="322"/>
Herzen aus der Carrete/ ein Theil lieff dem            Könige zu/ helffen/ der andere nach dem Thäter/ selbigen anzuhalten.</p>
        <p>Einer aus disen/ als er sahe/ das der König kein Wort sprach/ und ihm das Blut zum            Munde heraus lieff/ schrie überlaut: Der König ist Todt! Worauf das Volk zusammen lieff /            und einen Tumult erregte/ nicht anders/ als wäre der Freind in der Stadt. Dieses            Getümmel zu stillen/ rieff ein andrer: der König wäre nur verwundt/ und in eine Ohnmacht            gefallen. Unterdessen forderte man Wein/ und indem derselbe geholt ward/ ließ man die            Deken der Carreten herunder fallen/ und under das Volk ausstreuen/ der Konig lebe noch /            und werde man ihn hinführen zu heilen.</p>
        <p>Den Mörder bewahrten etliche Trabanten biß in den dritten Tag: da man ihn ins Gefängniß            führte: woselbst ihn viel Leute geschauet/ und etliche ihn überreden wollen/ der König            sei nur alle in verwundet. Denen er aber geantwortet: Er wüsse gewiß/ das er Todt sei:            dessen ihm das Königliche Blut auf dem Messer/ und der Ort/ dahin er den Stich gethan /            unbetriegliche Anzeigung gäben. Der Tod/ sagte der Bößwicht weiter/ solte ihm nicht zu            wider sejn/ nachdem er gleichwol diesen Anschlag glüklich vollzogen.</p>
        <p>Als hierauf etliche fragten: Was ihn doch dazu hätte veranlasset: gab er zur Antwort: Die            Predigten/ so ich gehört/ und daraus verstanden/ warum es hochnöhtig/ den König vom            Brod zu thun. Wuste auch in der Frage: obs zulässig/ einen Tirannen umzubringen: alle            Auflösungen und Distinetiones zu erklären. Woraus vermuhtlich/ das er in dieser Materi            <gap reason="illegible"/>leissig unterrichtet worden: massen man ihn in allen andern Theologischen Fragen ganz            ungelehrt/ unerfahren und voßhafft befunden/ indem er eine Sache bald bejahete/ bald            verneinte.</p>
        <p>Befragt/ wie er heisse: sagt er Franciscus Ravaillac/ bürtig von Engolesme/ da auch            seine Behausung wäre: Er hätte bej nahe zwej und dreissig Jahr erreicht/ sonder Hejraht /            zu Paris seine Jugend in verwaltenden Rechtssachen zugebracht/ und neulich vor drej            Wochen dahin sich begeben/ den König zu tödten: darum das er die Reformirten nicht wieder            zu der Catholischen Römischen Apostolischen Kirchen gebracht/ wie er wo/ können thun /            wann er gewollt. Er sej willens gewest/ bej seiner ersten vorigen Reise von Engolesme            nach Paris/ mit dem Könige hievon mündlich zu reden: hette seinen Ejser hierüber            unterschiedlichen Leuten entdekt: unter andern auch dem Patri Albignio seine Gesichte            erzehlet/ so ihm innerhalb sechs Wochen vorgekommen/ und um derselben Erklärung            gebeten.</p>
        <p>Die Gesichte wären also gewest: Als ich/ sagte er/ zu Engolesme/ im Gefängniß /            Schulden wegen lag: hab ich ein Feuer/ Schwefel/ und Wejrauch gespührt. Samstags nach            Wejhenachten/ nachdem mann mich
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[322/0356] Herzen aus der Carrete/ ein Theil lieff dem Könige zu/ helffen/ der andere nach dem Thäter/ selbigen anzuhalten. Einer aus disen/ als er sahe/ das der König kein Wort sprach/ und ihm das Blut zum Munde heraus lieff/ schrie überlaut: Der König ist Todt! Worauf das Volk zusammen lieff / und einen Tumult erregte/ nicht anders/ als wäre der Freind in der Stadt. Dieses Getümmel zu stillen/ rieff ein andrer: der König wäre nur verwundt/ und in eine Ohnmacht gefallen. Unterdessen forderte man Wein/ und indem derselbe geholt ward/ ließ man die Deken der Carreten herunder fallen/ und under das Volk ausstreuen/ der Konig lebe noch / und werde man ihn hinführen zu heilen. Den Mörder bewahrten etliche Trabanten biß in den dritten Tag: da man ihn ins Gefängniß führte: woselbst ihn viel Leute geschauet/ und etliche ihn überreden wollen/ der König sei nur alle in verwundet. Denen er aber geantwortet: Er wüsse gewiß/ das er Todt sei: dessen ihm das Königliche Blut auf dem Messer/ und der Ort/ dahin er den Stich gethan / unbetriegliche Anzeigung gäben. Der Tod/ sagte der Bößwicht weiter/ solte ihm nicht zu wider sejn/ nachdem er gleichwol diesen Anschlag glüklich vollzogen. Als hierauf etliche fragten: Was ihn doch dazu hätte veranlasset: gab er zur Antwort: Die Predigten/ so ich gehört/ und daraus verstanden/ warum es hochnöhtig/ den König vom Brod zu thun. Wuste auch in der Frage: obs zulässig/ einen Tirannen umzubringen: alle Auflösungen und Distinetiones zu erklären. Woraus vermuhtlich/ das er in dieser Materi _ leissig unterrichtet worden: massen man ihn in allen andern Theologischen Fragen ganz ungelehrt/ unerfahren und voßhafft befunden/ indem er eine Sache bald bejahete/ bald verneinte. Befragt/ wie er heisse: sagt er Franciscus Ravaillac/ bürtig von Engolesme/ da auch seine Behausung wäre: Er hätte bej nahe zwej und dreissig Jahr erreicht/ sonder Hejraht / zu Paris seine Jugend in verwaltenden Rechtssachen zugebracht/ und neulich vor drej Wochen dahin sich begeben/ den König zu tödten: darum das er die Reformirten nicht wieder zu der Catholischen Römischen Apostolischen Kirchen gebracht/ wie er wo/ können thun / wann er gewollt. Er sej willens gewest/ bej seiner ersten vorigen Reise von Engolesme nach Paris/ mit dem Könige hievon mündlich zu reden: hette seinen Ejser hierüber unterschiedlichen Leuten entdekt: unter andern auch dem Patri Albignio seine Gesichte erzehlet/ so ihm innerhalb sechs Wochen vorgekommen/ und um derselben Erklärung gebeten. Die Gesichte wären also gewest: Als ich/ sagte er/ zu Engolesme/ im Gefängniß / Schulden wegen lag: hab ich ein Feuer/ Schwefel/ und Wejrauch gespührt. Samstags nach Wejhenachten/ nachdem mann mich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-11-26T12:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-11-26T12:54:31Z)
Arne Binder: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-11-26T12:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_theatrum_1665
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_theatrum_1665/356
Zitationshilfe: Meyer, Leonhardt: Theatrum Historicvm [...] Erzehlung der fürnemsten und nuzlichsten Historien und Geschichten. Schaffhausen, 1665, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_theatrum_1665/356>, abgerufen am 23.11.2024.