Heinrich hat Recht," wandte er sich an den erstaunten Waser, "Schwert und Bibel taugen nicht zusammen. Bünden bedarf des Schwertes und ich lege die geist¬ liche Waffe zur Seite, um getrost die weltliche zu er¬ greifen." Mit diesen Worten riß er sein Predigerge¬ wand ab, langte seinen Raufdegen von der Wand her¬ unter und gürtete sich ihn um den knappen Lederkoller.
"Potz Velten, ihr gebt ein lustiges Beispiel," rief der Kapuziner mit schallendem Gelächter. "Fast ge¬ lüstet mich, es euch nachzuthun! Aber meine braune Kutte ist leider zu zäh und hat ein fester Gewebe als eure Röcklein, ehrwürdige Herren!"
Blasius Alexander, der diesem Vorgange ohne Ver¬ wunderung, aber mißbilligend zuschaute, faltete jetzt die Hände und sprach feierlich: "Ich aber gedenke zu ver¬ harren im Amte bis ans Ende usque ad martyrium, bis in den Martertod, zu welcher Ehre Gott mir helfe!"
"Kein schönrer Tod ist in der Welt, Als wer vorm Feind hinscheidt". . . .
sang Jenatsch mit flammenden Augen.
"Ich werde ein Zuckerbäcker," erklärte Fausch wich¬ tig, "ein Bischen Weinhandel daneben ist selbstverständ¬ lich." Damit setzte er sich an den Tisch, schnallte eine kleine Geldkatze ab, die er um den Leib trug, und begann die Goldstücke, eifrig rechnend, in Häuflein zu ordnen.
Heinrich hat Recht,“ wandte er ſich an den erſtaunten Waſer, „Schwert und Bibel taugen nicht zuſammen. Bünden bedarf des Schwertes und ich lege die geiſt¬ liche Waffe zur Seite, um getroſt die weltliche zu er¬ greifen.“ Mit dieſen Worten riß er ſein Predigerge¬ wand ab, langte ſeinen Raufdegen von der Wand her¬ unter und gürtete ſich ihn um den knappen Lederkoller.
„Potz Velten, ihr gebt ein luſtiges Beiſpiel,“ rief der Kapuziner mit ſchallendem Gelächter. „Faſt ge¬ lüſtet mich, es euch nachzuthun! Aber meine braune Kutte iſt leider zu zäh und hat ein feſter Gewebe als eure Röcklein, ehrwürdige Herren!“
Blaſius Alexander, der dieſem Vorgange ohne Ver¬ wunderung, aber mißbilligend zuſchaute, faltete jetzt die Hände und ſprach feierlich: „Ich aber gedenke zu ver¬ harren im Amte bis ans Ende usque ad martyrium, bis in den Martertod, zu welcher Ehre Gott mir helfe!“
„Kein ſchönrer Tod iſt in der Welt, Als wer vorm Feind hinſcheidt“. . . .
ſang Jenatſch mit flammenden Augen.
„Ich werde ein Zuckerbäcker,“ erklärte Fauſch wich¬ tig, „ein Bischen Weinhandel daneben iſt ſelbſtverſtänd¬ lich.“ Damit ſetzte er ſich an den Tiſch, ſchnallte eine kleine Geldkatze ab, die er um den Leib trug, und begann die Goldſtücke, eifrig rechnend, in Häuflein zu ordnen.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0097"n="87"/>
Heinrich hat Recht,“ wandte er ſich an den erſtaunten<lb/>
Waſer, „Schwert und Bibel taugen nicht zuſammen.<lb/>
Bünden bedarf des Schwertes und ich lege die geiſt¬<lb/>
liche Waffe zur Seite, um getroſt die weltliche zu er¬<lb/>
greifen.“ Mit dieſen Worten riß er ſein Predigerge¬<lb/>
wand ab, langte ſeinen Raufdegen von der Wand her¬<lb/>
unter und gürtete ſich ihn um den knappen Lederkoller.</p><lb/><p>„Potz Velten, ihr gebt ein luſtiges Beiſpiel,“ rief<lb/>
der Kapuziner mit ſchallendem Gelächter. „Faſt ge¬<lb/>
lüſtet mich, es euch nachzuthun! Aber meine braune<lb/>
Kutte iſt leider zu zäh und hat ein feſter Gewebe als<lb/>
eure Röcklein, ehrwürdige Herren!“</p><lb/><p>Blaſius Alexander, der dieſem Vorgange ohne Ver¬<lb/>
wunderung, aber mißbilligend zuſchaute, faltete jetzt die<lb/>
Hände und ſprach feierlich: „Ich aber gedenke zu ver¬<lb/>
harren im Amte bis ans Ende <hirendition="#aq">usque ad martyrium</hi>,<lb/>
bis in den Martertod, zu welcher Ehre Gott mir helfe!“</p><lb/><lgtype="poem"><l>„Kein ſchönrer Tod iſt in der Welt,</l><lb/><l>Als wer vorm Feind hinſcheidt“. . . .</l><lb/></lg><p>ſang Jenatſch mit flammenden Augen.</p><lb/><p>„Ich werde ein Zuckerbäcker,“ erklärte Fauſch wich¬<lb/>
tig, „ein Bischen Weinhandel daneben iſt ſelbſtverſtänd¬<lb/>
lich.“ Damit ſetzte er ſich an den Tiſch, ſchnallte eine<lb/>
kleine Geldkatze ab, die er um den Leib trug, und begann<lb/>
die Goldſtücke, eifrig rechnend, in Häuflein zu ordnen.</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[87/0097]
Heinrich hat Recht,“ wandte er ſich an den erſtaunten
Waſer, „Schwert und Bibel taugen nicht zuſammen.
Bünden bedarf des Schwertes und ich lege die geiſt¬
liche Waffe zur Seite, um getroſt die weltliche zu er¬
greifen.“ Mit dieſen Worten riß er ſein Predigerge¬
wand ab, langte ſeinen Raufdegen von der Wand her¬
unter und gürtete ſich ihn um den knappen Lederkoller.
„Potz Velten, ihr gebt ein luſtiges Beiſpiel,“ rief
der Kapuziner mit ſchallendem Gelächter. „Faſt ge¬
lüſtet mich, es euch nachzuthun! Aber meine braune
Kutte iſt leider zu zäh und hat ein feſter Gewebe als
eure Röcklein, ehrwürdige Herren!“
Blaſius Alexander, der dieſem Vorgange ohne Ver¬
wunderung, aber mißbilligend zuſchaute, faltete jetzt die
Hände und ſprach feierlich: „Ich aber gedenke zu ver¬
harren im Amte bis ans Ende usque ad martyrium,
bis in den Martertod, zu welcher Ehre Gott mir helfe!“
„Kein ſchönrer Tod iſt in der Welt,
Als wer vorm Feind hinſcheidt“. . . .
ſang Jenatſch mit flammenden Augen.
„Ich werde ein Zuckerbäcker,“ erklärte Fauſch wich¬
tig, „ein Bischen Weinhandel daneben iſt ſelbſtverſtänd¬
lich.“ Damit ſetzte er ſich an den Tiſch, ſchnallte eine
kleine Geldkatze ab, die er um den Leib trug, und begann
die Goldſtücke, eifrig rechnend, in Häuflein zu ordnen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/97>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.