Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.Wetterscheide der Maloja über zerrissenen Bergzacken Der Trank leuchtete beim Fackelscheine im Glase Der junge Zürcher gab das Spiel noch nicht ver¬ Aus dem Stalle der Herberge erscholl von Zeit zu Wetterſcheide der Maloja über zerriſſenen Bergzacken Der Trank leuchtete beim Fackelſcheine im Glaſe Der junge Zürcher gab das Spiel noch nicht ver¬ Aus dem Stalle der Herberge erſcholl von Zeit zu <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb n="32" facs="#f0042"/> Wetterſcheide der Maloja über zerriſſenen Bergzacken<lb/> die Mondſcheibe durchſchimmerte. „Von dorther kommt<lb/> es beſſer,“ ſagte er und holte aus dem Hauſe einen<lb/> vollen Becher Wein. „Stärkt Euch damit! Ihr kehrt am<lb/> Klügſten nach Baſelgia zurück. Ich wünſche Euch eine<lb/> geſegnete Nacht.“</p><lb/> <p>Der Trank leuchtete beim Fackelſcheine im Glaſe<lb/> wie feuriger Rubin. Begierig langte Waſer nach dem<lb/> rothen Gefunkel und erquickte ſich ohne weitere Gegen¬<lb/> vorſtellung. Der Wirth drängte ihn höflich und ohne<lb/> Bezahlung zu verlangen durch die Hofpforte und ſchob<lb/> den Riegel.</p><lb/> <p>Der junge Zürcher gab das Spiel noch nicht ver¬<lb/> loren. Statt einen langweiligen Rückzug auf dem eben<lb/> durcheilten Wege anzutreten, ſtieg er, ſeine Lage be¬<lb/> denkend, den wenige Schritte entfernten Vorſprung hinan,<lb/> der wie eine Warte hinausragt über das hier mit<lb/> ſteilem Abfalle beginnende Bregagliathal, jetzt ein bro¬<lb/> delnder Nebelkeſſel, aus dem mondbeglänzt die Spitzen<lb/> der zu höchſt am Rande ſtehenden Tannen auftauchten.<lb/> Waſer ſpreitete ſeinen kurzen Mantel aus, ſetzte ſich<lb/> darauf und lauſchte.</p><lb/> <p>Aus dem Stalle der Herberge erſcholl von Zeit zu<lb/> Zeit das Wiehern eines Pferdes, — ſonſt blieb Alles ſtill.<lb/> Das Brauſen der Wildbäche aus der Tiefe war, vom<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [32/0042]
Wetterſcheide der Maloja über zerriſſenen Bergzacken
die Mondſcheibe durchſchimmerte. „Von dorther kommt
es beſſer,“ ſagte er und holte aus dem Hauſe einen
vollen Becher Wein. „Stärkt Euch damit! Ihr kehrt am
Klügſten nach Baſelgia zurück. Ich wünſche Euch eine
geſegnete Nacht.“
Der Trank leuchtete beim Fackelſcheine im Glaſe
wie feuriger Rubin. Begierig langte Waſer nach dem
rothen Gefunkel und erquickte ſich ohne weitere Gegen¬
vorſtellung. Der Wirth drängte ihn höflich und ohne
Bezahlung zu verlangen durch die Hofpforte und ſchob
den Riegel.
Der junge Zürcher gab das Spiel noch nicht ver¬
loren. Statt einen langweiligen Rückzug auf dem eben
durcheilten Wege anzutreten, ſtieg er, ſeine Lage be¬
denkend, den wenige Schritte entfernten Vorſprung hinan,
der wie eine Warte hinausragt über das hier mit
ſteilem Abfalle beginnende Bregagliathal, jetzt ein bro¬
delnder Nebelkeſſel, aus dem mondbeglänzt die Spitzen
der zu höchſt am Rande ſtehenden Tannen auftauchten.
Waſer ſpreitete ſeinen kurzen Mantel aus, ſetzte ſich
darauf und lauſchte.
Aus dem Stalle der Herberge erſcholl von Zeit zu
Zeit das Wiehern eines Pferdes, — ſonſt blieb Alles ſtill.
Das Brauſen der Wildbäche aus der Tiefe war, vom
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Zitationshilfe: | Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/42>, abgerufen am 02.03.2025. |