vergeblich um des heutigen Ehrenfestes willen unter der Maske der Heiterkeit zu verbergen trachte. Wollet es mir verzeihen, wenn ich ein großes Leid, das mir wider¬ fahren ist, nicht länger verheimliche, weil ich überzeugt bin, daß es in vollstem Maße auch das Eurige ist, und wollet es den Boten nicht entgelten lassen, der Eure Freude in Trauer verwandeln muß.
Unser hoher Gönner und treuester Freund, der Herzog Heinrich Rohan, hat das Zeitliche gesegnet."
Hier wanderte Sprechers Blick durch die erst laut¬ los schweigende und jetzt bei seinem letzten Worte be¬ stürzte Gesellschaft. "Ein Flugblatt mit dem Berichte seines Endes ist eben in meine Hände gekommen. Wollt Ihr die traurige Zeitung anhören?" fragte er, ein be¬ drucktes Papier aus der Brusttasche ziehend.
"Leset, leset!" ertönte es von allen Seiten.
Sprecher trocknete sich die Augen und begann:
"Allen evangelischen Herren, Städten und Land¬ schaften deutscher Nation geschieht hiermit Kunde, daß Herzog Bernhard von Weimar bei Schloß und Stadt Rheinfelden eine glänzende Viktoria über die Kaiser¬ lichen erfochten hat. In dieser Feldschlacht, die zwei Tage dauerte, wurde der in der Tracht eines gemeinen Reiters in unsern Reihen mitfechtende Herzog Heinz Rohan von dem Feinde nach tapferer Gegenwehr und
vergeblich um des heutigen Ehrenfeſtes willen unter der Maske der Heiterkeit zu verbergen trachte. Wollet es mir verzeihen, wenn ich ein großes Leid, das mir wider¬ fahren iſt, nicht länger verheimliche, weil ich überzeugt bin, daß es in vollſtem Maße auch das Eurige iſt, und wollet es den Boten nicht entgelten laſſen, der Eure Freude in Trauer verwandeln muß.
Unſer hoher Gönner und treueſter Freund, der Herzog Heinrich Rohan, hat das Zeitliche geſegnet.“
Hier wanderte Sprechers Blick durch die erſt laut¬ los ſchweigende und jetzt bei ſeinem letzten Worte be¬ ſtürzte Geſellſchaft. „Ein Flugblatt mit dem Berichte ſeines Endes iſt eben in meine Hände gekommen. Wollt Ihr die traurige Zeitung anhören?“ fragte er, ein be¬ drucktes Papier aus der Bruſttaſche ziehend.
„Leſet, leſet!“ ertönte es von allen Seiten.
Sprecher trocknete ſich die Augen und begann:
„Allen evangeliſchen Herren, Städten und Land¬ ſchaften deutſcher Nation geſchieht hiermit Kunde, daß Herzog Bernhard von Weimar bei Schloß und Stadt Rheinfelden eine glänzende Viktoria über die Kaiſer¬ lichen erfochten hat. In dieſer Feldſchlacht, die zwei Tage dauerte, wurde der in der Tracht eines gemeinen Reiters in unſern Reihen mitfechtende Herzog Heinz Rohan von dem Feinde nach tapferer Gegenwehr und
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0404"n="394"/>
vergeblich um des heutigen Ehrenfeſtes willen unter der<lb/>
Maske der Heiterkeit zu verbergen trachte. Wollet es<lb/>
mir verzeihen, wenn ich ein großes Leid, das mir wider¬<lb/>
fahren iſt, nicht länger verheimliche, weil ich überzeugt<lb/>
bin, daß es in vollſtem Maße auch das Eurige iſt, und<lb/>
wollet es den Boten nicht entgelten laſſen, der Eure<lb/>
Freude in Trauer verwandeln muß.</p><lb/><p>Unſer hoher Gönner und treueſter Freund, der<lb/>
Herzog Heinrich Rohan, hat das Zeitliche geſegnet.“</p><lb/><p>Hier wanderte Sprechers Blick durch die erſt laut¬<lb/>
los ſchweigende und jetzt bei ſeinem letzten Worte be¬<lb/>ſtürzte Geſellſchaft. „Ein Flugblatt mit dem Berichte<lb/>ſeines Endes iſt eben in meine Hände gekommen. Wollt<lb/>
Ihr die traurige Zeitung anhören?“ fragte er, ein be¬<lb/>
drucktes Papier aus der Bruſttaſche ziehend.</p><lb/><p>„Leſet, leſet!“ ertönte es von allen Seiten.</p><lb/><p>Sprecher trocknete ſich die Augen und begann:</p><lb/><p>„Allen evangeliſchen Herren, Städten und Land¬<lb/>ſchaften deutſcher Nation geſchieht hiermit Kunde, daß<lb/>
Herzog Bernhard von Weimar bei Schloß und Stadt<lb/>
Rheinfelden eine glänzende Viktoria über die Kaiſer¬<lb/>
lichen erfochten hat. In dieſer Feldſchlacht, die zwei<lb/>
Tage dauerte, wurde der in der Tracht eines gemeinen<lb/>
Reiters in unſern Reihen mitfechtende Herzog Heinz<lb/>
Rohan von dem Feinde nach tapferer Gegenwehr und<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[394/0404]
vergeblich um des heutigen Ehrenfeſtes willen unter der
Maske der Heiterkeit zu verbergen trachte. Wollet es
mir verzeihen, wenn ich ein großes Leid, das mir wider¬
fahren iſt, nicht länger verheimliche, weil ich überzeugt
bin, daß es in vollſtem Maße auch das Eurige iſt, und
wollet es den Boten nicht entgelten laſſen, der Eure
Freude in Trauer verwandeln muß.
Unſer hoher Gönner und treueſter Freund, der
Herzog Heinrich Rohan, hat das Zeitliche geſegnet.“
Hier wanderte Sprechers Blick durch die erſt laut¬
los ſchweigende und jetzt bei ſeinem letzten Worte be¬
ſtürzte Geſellſchaft. „Ein Flugblatt mit dem Berichte
ſeines Endes iſt eben in meine Hände gekommen. Wollt
Ihr die traurige Zeitung anhören?“ fragte er, ein be¬
drucktes Papier aus der Bruſttaſche ziehend.
„Leſet, leſet!“ ertönte es von allen Seiten.
Sprecher trocknete ſich die Augen und begann:
„Allen evangeliſchen Herren, Städten und Land¬
ſchaften deutſcher Nation geſchieht hiermit Kunde, daß
Herzog Bernhard von Weimar bei Schloß und Stadt
Rheinfelden eine glänzende Viktoria über die Kaiſer¬
lichen erfochten hat. In dieſer Feldſchlacht, die zwei
Tage dauerte, wurde der in der Tracht eines gemeinen
Reiters in unſern Reihen mitfechtende Herzog Heinz
Rohan von dem Feinde nach tapferer Gegenwehr und
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 394. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/404>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.