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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

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Gewalt angethan um seines zürcherischen Freundes und
Gastes willen, den er auch damit ehrte, daß er durch
ihn sein liebliches Töchterlein aufführen ließ. Fräulein
Amantia sah in ihrem weißen Seidenkleide und dem
vorn von einer Blume aus Edelgestein zusammengehal¬
tenen Florwölklein um Nacken und Schultern an der
Hand des ehren- und tugendfesten Bürgermeisters glück¬
lich und verschämt aus, fast wie eine züchtige Braut.

Während Herr Waser sie unter ihre Freundinnen
führte, welche dem Treppenaufgang und der Kammer
der Justitia gegenüber am andern Ende des Saales
jugendliche Gruppen bildeten, klangen die Stufen von
Männertritten und Jenatsch betrat mit einem zahlreichen
Gefolge seiner Offiziere die Tanzhalle. Sein gewaltiger
Körperbau und sein feuriges Antlitz machten ihn noch
immer zum Mächtigsten und Schönsten unter Allen.

Noch stand er von vielen Seiten begrüßt neben
dem Bürgermeister Meyer und seiner Gemahlin in der
Mitte des Saales, als zu nicht geringem Schrecken
dieser Magistratsperson der Doctor Sprecher mit einer
Todtengräbermiene sich unfern von ihnen unter den
Kronleuchter stellte und, mit einer Bewegung der Rech¬
ten Schweigen verlangend, also zu reden anhub:

"Manche von Euch fragen mich, werthe Mitbürger,
was diese Trauer meines Angesichts bedeute, die ich

Gewalt angethan um ſeines zürcheriſchen Freundes und
Gaſtes willen, den er auch damit ehrte, daß er durch
ihn ſein liebliches Töchterlein aufführen ließ. Fräulein
Amantia ſah in ihrem weißen Seidenkleide und dem
vorn von einer Blume aus Edelgeſtein zuſammengehal¬
tenen Florwölklein um Nacken und Schultern an der
Hand des ehren- und tugendfeſten Bürgermeiſters glück¬
lich und verſchämt aus, faſt wie eine züchtige Braut.

Während Herr Waſer ſie unter ihre Freundinnen
führte, welche dem Treppenaufgang und der Kammer
der Juſtitia gegenüber am andern Ende des Saales
jugendliche Gruppen bildeten, klangen die Stufen von
Männertritten und Jenatſch betrat mit einem zahlreichen
Gefolge ſeiner Offiziere die Tanzhalle. Sein gewaltiger
Körperbau und ſein feuriges Antlitz machten ihn noch
immer zum Mächtigſten und Schönſten unter Allen.

Noch ſtand er von vielen Seiten begrüßt neben
dem Bürgermeiſter Meyer und ſeiner Gemahlin in der
Mitte des Saales, als zu nicht geringem Schrecken
dieſer Magiſtratsperſon der Doctor Sprecher mit einer
Todtengräbermiene ſich unfern von ihnen unter den
Kronleuchter ſtellte und, mit einer Bewegung der Rech¬
ten Schweigen verlangend, alſo zu reden anhub:

„Manche von Euch fragen mich, werthe Mitbürger,
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[393/0403] Gewalt angethan um ſeines zürcheriſchen Freundes und Gaſtes willen, den er auch damit ehrte, daß er durch ihn ſein liebliches Töchterlein aufführen ließ. Fräulein Amantia ſah in ihrem weißen Seidenkleide und dem vorn von einer Blume aus Edelgeſtein zuſammengehal¬ tenen Florwölklein um Nacken und Schultern an der Hand des ehren- und tugendfeſten Bürgermeiſters glück¬ lich und verſchämt aus, faſt wie eine züchtige Braut. Während Herr Waſer ſie unter ihre Freundinnen führte, welche dem Treppenaufgang und der Kammer der Juſtitia gegenüber am andern Ende des Saales jugendliche Gruppen bildeten, klangen die Stufen von Männertritten und Jenatſch betrat mit einem zahlreichen Gefolge ſeiner Offiziere die Tanzhalle. Sein gewaltiger Körperbau und ſein feuriges Antlitz machten ihn noch immer zum Mächtigſten und Schönſten unter Allen. Noch ſtand er von vielen Seiten begrüßt neben dem Bürgermeiſter Meyer und ſeiner Gemahlin in der Mitte des Saales, als zu nicht geringem Schrecken dieſer Magiſtratsperſon der Doctor Sprecher mit einer Todtengräbermiene ſich unfern von ihnen unter den Kronleuchter ſtellte und, mit einer Bewegung der Rech¬ ten Schweigen verlangend, alſo zu reden anhub: „Manche von Euch fragen mich, werthe Mitbürger, was dieſe Trauer meines Angeſichts bedeute, die ich

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 393. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/403>, abgerufen am 23.11.2024.