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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

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geworden seid! Gesteht, Ihr habt ihm auch seinen Plan
eingehaucht, der eines Niccolo Macchiavelli würdig ist!
Warum aber habt Ihr die Hauptrolle darin nicht selbst
übernommen?"

"Daß es probat sei, Frankreich gegen Hispanien
und Hispanien gegen Frankreich zu hetzen," versetzte der
Kleine, eine Kerze in der Hand, von seiner Höhe her¬
unter, "und dann den Kopf leise aus der Schlinge zu
ziehn, das mag ich Jürg in vertraulichen Stunden wohl
angedeutet haben zur Zeit, als wir in der schönen
Stadt Venezia zusammentrafen. Selbst aber das Ge¬
schäft übernehmen konnte ich nicht, wenn ich nicht dem
herben Weine meiner Denkungsart einen unächten Bei¬
satz geben und meine demokratische Vergangenheit be¬
schämen wollte. Nie sah Bünden einen ehrenvollern
Tag als jenen großen, da ich die französische Ambassade
über die Grenze wies." Und Fausch machte eine ge¬
bieterische Geberde mit seiner Wachskerze.

"Bekannt! Bekannt wie die Schöpfungsgeschichte!"
scholl es aus allen Ecken. "Etwas anderes, Vater
Lorenz! -- Erzählt uns lieber, wie Ihr, ein hartge¬
sottener Ketzer, Kellermeister bei seinen bischöflichen
Gnaden geworden seid."

"Gern, meine Herren," versetzte Fausch, "es ist
in unsern Zeiten eine lehrreiche Geschichte.

geworden ſeid! Geſteht, Ihr habt ihm auch ſeinen Plan
eingehaucht, der eines Niccolò Macchiavelli würdig iſt!
Warum aber habt Ihr die Hauptrolle darin nicht ſelbſt
übernommen?“

„Daß es probat ſei, Frankreich gegen Hiſpanien
und Hiſpanien gegen Frankreich zu hetzen,“ verſetzte der
Kleine, eine Kerze in der Hand, von ſeiner Höhe her¬
unter, „und dann den Kopf leiſe aus der Schlinge zu
ziehn, das mag ich Jürg in vertraulichen Stunden wohl
angedeutet haben zur Zeit, als wir in der ſchönen
Stadt Venezia zuſammentrafen. Selbſt aber das Ge¬
ſchäft übernehmen konnte ich nicht, wenn ich nicht dem
herben Weine meiner Denkungsart einen unächten Bei¬
ſatz geben und meine demokratiſche Vergangenheit be¬
ſchämen wollte. Nie ſah Bünden einen ehrenvollern
Tag als jenen großen, da ich die franzöſiſche Ambaſſade
über die Grenze wies.“ Und Fauſch machte eine ge¬
bieteriſche Geberde mit ſeiner Wachskerze.

„Bekannt! Bekannt wie die Schöpfungsgeſchichte!“
ſcholl es aus allen Ecken. „Etwas anderes, Vater
Lorenz! — Erzählt uns lieber, wie Ihr, ein hartge¬
ſottener Ketzer, Kellermeiſter bei ſeinen biſchöflichen
Gnaden geworden ſeid.“

„Gern, meine Herren,“ verſetzte Fauſch, „es iſt
in unſern Zeiten eine lehrreiche Geſchichte.

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[390/0400] geworden ſeid! Geſteht, Ihr habt ihm auch ſeinen Plan eingehaucht, der eines Niccolò Macchiavelli würdig iſt! Warum aber habt Ihr die Hauptrolle darin nicht ſelbſt übernommen?“ „Daß es probat ſei, Frankreich gegen Hiſpanien und Hiſpanien gegen Frankreich zu hetzen,“ verſetzte der Kleine, eine Kerze in der Hand, von ſeiner Höhe her¬ unter, „und dann den Kopf leiſe aus der Schlinge zu ziehn, das mag ich Jürg in vertraulichen Stunden wohl angedeutet haben zur Zeit, als wir in der ſchönen Stadt Venezia zuſammentrafen. Selbſt aber das Ge¬ ſchäft übernehmen konnte ich nicht, wenn ich nicht dem herben Weine meiner Denkungsart einen unächten Bei¬ ſatz geben und meine demokratiſche Vergangenheit be¬ ſchämen wollte. Nie ſah Bünden einen ehrenvollern Tag als jenen großen, da ich die franzöſiſche Ambaſſade über die Grenze wies.“ Und Fauſch machte eine ge¬ bieteriſche Geberde mit ſeiner Wachskerze. „Bekannt! Bekannt wie die Schöpfungsgeſchichte!“ ſcholl es aus allen Ecken. „Etwas anderes, Vater Lorenz! — Erzählt uns lieber, wie Ihr, ein hartge¬ ſottener Ketzer, Kellermeiſter bei ſeinen biſchöflichen Gnaden geworden ſeid.“ „Gern, meine Herren,“ verſetzte Fauſch, „es iſt in unſern Zeiten eine lehrreiche Geſchichte.

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 390. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/400>, abgerufen am 22.11.2024.