wendung Serbellonis zu seinen Gunsten gewiß, wenn ihm Lucretia, welcher der Gubernatore von früher her huldvoll gewogen sei, ihre Hand reiche, und er durch die Verbindung mit ihr das berühmte Geschlecht der Planta zu Riedberg wieder emporbringe. Er wisse wohl, meinte Rudolf, an welche Bedingung Lucretia ihr Jawort knüpfe, -- an die Vollziehung ihrer Blut¬ rache an Jenatsch -- und diese Bedingung werde er erfüllen, was ihm jetzt leichter sei als früher, da sich die Feinde des Obersten aus den verschiedensten Grün¬ den gemehrt hätten und noch täglich sich mehrten. Zu¬ erst aber müsse dieser den Vertrag mit Spanien end¬ gültig abgeschlossen haben, denn Jenatsch allein sei es im Stande. -- So zog er über das Gebirge.
Der Eindruck seiner Gegenwart war für Lucretia ein häßlicher und beunruhigender gewesen. Doch achtete sie Rudolfs Persönlichkeit zu gering, als daß seine Pläne sie ernstlich erschreckt oder nur beschäftigt hätten. Das Begegniß haftete nicht lange in ihrem Gemüthe, denn ihre Seele war von andern bangen Zweifeln bewegt.
Der Wald röthete sich an den Halden und die geleerten Fruchtbäume verstreuten leise ihre goldenen Blätter, als in den letzten sonnigen Tagen der hart
wendung Serbellonis zu ſeinen Gunſten gewiß, wenn ihm Lucretia, welcher der Gubernatore von früher her huldvoll gewogen ſei, ihre Hand reiche, und er durch die Verbindung mit ihr das berühmte Geſchlecht der Planta zu Riedberg wieder emporbringe. Er wiſſe wohl, meinte Rudolf, an welche Bedingung Lucretia ihr Jawort knüpfe, — an die Vollziehung ihrer Blut¬ rache an Jenatſch — und dieſe Bedingung werde er erfüllen, was ihm jetzt leichter ſei als früher, da ſich die Feinde des Oberſten aus den verſchiedenſten Grün¬ den gemehrt hätten und noch täglich ſich mehrten. Zu¬ erſt aber müſſe dieſer den Vertrag mit Spanien end¬ gültig abgeſchloſſen haben, denn Jenatſch allein ſei es im Stande. — So zog er über das Gebirge.
Der Eindruck ſeiner Gegenwart war für Lucretia ein häßlicher und beunruhigender geweſen. Doch achtete ſie Rudolfs Perſönlichkeit zu gering, als daß ſeine Pläne ſie ernſtlich erſchreckt oder nur beſchäftigt hätten. Das Begegniß haftete nicht lange in ihrem Gemüthe, denn ihre Seele war von andern bangen Zweifeln bewegt.
Der Wald röthete ſich an den Halden und die geleerten Fruchtbäume verſtreuten leiſe ihre goldenen Blätter, als in den letzten ſonnigen Tagen der hart
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0367"n="357"/>
wendung Serbellonis zu ſeinen Gunſten gewiß, wenn<lb/>
ihm Lucretia, welcher der Gubernatore von früher her<lb/>
huldvoll gewogen ſei, ihre Hand reiche, und er durch<lb/>
die Verbindung mit ihr das berühmte Geſchlecht der<lb/>
Planta zu Riedberg wieder emporbringe. Er wiſſe<lb/>
wohl, meinte Rudolf, an welche Bedingung Lucretia<lb/>
ihr Jawort knüpfe, — an die Vollziehung ihrer Blut¬<lb/>
rache an Jenatſch — und dieſe Bedingung werde er<lb/>
erfüllen, was ihm jetzt leichter ſei als früher, da ſich<lb/>
die Feinde des Oberſten aus den verſchiedenſten Grün¬<lb/>
den gemehrt hätten und noch täglich ſich mehrten. Zu¬<lb/>
erſt aber müſſe dieſer den Vertrag mit Spanien end¬<lb/>
gültig abgeſchloſſen haben, denn Jenatſch allein ſei es<lb/>
im Stande. — So zog er über das Gebirge.</p><lb/><p>Der Eindruck ſeiner Gegenwart war für Lucretia<lb/>
ein häßlicher und beunruhigender geweſen. Doch achtete<lb/>ſie Rudolfs Perſönlichkeit zu gering, als daß ſeine Pläne<lb/>ſie ernſtlich erſchreckt oder nur beſchäftigt hätten. Das<lb/>
Begegniß haftete nicht lange in ihrem Gemüthe, denn<lb/>
ihre Seele war von andern bangen Zweifeln bewegt.</p><lb/><p>Der Wald röthete ſich an den Halden und die<lb/>
geleerten Fruchtbäume verſtreuten leiſe ihre goldenen<lb/>
Blätter, als in den letzten ſonnigen Tagen der hart<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[357/0367]
wendung Serbellonis zu ſeinen Gunſten gewiß, wenn
ihm Lucretia, welcher der Gubernatore von früher her
huldvoll gewogen ſei, ihre Hand reiche, und er durch
die Verbindung mit ihr das berühmte Geſchlecht der
Planta zu Riedberg wieder emporbringe. Er wiſſe
wohl, meinte Rudolf, an welche Bedingung Lucretia
ihr Jawort knüpfe, — an die Vollziehung ihrer Blut¬
rache an Jenatſch — und dieſe Bedingung werde er
erfüllen, was ihm jetzt leichter ſei als früher, da ſich
die Feinde des Oberſten aus den verſchiedenſten Grün¬
den gemehrt hätten und noch täglich ſich mehrten. Zu¬
erſt aber müſſe dieſer den Vertrag mit Spanien end¬
gültig abgeſchloſſen haben, denn Jenatſch allein ſei es
im Stande. — So zog er über das Gebirge.
Der Eindruck ſeiner Gegenwart war für Lucretia
ein häßlicher und beunruhigender geweſen. Doch achtete
ſie Rudolfs Perſönlichkeit zu gering, als daß ſeine Pläne
ſie ernſtlich erſchreckt oder nur beſchäftigt hätten. Das
Begegniß haftete nicht lange in ihrem Gemüthe, denn
ihre Seele war von andern bangen Zweifeln bewegt.
Der Wald röthete ſich an den Halden und die
geleerten Fruchtbäume verſtreuten leiſe ihre goldenen
Blätter, als in den letzten ſonnigen Tagen der hart
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/367>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.