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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

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loser Weise morgen ihr schadenfrohes Ehrengeleit bis
an die Grenze geben wollen, durchzechen die Nacht zur
Feier unsers Abzuges im Schenkhause zur Glocke. Die
hellen Fenster dort in der zweiten Straße sind die
Lichter des Gelages. --

Die Rache liegt in unserer Hand! Hundert und
fünfzig unserer Officiere sind in der Stadt, lauter
tapfere Edelleute, alle entschlossen den Frankreich ver¬
rätherisch angethanen Schimpf mit ihren Degen zu
rächen.

Wir besetzen vorsichtig die Ausgänge der Glocke,
dringen mit Uebermacht ein und stoßen die trunkenen
Meuterer bis auf den letzten Mann nieder. Auf ein
von mir mit dem Lager verabredetes Zeichen werden
die Stadtthore von außen mit Petarden gesprengt.
Unsere Truppen rücken ein und besetzen die Stadt.
Die Churer sind in ihrer großen Mehrzahl immer den
spanischen Cabalen entgegen und uns Franzosen zu¬
gethan gewesen. Sie rufen halb gezwungen, halb ein¬
verstanden: Vive la France! und seid versichert, Herr,
in wenigen Tagen stimmt ganz Bünden ein, denn im
Grunde verabscheut es das spanische Bündniß. Einer
hat den ganzen Verrath gebraut, der büßt zuerst --
ich nehm' ihn auf mich. Hat erst einmal der Judas
seinen Lohn empfangen, rief er mit unverhaltenem

loſer Weiſe morgen ihr ſchadenfrohes Ehrengeleit bis
an die Grenze geben wollen, durchzechen die Nacht zur
Feier unſers Abzuges im Schenkhauſe zur Glocke. Die
hellen Fenſter dort in der zweiten Straße ſind die
Lichter des Gelages. —

Die Rache liegt in unſerer Hand! Hundert und
fünfzig unſerer Officiere ſind in der Stadt, lauter
tapfere Edelleute, alle entſchloſſen den Frankreich ver¬
rätheriſch angethanen Schimpf mit ihren Degen zu
rächen.

Wir beſetzen vorſichtig die Ausgänge der Glocke,
dringen mit Uebermacht ein und ſtoßen die trunkenen
Meuterer bis auf den letzten Mann nieder. Auf ein
von mir mit dem Lager verabredetes Zeichen werden
die Stadtthore von außen mit Petarden geſprengt.
Unſere Truppen rücken ein und beſetzen die Stadt.
Die Churer ſind in ihrer großen Mehrzahl immer den
ſpaniſchen Cabalen entgegen und uns Franzoſen zu¬
gethan geweſen. Sie rufen halb gezwungen, halb ein¬
verſtanden: Vive la France! und ſeid verſichert, Herr,
in wenigen Tagen ſtimmt ganz Bünden ein, denn im
Grunde verabſcheut es das ſpaniſche Bündniß. Einer
hat den ganzen Verrath gebraut, der büßt zuerſt —
ich nehm' ihn auf mich. Hat erſt einmal der Judas
ſeinen Lohn empfangen, rief er mit unverhaltenem

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[334/0344] loſer Weiſe morgen ihr ſchadenfrohes Ehrengeleit bis an die Grenze geben wollen, durchzechen die Nacht zur Feier unſers Abzuges im Schenkhauſe zur Glocke. Die hellen Fenſter dort in der zweiten Straße ſind die Lichter des Gelages. — Die Rache liegt in unſerer Hand! Hundert und fünfzig unſerer Officiere ſind in der Stadt, lauter tapfere Edelleute, alle entſchloſſen den Frankreich ver¬ rätheriſch angethanen Schimpf mit ihren Degen zu rächen. Wir beſetzen vorſichtig die Ausgänge der Glocke, dringen mit Uebermacht ein und ſtoßen die trunkenen Meuterer bis auf den letzten Mann nieder. Auf ein von mir mit dem Lager verabredetes Zeichen werden die Stadtthore von außen mit Petarden geſprengt. Unſere Truppen rücken ein und beſetzen die Stadt. Die Churer ſind in ihrer großen Mehrzahl immer den ſpaniſchen Cabalen entgegen und uns Franzoſen zu¬ gethan geweſen. Sie rufen halb gezwungen, halb ein¬ verſtanden: Vive la France! und ſeid verſichert, Herr, in wenigen Tagen ſtimmt ganz Bünden ein, denn im Grunde verabſcheut es das ſpaniſche Bündniß. Einer hat den ganzen Verrath gebraut, der büßt zuerſt — ich nehm' ihn auf mich. Hat erſt einmal der Judas ſeinen Lohn empfangen, rief er mit unverhaltenem

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/344>, abgerufen am 22.11.2024.